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Seit Mitte Dezember gilt in Deutschland für börsennotierte Unternehmen, die Inhaberaktien ausgegeben haben, eine neue Regelung für die Angabe des Nachweisstichtags, auch Record Date genannt. Obgleich die Vorverlegung des Besitzzeitpunkts vom Beginn des 21. Tages auf den Geschäftsschluss des 22. Tages auf den ersten Blick inhaltlich keine Änderung bedeutet, so kann dies in der HV-Saison 2024 für Emittenten von Inhaberaktien zu praktischen Problemen führen.

 

Am 15. Dezember 2023 trat das Zukunftsfinanzierungsgesetz (BT-Drucksache 20/
8292) mit einigen rechtlichen Neuerungen, die das Aktiengesetz betreffen, in Kraft. Zu
begrüßen ist die Änderung in Art. 13 Nr. 6: „In § 123 Absatz 4 Satz 2 werden die Wörter ‚Beginn des 21.‘ durch die Wörter ‚Geschäftsschluss des 22.‘ ersetzt.“

Dies bedeutet, dass der Nachweisstichtag für Emittenten von Inhaberaktien sich
nunmehr auf den Geschäftsschluss des 22. Tages zu beziehen hat. Diese Berechnung ist nötig geworden, da mit der EU Durchführungsverordnung 2018/1212 die Angabe des Ausführungsdatums (Record Date) sich gemäß internationaler Praxis auf den Geschäftsschluss zu beziehen hat.

Nachdem in Tab. 3 der EU-Durchführungsverordnung für die Einberufung von Hauptversammlungen ebenso wie in Tab. 4, dem Muster, wie der Nachweis für die Berechtigung der Teilnahme an einer Hauptversammlung, die Angabe des Record Date sich jeweils auf den Geschäftsschluss zu beziehen hat, kam es hier regelmäßig zu verschiedenen Angaben und Irritationen. Der Gesetzgeber erkannte ausweislich der Gesetzesbegründung „… die Gefahr von Missverständnissen und Erschwerungen für die Praxis“ und wollte diesen mit der Angleichung begegnen.

Auch erkannte er, dass „… die Informationen in den in Artikel 1 Nummer 7 der
Durchführungsverordnung genannten Büchern in der juristischen Sekunde zwischen Geschäftsschluss (24:00 Uhr) und Beginn des nächsten Tages, jeweils am
Sitz der Gesellschaft, nichts ändern“.

Definition Geschäftsschluss

Wie aus der Gesetzesbegründung hervorgeht, sieht der Gesetzgeber den Geschäftsschluss um 24:00 Uhr – so, wie in der Praxis bislang der Record Date zumeist auf 00:00 Uhr verortet wurde. Diese konkrete Zeitangabe ist jedoch im internationalen Vergleich nicht ganz korrekt, denn die EU Durchführungsverordnung 2018/1212 Art. 1 Nr. 7 definiert den „Nachweisstichtag“ als den „vom Emittenten festgelegten Tag, an dem die mit den Aktien verbundenen Rechte, einschließlich des Rechts auf Teilnahme an und Ausübung des Stimmrechts in einer Hauptversammlung, sowie die Identität des Aktionärs auf der Grundlage der in den Büchern des Zentralverwahrers auf Emittentenseite oder eines
anderen ersten Intermediärs bei Geschäftsschluss buchmäßig abgewickelten Positionen festgestellt werden“.

Wichtig ist also, dass die Positionen, die in den Büchern der Banken zu finden sind,
über den Zentralverwahrer abgewickelt wurden. Nur dann kann verhindert werden, dass ein und dieselbe Aktie zweimal angemeldet werden kann.

Definition in der Satzung

Die grundsätzlich zu begrüßende Angleichung der nationalen Gesetzgebung an das
EU-Recht bringt nun jedoch die Emittenten in Schwierigkeiten, die in der Satzung den
bisherigen Wortlaut des § 123 (4) AktG übernommen haben. Nachdem das Gesetz mit Inkrafttreten, ohne Übergangsregelung anzuwenden ist, ist ein Auseinanderlaufen von Satzung und Gesetz zu sehen. Dabei schlägt nach der herrschenden Meinung das Gesetz die Satzungsregelung. Dennoch sollte vorsichtshalber in der Einberufung auf die Abweichungen eingegangen werden. Zudem sollte mit der nächsten Hauptversammlung auch die entsprechende Satzungsregelung übernommen werden. Oder die Formulierung sollte sich einfach auf die gesetzliche Regelung im Allgemeinen beziehen.

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Problem: Nicht-börsennotierte Unternehmen

Die Aussage, dass das Gesetz die Satzung schlägt, gilt jedoch nur für börsennotierte
Unternehmen, denn § 123 (4) AktG definiert in Satz 2 ausdrücklich nur den Nachweisstichtag für börsennotierte Unternehmen. Hat nun eine Gesellschaft die „alte“
Definition des Record Date, so hat sich auch weiterhin der Record Date in der
Einberufung auf den 21. Tag zu beziehen.

Diese Satzungshoheit der nicht-börsennotierten Unternehmen ist grundsätzlich zu
begrüßen. Bei nicht-börsennotierten Publikumsgesellschaften kann dies jedoch zu
praktischen Problemen führen, da sich die durch die Banken ausgestellten Nachweise,
insbesondere wenn auch freiwillig auf § 67c AktG und damit die EU-DVO verwiesen wird, in der Regel mittlerweile schon auf den Geschäftsschluss des 22. Tages beziehen. Aus diesem Grund empfiehlt sich auch für diese Inhaberaktiengesellschaften die Änderung der Satzung auf der nächsten Hauptversammlung, um Missverständnisse und Irritationen zu vermeiden.

Fazit

In der Einberufung der Hauptversammlung 2024 sollte in jedem Fall die Angleichung der Satzung an das geltende Recht in Sachen Nachweisstichtag stehen, sofern sich die Satzung nicht ausschließlich auf die geltende gesetzliche Regelung bezieht. Für nicht-börsennotierte Unternehmen bedeutet dies, dass sie auf jeden Fall auch einen protokollierenden Notar benötigen. Ob eine Ermächtigung des Aufsichtsrats, redaktionelle Änderungen der Satzung ohne Hauptversammlungsbeschluss vorzunehmen, auch in diesem Fall angewendet werden kann, ist umstritten. Hier empfiehlt sich die Rücksprache mit dem Rechtsbeistand.

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Autor/Autorin

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Markus Laue
Team Lead Consulting at Computershare Deutschland GmbH & Co. KG | Website

Markus Laue bekleidete in den Jahren 1997 bis 2014 unterschiedliche Position als Investor Relations Manager bzw. Berater. Ende 2014 konzentrierte sich Laue auf die Durchführung von Hauptversammlungen und begann als Senior Berater bei Haubrok Corporate Events GmbH (später Link Market Services). Von dort wechselte er im Oktober 2022 Computershare, bei dem er aktuell Teamlead Consulting ist.