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innoscripta setzt Maßstäbe in der digitalen Forschungsförderung. Seit dem Börsengang gilt das Unternehmen als wachstumsstarker Hoffnungsträger – mit Blick auf die ehrgeizige Bewertung fragt sich: Ist der Optimismus gerechtfertigt?
Am 21. Mai feierte die Münchener innoscripta SE ihr Börsendebüt im Scale-Segment des Frankfurter Freiverkehrs. Nach Pfisterer, einem Stromnetzausrüster aus Baden-Württemberg, war Innoscripta bereits der zweite Neuzugang in diesem Segment im Mai – und ein Zeichen dafür, dass auch kleinere Technologieunternehmen zunehmend den Kapitalmarkt zur Wachstumsfinanzierung nutzen. Der Aktienkurs zeigt sich seither stabil: Bei einem Ausgabepreis von 120 EUR notiert innoscripta aktuell bei rund 118 EUR. Zwischenzeitlich kostete ein Anteilschein bis zu 133,40 EUR, im Tief fiel er auf 86 EUR.
Die Bayern haben sich auf cloudbasierte Softwarelösungen für die steuerliche Förderung von Forschung & Entwicklung spezialisiert. Die Plattform „Clusterix“ digitalisiert den gesamten Prozess von der Projektidentifikation über die Antragstellung bis zur rechtskonformen Dokumentation. Nach eigenen Angaben reduziert das System den administrativen Aufwand um bis zu 80%. Statistisch erzielen Kunden durch den Einsatz der innoscripta-Lösungen demnach im Schnitt rund 40% höhere Fördersummen.
Politischer Rückenwind durch Steueranreize
Viele europäische Staaten, darunter auch Deutschland, setzen zunehmend auf steuerliche Förderung, um Innovationen zu stärken. Während im Jahr 2016 noch direkte Zuschüsse dominierten, machen steuerliche Anreize mittlerweile rund 60% der staatlichen F&E-Unterstützung aus. Ein wesentlicher Treiber dieser Entwicklung ist das Forschungszulagengesetz (FZulG) von 2020. Es erlaubt Unternehmen, einen Teil ihrer F&E-Aufwendungen über eine Steuergutschrift zurückzuerhalten – unabhängig von Branche oder Unternehmensgröße.
„Anders als Vertrieb, Personalwesen oder Finanzen, die bereits umfassend digitalisiert wurden, ist Forschung & Entwicklung noch weitgehend unerschlossenes Terrain für datengetriebene Tools“, betont CEO und Gründer Michael Hohenester. Seine Vision: F&E soll zu einem strategisch steuerbaren Wertschöpfungsfaktor werden – transparent, messbar und effizient.
Wachstum mit hohen Margen avisiert

Die Umsatzerlöse stiegen in den ersten sechs Monaten des laufenden Geschäftsjahres um 93% auf 44,1 Mio. EUR. Das operative Ergebnis (EBIT) legte von 10,47 auf 23,8 Mio. EUR zu – eine Marge von 54 Prozent. Die Analysten von Warburg Research erwarten für das laufende 2025 einen Nettogewinn von 36,9 Mio. EUR, für 2027 sollen es bereits 65 Mio. EUR sein.
Während Deutschland weiterhin im Fokus steht, forciert man die Expansion nach Frankreich und Großbritannien. Derzeit betreut innoscripta rund 2100 Kunden in über zwanzig Branchen mit einer durchschnittlichen Vertragslaufzeit von knapp drei Jahren.
