Dr. Lutz Krämer, Dr. Julia Sitter, White & Case LLP
Dr. Lutz Krämer, Dr. Julia Sitter, White & Case LLP

Welche Vor- und Nachteile sind das?

Krämer: Durch die Aktiendividende werden die Aktionäre stärker an die Gesellschaft gebunden; sie können ihr Engagement in das Unternehmen intensivieren und werden regelmäßig mit einem Discount von etwa 2% vom aktuellen Börsenkurs auf den Bezugspreis belohnt. Unternehmen bietet sich auf diese Weise die Möglichkeit, bei entsprechender Annahmequote die tatsächliche Ausschüttung im Vergleich zur reinen Bardividende in Grenzen zu halten und die dividenden-orientierten Aktionäre dennoch zufrieden zu stellen. Insbesondere aber für Unternehmen mit konstant hoher Ausschüttungsquote steht mit der Aktiendividende ein geeignetes Instrument zur Verfügung, die Liquidität des Unternehmens zu schonen.

Sitter: Zwar erfordert die Gewährung einer Scrip Dividend einen höheren Aufwand als die reine Bardividende, insbesondere im ersten Jahr des wahlweisen Angebots. Dieser Mehraufwand wird im Falle einer einmaligen Scrip Dividend in der Regel unangemessen sein. Bei sogenannten „Dividendenwerten“ kann sich dieser Aufwand allerdings sehr wohl lohnen – und ist immer noch deutlich geringer als bei einer „normalen“ Kapitalerhöhung.

Für welche Unternehmen lohnt sich die Scrip Dividend?

Krämer: Neben den Dividendenwerten bietet sich die Scrip Dividend an, wenn wesentliche Aktionäre im Vorfeld zugesagt haben, die Aktiendividende zu wählen, oder Großaktionäre eine Aufstockung ihrer Anteile anstreben. Das Angebot kann sich aber auch für Unternehmen lohnen, bei denen der Großaktionär seine Beteiligung ohne Marktkäufe ausbauen möchte. In jedem Fall kommt es für Unternehmen auf die richtige Vermarktung und die Integration in die eigene Equity Story an. Hilfreich ist auch ein relativ niedriges Bezugsverhältnis, damit Retail-Aktionäre bei Wahl der Aktiendividende auch nach Bankgebühren noch einen substanziellen Nettozufluss erhalten. Dieser Aspekt ist von Investor Relations mit Blick auf eine geglückte Premiere zuvor genau zu analysieren.

Worauf müssen Emittenten beim Angebot der Scrip Dividend achten?

Sitter: Schwierigkeiten können sich bei der Einbeziehung ausländischer Aktionäre ergeben. Hier ist im Einzelfall zu prüfen, ob eine Prospektpflicht besteht. In Deutschland hat sich inzwischen die Meinung herausgebildet, dass nur ein sogenanntes prospektbefreiendes Dokument erforderlich ist. Zudem muss der Ausschüttungsbetrag so hoch sein, dass davon die Kapitalertragsteuer bar abgeführt werden kann, wenn die Emittentin – wie in der Regel – nicht über ein sogenanntes steuerfreies Einlagenkonto verfügt, aus dem die Aktiendividende gewährt werden kann.

Ihre Antwort auf die Eingangsfrage des DIRK lautet also?

Krämer: Es kommt darauf an. Grundsätzlich kann der Scrip Dividend eine erfolgreiche Zukunft prognostiziert werden. Für viele größere Unternehmen mit kontinuierlich hoher Ausschüttungsquote wird sie eine echte Alternative zur reinen Barausschüttung sein.

Herr Dr. Krämer, Frau Dr. Sitter, vielen Dank für das interessante Gespräch.       

Das Interview führte Robert Steiniger.

Zu den Interviewpartnern

Dr. Lutz Krämer berät Emittenten sowie Investmentbanken auf der gesamten Bandbreite des Aktien- und Kapitalmarktrechts bei White & Case. Besondere Schwerpunkte bilden dabei Kapitalerhöhungen und Börsengänge, Unternehmensübernahmen und Wandelanleihen. Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder berät er zudem bei aktienrechtlichen Fragestellungen, insbesondere in den Bereichen Corporate Governance und Compliance.

Dr. Julia Sitter berät Emittenten auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts mit einem Schwerpunkt im Aktien- und Konzernrecht bei White & Case. Ein besonderer Fokus liegt auf der Beratung von Vorstand und Aufsichtsrat bei der regelmäßigen Gremienarbeit einschließlich Corporate Governance und Compliance, bei der Vorbereitung und Durchführung von Hauptversammlungen sowie bei Struktur- und Kapitalmaßnahmen. Ferner begleitet Dr. Julia Sitter Mandanten bei gesellschaftsrechtlichen Streitigkeiten.

Autor/Autorin

1
2