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Biosimilars, Nachahmerprodukte biotechnologisch hergestellter Arzneimittelwirkstoffe, waren bei ihrer Einführung vor 15 Jahren nicht unumstritten. Die Herstellung ist sehr komplex und kaum ein Biosimilar war oder ist mit dem Originalprodukt, dem Biologika, identisch. So wurden unter anderem Gefahren für die Gesundheit von Patienten befürchtet. Diese kritische Sichtweise hat sich seit einigen Jahren geändert. Biosimilars sind ein Wachstumsmarkt.

 

Schlussendlich bieten Biosimilars heute erhebliche Einsparungspotenziale, die dem Gesundheitssystem zugutekommen. Der durch die Einführung von Biosimilars ausgelöste Wettbewerb hat zu sinkenden Preisen im Biologika-Markt geführt. Die Einsparungen ermöglichen zugleich immer mehr Patienten den Zugang zu einer auf Biologika gestützten Therapie. So entsteht eine stabilere Gesundheitsversorgung. Der Siegeszug der Biosimilars begann 2006 mit der Markteinführung von Omnitrope. In der Folge schenkten Ärzteschaft, Kassenärztliche Vereinigungen, Patienten und Patientenvereinigungen den Biosimilars mehr und mehr Aufmerksamkeit. Als 2018 das Patent des bis dahin weltweit umsatzstärksten Arzneimittels Humira auslief, kamen umgehend drei Biosimilars auf den Markt. Sie befeuerten den Wettbewerb und sorgten für Preissenkungen, denn anders als bei den Originalprodukten entfällt der aufwändigere Forschungs-, Entwicklungs und Zulassungsprozess bzw. gestaltet er sich sich weniger aufwändig.

Biosimilars: Wertevolumen hat sich verfünffacht

Nach einer Analyse des Forschungsinstituts IQVIA hat sich der Gesamtumsatz des Arzneimittelmarktes (Klinik-+ Apothekensegment) in Deutschland seit 2006 nahezu verdoppelt, während das Wertvolumen von Biopharmazeutika sich 15 Jahre nach Einführung der ersten Biosimilars beinahe verfünffacht hat. Die Nachbauten wachsen demnach im Zuge des Patentablaufs mehrerer Original-Biologika vor allem in den letzten Jahren stark: von 0,5 Mrd. Euro (2017) auf 1,8 Mrd. Euro (2020). Betrug der Umsatzanteil von Biopharmazeutika am deutschen Arzneimittelmarkt im Jahr 2006 noch 14 Prozent, lag er zwischen April 2020 und März 2021 schon bei 32 Prozent.

Allerdings lohnt der Blick ins Detail: Denn die Anteile der Biosimilars variieren bei einzelnen Substanzen nach Wert und Menge. Dies hängt beispielsweise mit der Indikation und Dauer der Marktpräsenz zusammen. So liegt etwa in Deutschland der Anteil bei den 2019 eingeführten Teriparatid-Produkten zur Behandlung von Osteoporose im März 2021 relativ niedrig (20,1 Prozent), während der Anteil von in 2020 eingeführten Bevacizumab-Präparaten für die Therapie verschiedener Krebsarten bereits recht hohe Similar-Anteile verbucht (70,8 Prozent). Vor allem onkologische Immun-Biosimilars konnten darüber hinaus eine relativ schnelle Marktdurchdringung erzielen: So erreichten etwa Rituximab, Trastuzumab und Bevacizumab nach zehn Monaten im Apothekenmarkt einen Anteil von 45, 55 und 85 Prozent.

Immer mehr Patente laufen aus

Bis zum Jahr 2025, so die Analysten von IQVIA, läuft in Deutschland der Patentschutz für mehr als 40 biotechnologische Arzneimittel mit einem Gesamtvolumen von über 3 Mrd. Euro zum Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers. Allein im Jahr 2024 bezieht sich dieser Umstand auf 15 Präparate mit einem Gesamtwertvolumen von über 1,2 Mrd. Euro, darunter Mittel wie Biopoin, Eporatio, Gazvaro, Plegridy, Simponi oder Trulicity.

Werden nach dem Ende des Patentschutzes Biosimilars für die Patientenversorgung bereitgestellt, führt dies automatisch zu sinkenden Preisen durch einen stärkeren Wettbewerb. Darüber hinaus sinken auch die Preise der Originalprodukte. Denn auch die Originalhersteller stehen unter Druck. Durch den Markteintritt von Biosimilars können Krankenkassen zudem vermehrt Rabattverträge abschließen.

Auch Quoten der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) greifen als wirksames Instrument, auch wenn die Biosimilar-Anteile im Vergleich der verschiedenen Regionen unterschiedlich ausfallen dürften.

Zahl der Biologika-Therapien gestiegen

Sinkende Therapiekosten ermöglichen schließlich mehr Patienten den Zugang zu wirksamen Therapien. Laut einer Studie der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Bayerns hat sich auch die Wartezeit der Patienten auf die Verschreibung eines biologischen Arzneimittels erheblich verkürzt. So musste etwa ein Rheumapatient bis 2015 noch durchschnittlich 7,4 Jahre auf eine biologische Arzneimitteltherapie warten. Im Jahr 2021 sind es nur noch 0,3 Jahre.

Überhaupt ist die Zahl der Patienten, die eine Biologika-Therapie erhalten, in den letzten Jahren angestiegen. Allein bei Rheumapatienten in Bayern stieg nach Angaben der KV Bayern die Zahl der Patienten, die mit einem biologischen Arzneimittel behandelt wurden, in fünf Jahren um 5 Prozent – von 13,5 Prozent im Jahr 2014 auf 18,7 Prozent im Jahr 2019. Und von diesen 18,7 Prozent bekam mehr als die Hälfte ein Biosimilar verschrieben.

Autor/Autorin

Holger Garbs ist seit 2008 als Redakteur für die GoingPublic Media AG tätig. Er schreibt für die Plattform Life Sciences und die Unternehmeredition.