Im letzten Jahr beherrschten vor allem geografische und geopolitische Krisen das Marktgeschehen. Für viele Unternehmen ein Grund genug, beim Börsengang „sichere“ Varianten wie eine institutionelle Privatplatzierung zu wählen – so wie der Automobilzulieferer HELLA, der seit Herbst 2014 an der Börse notiert ist. Im Gespräch mit dem GoingPublic Magazin erklärt Dr. Wolfgang Ollig, Mitglied der Geschäftsführung Finanzen und Controlling von HELLA, warum das Unternehmen sich für eine Privatplatzierung entschieden hat, wann Sie den Entschluss Richtung Kapitalmärkte gefasst haben und welche Zukunftspläne HELLA weiterhin verfolgt.

GoingPublic: Herr Dr. Ollig, seit Ihrem Listing im November ist der Kurs der HELLA-Aktie um rund 60% gestiegen. Haben Sie mit einem solch einer raschen Steigerung der Marktkapitalisierung gerechnet?
Dr. Ollig: Mit der Entwicklung des Aktienkurses seit dem Börsengang sind wir sehr zufrieden. Es scheint, dass der Markt der Strategie und Entwicklung von HELLA großes Vertrauen entgegenbringt, gleichzeitig profitieren wir aber sicher auch von der generell positiven Stimmung an der Börse und den guten Aussichten für die Automobilindustrie in den vergangenen Monaten.

Dr. Wolfgang Ollig
Dr. Wolfgang Ollig, Mitglied der Geschäftsführung Finanzen und Controlling von HELLA

GoingPublic: Seit über hundert Jahren existiert das Familienunternehmen HELLA. Wieso haben Sie sich ausgerechnet im letzten Jahr für einen Börsengang entschieden?
Dr. Ollig: Die Börsennotierung ermöglicht es uns, als Familienunternehmen in einem globalisierten Wettbewerbsumfeld langfristig unabhängig und noch flexibler agieren zu können. Mit den Erlösen kann das Unternehmen weiter international wachsen und durch Investitionen in Innovationen seine Stellung als Technologieführer ausbauen.

GoingPublic: Wie schwierig war für Sie, in einem nicht immer ganz leichten Marktumfeld (Russland/Ukraine, Euro-Schwäche, etc.) einen Börsengang vorzubereiten?
Dr. Ollig: Die Gesellschafterfamilie und die Geschäftsführung haben den Börsengang langfristig und sorgfältig geplant. Von vornherein war dabei die Transaktionssicherheit für uns sehr wichtig. Dazu haben wir mit unseren Banken und Anwälten dann eine intelligente Struktur entwickelt, mit der wir weitgehend unabhängig vom Marktumfeld einen erfolgreichen Börsengang realisieren konnten.

GoingPublic: Sie haben sich für eine Privatplatzierung mit anschließendem Listing entschieden. Empfanden Sie ein öffentliches Angebot mit all seinen Unwägbarkeiten als zu nervenaufreibend!?
Dr. Ollig: Die Privatplatzierung war der zentrale Punkt der gewählten Struktur. Durch die Privatplatzierung konnten wir einen vertraulichen und intensiven Kontakt zu den Investoren aufbauen, die vom Anlageschwerpunkt und -horizont gut zur Unternehmensphilosophie von HELLA passen und so bereits vor der offiziellen Ankündigung alle Listing Voraussetzungen erfüllen. Dieses besondere Transaktionsmodell hat es uns auch ermöglicht, trotz eines sehr schwierigen Marktumfeldes im Herbst 2014 den Börsengang erfolgreich zu realisieren.

GoingPublic: Zum Hintergrund: Wann und wie – auch wer – haben Sie die strategische Marschrichtung „Kapitalmarkt“ entschieden, wie können wir uns den Entscheidungsprozess vorstellen?
Dr. Ollig: Der Prozess der Öffnung zum Kapitalmarkt wurde bereits vor mehr als zehn Jahren von den Hella Gesellschaftern eingeleitet. 2002 erhielt HELLA das erste Rating durch Moody’s, bereits 2004 fand die Umwandlung in eine KGaA statt und 2009 wurde die erste Anleihe platziert. Gleichzeitig sind namhafte Industriemanager in den Gesellschafterausschuss der KGaA berufen worden. Die langfristige Entscheidung für diesen Weg wurde also schon sehr früh von der Gesellschafterfamilie unter der Führung des geschäftsführenden und persönlich haftenden Gesellschafters Dr. Jürgen Behrend getroffen. Der Börsengang war ein weiterer logischer Schritt in diesem Prozess zu einem familiengeführten Kapitalmarktunternehmen.

GoingPublic: Inwieweit konnten Sie mit dem eingesammelten Geld des „Börsengang light“ die Wachstumsstrategie bisher umsetzen und was sind die weiteren Pläne?
Dr. Ollig: Konkret dienen die Erlöse der Finanzierung von Innovations- und Wachstumsprojekten in allen drei Segmenten Automotive, Aftermarket und Special Applications. Im Fokus stehen hierbei sicherlich Investitionen in Bereichen LED-Technologie, CO2 Reduzierung und Energiemanagement. Als Technologieführer besetzen wir diese globalen Megatrends erfolgreich und wollen hier künftig unsere Position weiter stärken. Gleichzeitig prüfen wir aber auch kleinere und mittlere Akquisitionen in den Bereichen Elektronik, Aftermarket und Special OE, um das technologische Spektrum zu erweitern und die internationale Präsenz zu stärken. Darüber hinaus wachsen wir auch mit Partner und Joint Ventures im Rahmen unserer Netzwerkstrategie.

GoingPublic: Herr Dr. Ollig, vielen Dank für das interessante Gespräch.

Das Interview führte Svenja Liebig und  ist eine Veröffentlichung aus dem aktuellen GoingPublic Magazin „Corporate Finance & Private Equity Guide“

Mehr zum Familienunternehmen HELLA finden Sie auch hier.

Autor/Autorin