Das sollten Sie auch nicht, denn wesentlich weiter kann man an der Realität schon nicht mehr vorbei. Trotzdem ist es genau das überspitzt dargestellt, was in den Köpfen vieler Anleger vor sich geht. Allein auf die schlechte Marktstimmung war/ist diese Panik allerdings nicht zurückzuführen. Der Stein, der die Lawine ins Rollen brachte, war eine Studie der Wirtschaftsprüfer von PricewaterhouseCoopers (PwC), die erklärte, daß von den 56 am Neuen Markt notierten Internet-Unternehmen 8 Firmen innerhalb der nächsten 24 Monate in Liquiditätsprobleme kommen werden. Eigentlich ist die Aussage keine wirklich neue Erkenntnis, denn auch schon vor mehreren Monaten sprachen Experten davon, daß nicht wenige der Neuer Markt-Werte die nächsten Jahre nicht überleben dürften (Darwin läßt grüßen). Und obwohl die PwC-Wirtschaftsprüfer sich bisher mit Prognosen über den Neuen Markt eher selten profilieren konnten, so erwischten sie nun den richtigen Zeitpunkt, um auf die blutende Wunde der Unsicherheit ordentlich Salz zu streuen – und in aller Munde zu sein.
Hoch anzurechnen bleibt Ihnen die Tatsache, daß sie keine Namen nannten. Lediglich gefährdete Marktbereiche wurden angeführt. Sehr schlechte Karten hat demzufolge der Bereich Business-to-Consumer (B2C). Etwas besser sehe es da schon mit den Internet-Agenturen aus. Wenige Probleme sehen die Experten dagegen bei den ISPs sowie den entsprechenden Hardware-Anbietern.
Leider gibt es rund um das Börsengeschehen nicht nur seriöse Wirtschaftsprüfer, sondern auch viele, die mit Effektheischerei den Umsatz ankurbeln wollen. Solch ein Mitglied der Presse veröffentlichte eine aus den betroffenen Unternehmen zusammengestellte "Todesliste", die verständlicherweise für sofort einsetzende panikartige Verkäufe verantwortlich war. Dumm an der Sache war nur, daß einige Hochrechnungen des Liquiditätsverbrauches (Cash Burn Rate) auf falschen Zahlen beruhten. Die betroffenen Unternehmen setzten sich mit Richtigstellungen gegen die "geschäftsschädigende Berichterstattung" zur Wehr.
Nach all dem Hin und Her ist das, was unter dem Strich übrig bleibt, nur eine um ein vielfaches höhere Unsicherheit. Wer ist nun wirklich gefährdet, wer nicht? Bei welchem Wert verbrenne ich mir die Finger, und wo bietet sich aktuell eine wunderbare Kaufgelegenheit?
Die Strategie, auf all das zu vertrauen, was einem täglich an Meldungen aufgetischt wird, entspricht nicht dem Bild eines mündigen Anlegers. Sie handeln an der Börse, Sie wissen welches Unternehmen immer wieder enttäuscht und welches einem ständig Freude bereitet.
Wir von GoingPublic möchten Ihre Meinung erfahren: Nominieren Sie den Neuer Markt-Wert, den man Ihrer Ansicht nach tunlichst meiden sollte! Wir werden daraufhin in den nächsten Tagen eine Liste der meist genannten Kandidaten an dieser Stelle veröffentlichen. Wir freuen uns auf ihre e-mail an feedback@gp-media.de!
Die GoingPublic-Kolumne erscheint in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.