Im November tritt die Gesellschaft auf gleich zwei hochkarätigen Kapitalmarktkonferenzen auf: der MKK Münchner Kapitalmarkt Konferenz (12. bis 13. November) und dem Eigenkapitalforum der Deutschen Börse (24. bis 26. November). Diese Veranstaltungen könnten neue Aufmerksamkeit auf den Titel lenken– insbesondere bei institutionellen Investoren, die bislang eher zurückhaltend agiert haben.
| WKN / ISIN | A40QVM / DE000A40QVM8 |
| Grundkapital | 63.990.151 EUR |
| Branche | Software |
| Gründungsjahr | 2012 |
| Umsatz 2024 | 64,67 Mio. EUR |
| Kunden | 2100 |
| Kurs aktuell | 114,20 EUR |
| Market Cap | 1,16 Mrd. EUR |
| Internet | https://www.innoscripta.com/de |
Fazit:
Auf der Chancen-Seite stehen die anhaltende Expansion in Europa, die fortschreitende Automatisierung im Förderwesen und eine wachsende Kundentreue. Sollte es innoscripta gelingen, seine Softwarelösungen auch in weiteren Märkten zu etablieren und das Produktportfolio für international unterschiedliche Fördersysteme zu adaptieren, dürfte das Wachstum noch lange nicht am Ende sein. Warburg Research rät zum Kauf der Aktie und nennt ein Kursziel von 210 EUR. „Mit einem rein organischen Umsatzwachstum von durchschnittlich 40% pro Jahr im Zeitraum 2024 bis 2027 dürfte innoscripta sein starkes operatives Momentum nahtlos fortsetzen“, heißt es in der Analyse.
Bei einer Marktkapitalisierung von 1,15 Mrd. EUR und einem erwarteten Nettogewinn von knapp 37 Mio. EUR in diesem Jahr scheint dieses Wachstum durchaus erforderlich. Anleger sollten zudem berücksichtigen, dass innoscripta stark von der steuerlichen Förderpolitik einzelner Länder abhängt – Änderungen in der Gesetzgebung könnten sich unmittelbar auf die Nachfrage auswirken.
INTERVIEW
Die Marktchancen für starkes organisches Wachstum sind hervorragend

COO Sebastian Schwertlein über innoscriptas Börsengang, Deutschlands Vorbildrolle und die Balance zwischen Wachstum, Expansion und Profitabilität.
Herr Schwertlein, innoscripta hat im Mai den Schritt an die Börse gewagt. Wie fällt Ihr Zwischenfazit nach den ersten Monaten aus?
Der Gang an die Börse war die richtige Entscheidung für innoscripta. Wir haben unsere Sichtbarkeit als SaaS-Pionier für die Unterstützung von steuerlichen Förderungen für F&E damit nochmal deutlich erhöht. Mit der Börsennotiz können wir unser erfolgreiches Geschäftsmodell transparent am Markt aufzeigen. Ende August haben wir mit der Veröffentlichung unserer starken Halbjahreszahlen überzeugt. Unser Umsatz ist von 23,2 Mio. EUR im 1. Halbjahr 2024 auf 44,1 Mio. EUR zum Halbjahr 2025 stark gestiegen. Das EBIT hat sich sogar von 10,7 Mio. EUR auf 24,5 Mio. EUR mehr als verdoppelt. Für uns ist eine langfristige Wertentwicklung an der Börse wichtig, denn die Börsennotiz ist für uns eine Langstrecke und kein Sprint.
Welche Rolle spielt Deutschland in Ihrer Expansionsstrategie – und welche Länder stehen als Nächstes im Fokus?
In Deutschland existiert seit dem Jahr 2020 das Forschungszulagengesetz, wodurch steuerliche Vergünstigungen durch Projekte im F&E-Bereich klar definiert werden. Seit der Gesetzeseinführung hat sich die Anzahl der Anträge für steuerlichen Förderungen für diese Projekte versechsfacht, weshalb unser Heimatmarkt Deutschland selbstverständlich ein wichtiger Markt ist. Deutschlands Regulatorik ist international eine Blaupause für andere Länder, die teilweise noch nicht über einen entsprechenden Rahmen verfügen. Unsere cloudbasierte Plattform setzt genau da an, denn durch diese wird Transparenz in den F&E-Projekten der Unternehmen geschaffen. Wir planen somit, neben Deutschland im ersten Schritt auch nach UK und Frankreich zu expandieren.
