12 Neuemissionen aus dem Bereich Filmproduktion- und Verwertung zogen, wenn auch verspätet, die Aufmerksamkeit von Analysten und Investoren auf sich. Doch die Bewertung war nicht immer einfach. So mußte die Finanzwelt schmerzlich erkennen, daß sich Rechtehändler nur schwer mit Produktionsunternehmen vergleichen lassen und nicht jedes Medienunternehmen der Traum-Performance von EM.TV folgen kann. Teilweise völlig unbegründet kam es deshalb zu Kursschwankungen von über 20 % innerhalb eines Tages, was die Anleger zusehends verunsicherte und die Euphorie für Medienaktien in den letzten Wochen stark bremste. Viele Werte haben sich seither halbiert. Für den Anleger stellt sich nun die Frage, ob es dennoch oder gerade jetzt lohnend sein kann, in Medienwerte zu investieren.
Das Filmgeschäft ist mehr als jede andere Branche von Schlüsselpersonen abhängig. Die Medienwelt ist überschaubar. Die Protagonisten kennen sich. Deals kommen aufgrund gut gepflegter persönlicher Kontakte zustande. Vor allem die Münchner Filmwelt war in den letzten Monaten von verschiedenartigen Kooperationen und Beteiligungen geprägt. Die Meldungen überschlugen sich. Manchmal hatte man das Gefühl, das Drehbuch für einen genialen Psychothriller mit Starbesetzung zu lesen. Immer wieder spielten dabei Leo Kirch und der australische Medienmogul Rupert Murdoch eine Hauptrolle. Doch auch Darsteller der Nebenrollen, wie beispielsweise Herbert Kloiber und die Haffa-Brüder drängten sich ins Rampenlicht. Die Schlüsselszenen des bayerischen Medien-Thrillers lassen sich zwar relativ leicht zusammenfassen, doch wer tatsächlich als Sieger aus dem strategischen Meisterstück hervorgehen wird, ist noch offen.
Gerade freuten sich die Haffa-Brüder noch über den Erwerb eines 45 %igen Anteils an Kloibers Tele München Gruppe. Endlich wollten sie dem mächtigen Kirch Paroli bieten. Zusammen verfügen EM.TV und die Tele München Gruppe über ein enormes Programmpotential, das im deutschen Fernsehen vermarktet werden soll. Bisher ging das auch recht gut. Doch seit bekannt wurde, daß Kirch 58,4 % der ProSieben Media AG übernehmen will, wird der Markt eng. Nun zieht der Mogul die Fäden bei Sat 1, DSF, Pro7 und Kabel 1. Eigentlich nicht schlimm, denn natürlich müssen auch diese Sender mit Content bedient werden. Doch in der Vergangenheit zeigte sich, daß Kirch seine Filme am liebsten aus der eigenen Library zog. Für Kloiber könnte der ProSieben-Deal zur Katastrophe werden. Bisher war ProSieben mit 26 % der Hauptabnehmer seiner Filme. Auf die KirchGruppe entfielen lediglich 5 %. Zu allem Überfluß scheint nun auch noch der hauseigene Sender der Tele München Gruppe, tm 3, gefährdet. Kaum hatte der Sender im Frühjahr die Vermarktungsrechte an den Champions League-Spielen ergattert, wurden Gerüchte laut, daß Rupert Murdoch, der rund 66 % an tm 3 hält, bei Leo Kirchs Pay-TV-Sender Premiere einsteigen wolle. Mittlerweile schnürt sich das Band immer enger. Sollte die Entscheidung dieser Tage tatsächlich fallen, würde ein Teil der Fußball-Rechte an Premiere übergehen und tm 3 würde wieder zum verstaubten Spartensender. Damit stellt sich dem Anleger natürlich die Frage, ob die EM.TV-Beteiligung an der Tele München Gruppe, die immerhin 800 Mio. DM gekostet hat, tatsächlich ein guter Deal war. Bedenkt man jedoch, daß Junior.TV – der bedeutendste Geschäftsbereich von EM.TV – ein 50:50 Joint Venture zwischen der zur KirchGruppe gehörenden TaurusFilm und EM.TV ist, könnte gerade hier die Genialität des Tele München-Deals liegen. Vielleicht gelingt es den Haffas, alte Animositäten zwischen Kirch und Kloiber zu beheben. Dann könnte der Münchner Medienthriller für alle Beteiligten mit einem Happy-End ausgehen.
Die GoingPublic-Kolumne erscheint börsentäglich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.