Die Leitung der Generaldebatte ist die Königsdisziplin jeder HV. Foto: PantherMedia / Rüdiger Rebmann

Missbrauch des Fragerechts
Vor einer besonderen Herausforderung steht der Versammlungsleiter auch dann, wenn ein Aktionär die Grenzen des ihm zustehenden Auskunftsrechts testet, indem er beispielsweise einen schriftlichen Fragenkatalog mit mehreren hundert Fragen einreicht. Solche schriftlichen Fragenkataloge müssen im Regelfall nicht beantwortet werden, da diese nach der Rechtsprechung einen Missbrauch des Fragerechts indizieren. Lässt sich der Vorstand jedoch – und sei es auch nur teilweise – auf die Beantwortung eines solchen Fragenkatalogs ein, ist ihm in einem späteren Anfechtungsprozess unter Umständen der Einwand der rechtsmissbräuchlichen Ausübung des Fragerechts abgeschnitten. Um dies zu vermeiden, sollte der Vorstand bei Beantwortung von Fragen aus dem Katalog deutlich darauf hinweisen, dass keine umfassende Beantwortung des Katalogs erfolgen soll, sondern das Eingehen auf den Fragenkatalog vielmehr ein rein freiwilliges Entgegenkommen des Vorstands darstellt.

Abwahl des Versammlungsleiters
Eine weitere Hürde für den Versammlungsleiter kann sich dann ergeben, wenn Aktionäre in der Generaldebatte Verfahrensanträge stellen. Dabei ist in „kritischen“ Hauptversammlungen insbesondere damit zu rechnen, dass Aktionäre – gelegentlich erst nach vorhergehenden gezielten Provokationen des Versammlungsleiters – dessen Abwahl beantragen. Über einen solchen Antrag muss der Versammlungsleiter die Hauptversammlung nur dann abstimmen lassen, wenn der Aktionär einen Grund für die Abberufung substantiiert vorgetragen hat. Ansonsten kann der Versammlungsleiter den Antrag zurückzuweisen. Führt man sich vor Augen, dass die Rechtsprechung in der Vergangenheit vereinzelt sogar angenommen hat, die ungerechtfertigte Zurückweisung eines Abwahlantrags habe nicht nur die Anfechtbarkeit, sondern sogar die Nichtigkeit sämtlicher Beschlüsse zur Folge, sollte der Versammlungsleiter jedenfalls dann, wenn er davon ausgeht, dass der Antrag nicht die erforderliche Mehrheit erfährt, im Zweifel eine Abstimmung herbeiführen. Eine schwierige Frage ist es, ob er zuvor noch eine Aussprache über den Verfahrensantrag zulässt. Durch eine solche Aussprache kann es leicht zu einer Debatte vor der eigentlichen Generaldebatte kommen, und die ganze Versammlung gerät schon früh auf abschüssiges Gelände, wo sie nur schwer unter Kontrolle zu halten ist. Andererseits kann freilich nicht ignoriert werden, dass die obergerichtliche Rechtsprechung teilweise die Aussprache über einen Abwahlantrag für zwingend erforderlich hält.

Fazit
Die Anforderungen an den Versammlungsleiter sind im Rahmen der Generaldebatte besonders hoch. Um ihnen gerecht zu werden und die „Königsdisziplin“ sicher und erfolgreich zu absolvieren, ist neben der Souveränität des Versammlungsleiters eine umfassende Vorbereitung und Begleitung des Versammlungsleiters – gerade auch in Sondersituationen – entscheidend.

Autor/Autorin

1
2