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Hier finden Sie unsere umfassenden IPO-Analysen.

Vor- und Nachteile

Können die vorangegangenen Fragen positiv beantwortet werden, bietet der Börsengang via SPAC folgende Vorteile für das Zielunternehmen:

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  • Das De-SPACing vereint eine dem US-IPO voranzugehende „Cross-over-Finanzierungsrunde“ und das IPO mittels des PIPE. Meistens stammt das Geld vom Sponsor oder aus seinem Umfeld. Im klassischen IPO wird ein Cross-over vor dem IPO ohne ausreichende Größe vor allem dann zwingend, wenn inter­nationale Ankerinvestoren fehlen. Die Bonität des Sponsors erlaubt es zudem, früh weniger börsenreife Unternehmen an die Börse zu begleiten.
  • Durch die Kombination aus PIPE, SPAC-Kasse, Sponsor’s Promote und Einbringungswert des Targets ist die potenzielle Streubesitzkapitalisierung signifikant größer als beim klassischen IPO eines kleinen, unbekannten Unternehmens.
  • Die Bewertungsverhandlungen erfolgen vertraulich zwischen Target und Sponsor im frühen Projektstadium ohne Einschaltung der Aktionäre. Im klassischen IPO steht eine Investmentbank als Intermediär zwischen Target und Aktionären. Die Preisgestaltung und Investorenauswahl, die erst am Ende des Projekts und innerhalb einer zweiwöchigen öffentlichen Zeichnungsfrist stattfindet, ist risikoreicher und findet direkt über Preis und Menge statt. Im IPO-Prozess ist die Gefahr nicht unwesentlich, dass das Projekt durch Marktwidrigkeiten oder sonstige Ereignisse verzögert oder gestoppt wird.
  • Die Offenlegungsrestriktionen sind deutlich geringer als bei ­einem klassischen US-IPO. Es ist durchaus üblich, Projektionen des Targets im Prospekt (S/F-4) oder in öffentlich zugänglichen Präsentationen aufzunehmen.
  • Eine kapitalmarktorientierte Führungskräfte- und Mitarbeiterbeteiligung ist ein wichtiger Diskussionspunkt, dem der Sponsor offen gegenübersteht.

Das De-SPACing hat gegenüber dem klassischen IPO aber auch Nachteile, die es abzuwägen gilt:

  • Da SPAC-Investoren großenteils aus Hedgefonds bestehen, die sich mit dem De-SPACing zurückziehen, muss frühzeitig mit dem Aufbau der gewünschten Investorengruppe begonnen werden.
  • Länderübergreifende Verschmelzungsschritte bringen für deut­sche Zielunternehmen eine hohe Komplexität mit sich, da gesell­schafts- und steuerrechtliche Fragestellungen beantwortet werden müssen.
  • Diese erhöhte Komplexität in der Abwicklung führt zu hohen Transaktionskosten. Verschiedene Autoren heben auf die vor allem von den ursprünglichen IPO-Investoren zu tragenden Verwässerungen (Promote, Warrants, Underwriting Costs etc.) ab¹. Allerdings darf man beim IPO-Vergleich den durchaus erheb­lichen Neuemissionsabschlag von bis zu 20% genauso wenig außer Acht lassen wie die Tatsache, dass man hier oft Äpfel und Birnen vergleicht: Viele SPAC-Targets wären zu dieser Zeit mit ihren Zahlen kaum eigenständig an die Börse gekommen. Nach unseren Recherchen sind diese Unternehmen auch eher langfristige „Underperformers“ als größere Emittenten².

Der Markt ist bereits dabei, die Nachteile für die ursprünglichen IPO-Investoren und exzessive Vergütungen der Initiatoren zu regeln. So sind zunehmend SPACs zu finden, die keine Warrants ausgeben und die Höhe des Promote von der langfristigen Aktienkursentwicklung abhängig machen.

Weitere lesen Sie die jüngste Kolumne von Blättchen Financial Advisor.

Fazit

Aktuell haben attraktive Zielunternehmen eine reiche Auswahl an suchenden SPACs in den USA und neuerdings auch in Europa. Der Wettbewerb um Geld und Börsennotiz macht es für Börsen-kandidaten attraktiv, über ein De-SPACing nachzudenken.

Zu den Autoren
Prof. Dr. Wolfgang Blättchen ist geschäftsführender Gesellschafter der BLÄTTCHEN FINANCIAL ADVISORY GmbH und seit 30 Jahren als unabhängiger Berater für Kapitalmarktstrategien aktiv. In dieser Zeit konnte er rund 50 erfolgreiche IPOs und IBOs sowie zahlreiche weiterführende Kapitalmarkttransaktionen begleiten.
Uwe Nespethal gehört seit der Gründung von Blättchen Financial Advisory im Jahre 2010 zum Partnerkreis. Zuvor begann er seine berufliche Laufbahn als unabhängiger Berater für Kapitalmarktthemen bei der Blättchen & Partner AG.Er ist verantwortlich für zahlreiche Kapitalmarkttransaktionen und Projekte rund um die Themen Börse und langfristige Finanzierungsstrategien.

Fußnoten:
(1) Gahng, M./Ritter, J./Zhang, D. (2021): SPACs. Abrufbar unter https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3775847;Klausner, M./Ohlrogge, M./Ruan, E. (2020): A Sober Look at SPACs. Abrufbar unter https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3720919.
(2) Blättchen/Nespethal (2018): Ex-post-IPO-Underpricing nach Emittentengruppen. In: GoingPublic Magazin, 8/2018.