Welche strategischen Ziele verfolgen Sie in den kommenden drei Jahren, insbesondere im Hinblick auf Internationalisierung und Produktentwicklung?
Neben dem geplanten weiteren Wachstum in Europa und der Erschließung neuer Märkte wollen wir auch die Produktentwicklung weiter ausbauen und unseren Kundenstamm erweitern. Derzeit haben wir über 2.000 Vertragskunden aus über 20 Branchen und wollen weitere, umsatzstarke Großkunden gewinnen. Unsere innovativen Produkte sollen insofern weiterentwickelt werden, dass wir neue Up- und Cross-Selling-Möglichkeiten für weitere Anwendungsfälle schaffen. Zudem wollen wir unsere cloudbasierte Plattform generell weiter optimieren und den Fokus auch verstärkt auf die internationale Projektdokumentation legen.
Wie stark ist die Konkurrenz im Bereich steuerlich geförderter F&E-Digitalisierung – und worin liegt Ihr entscheidender Wettbewerbsvorteil?
Wir sind das einzige Unternehmen weltweit, das die Zeiterfassung, das Projektmanagement, Compliance-Lösungen und die Mitarbeiterverwaltung für F&E-Projekte ganzheitlich digital abbildet. Wir bieten dafür unsere hochinnovative und digitale SaaS-Plattform an, während viele Unternehmen noch ineffiziente Excel-Listen für die oben genannten Punkte verwenden. Damit haben wir eine einzigartige Stellung am Markt, was sich auch am starken Kundenwachstum zeigt. So ist unser Kundenstamm im Vergleich zum Vorjahr im Jahr 2024 um 57% gewachsen. Der hohe Transparenz- und Dokumentationsgrad unserer Clusterix-Plattform schafft Effizienz und Sicherheit für Unternehmen bei der Planung von F&E-Projekten und vor allem auch bei F&E-Steuergutschriften. Für die Unternehmen ist die Transparenz auch wichtig mit Blick auf Haftungsthemen für die Vorstände.
Ihre Margen sind außergewöhnlich hoch für ein wachsendes Softwareunternehmen – wie nachhaltig ist diese Profitabilität?
Unsere bereits skizzierte einzigartige Marktstellung führt zu sehr hohen Margen. Mit steigendem Umsatzniveau können sich Skaleneffekte sogar zusätzlich positiv auf die Margen auswirken. Unsere Analysten sehen auch keinerlei Margenerosion in den kommenden Jahren – ganz im Gegenteil. Unser Pricing Modell ist übrigens sehr fair. Nur wenn es zu einer Förderung kommt, kommt es zu einem Entgelt in Relation zur Fördersumme. Unternehmen haben demnach kein Risiko, uns frühzeitig einzubinden.
Die Bewertung von über einer Milliarde Euro setzt ambitionierte Erwartungen voraus. Wie begegnen Sie der Skepsis mancher Investoren?
Indem wir konsequent und nachhaltig liefern. Das haben wir bereits getan und das werden wir weiter tun.
Welche Rolle spielen organisches Wachstum und potenzielle Übernahmen in Ihrer Expansionsstrategie?
Wie bereits erwähnt sind wir seit unserer Gründung im Jahr 2012 erfolgreich organisch gewachsen, ohne Übernahmen und Fremdfinanzierung. Sollten sich geeignete Marktopportunitäten für M&A ergeben, werden wir diese bei Gelegenheit ergreifen. Doch im Moment sehen wir keinen Grund, von unserem Erfolgskurs abzuweichen. Die Marktchancen für starkes organisches Wachstum sind hervorragend.
Autor/Autorin

Christian Euler
Christian Euler ist seit rund 20 Jahren Redakteur im Bereich Wirtschaft und Finanzen. Für die Redaktion der Kapitalmarktplattform GoingPublic beleuchtet er seit 2025 Kapitalmarktthemen und interessante Aktien.





