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Am 1. Januar 2021 traten wesentliche Teile des Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetzes (SanInsFoG) in Kraft. Kernstück des SanInsFoG ist das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG). Mit dem StaRUG wird ein Rechtsrahmen für insolvenzabwendende Sanierungen geschaffen, der es Unternehmen ermöglicht, sich auf der Grundlage eines von den Gläubigern mehrheitlich angenommenen Restrukturierungsplans zu sanieren. Einzelne Gläubiger sind nach den Regelungen dieses Gesetzes nicht mehr in der Lage, das Sanierungsvorhaben zu blockieren und damit zu Fall zu bringen. Hauptanwendungsfall des StaRUG werden finanzielle Restrukturierungen sein, da nach den ­Regelungen dieses Gesetzes weder in Arbeitnehmerrechte noch in Vertragsverhältnisse vergleichbar den Regelungen nach §§ 103 f. InsO eingegriffen werden kann.

Das StaRUG geht davon aus, dass im Falle einer Krise das Unternehmen mit seinen wesentlichen Gläubigern einen Restrukturierungsplan entwickelt. Der Restrukturierungsplan ist das Kernstück des StaRUG. Nach den Regelungen des StaRUG verhandelt das Unternehmen diesen Plan weitgehend autonom mit den betroffenen Gläubigern. Die Mehrheit der betroffenen Restrukturierungsgläubiger beschließt anschließend den Restrukturierungsplan. Zudem kann das Unternehmen auf vom StaRUG zur Verfügung gestellte ­Sanierungsinstrumente wie aus einem ­modularen Baukasten zugreifen. Durch ­Inanspruchnahme verfahrensmäßiger Unterstützungen und verschiedener neu geschaffener Sanierungsinstrumente wird die Unternehmenssanierung erleichtert.

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Zugang zum präventiven ­Restrukturierungsrahmen

Zugang zum Instrumentenkasten des StaRUG erhalten Unternehmen, die drohend zahlungsunfähig i.S.d. § 18 InsO sind (§ 29 I StaRUG), bei denen also innerhalb eines Prognosezeitraums von i.d.R. 24 ­Monaten mit dem Eintritt einer Zahlungsunfähigkeit zu rechnen ist. Unternehmen, die bereits zahlungsunfähig oder insolvenzrechtlich überschuldet sind, haben keinen Zugang zum präventiven Restrukturierungsrahmen. Das SanInsFoG regelt neu, dass für die Annahme einer positiven Fortführungsprognose, die eine ­insolvenzrechtliche Überschuldung ausschließt, grundsätzlich ein Zeitraum von zwölf ­Monaten zugrunde zu legen ist
(§ 19 II InsO).

Mit der Anzeige des Restrukturierungsvorhabens bei dem zuständigen Restrukturierungsgericht wird die Restrukturierungssache rechtshängig (§ 31 III StaRUG). Einer Zustimmung des Gerichts bedarf es nicht. Ab diesem Zeitpunkt kann das ­Unternehmen Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens in Anspruch nehmen (§ 31 I StaRUG).

Restrukturierungsplan

Der Restrukturierungsplan besteht – wie der Insolvenzplan – aus einem darstellenden und einem gestaltenden Teil. In ihm können folgende Rechtsverhältnisse gestaltet werden:

  • Restrukturierungsforderungen; grundsätzlich alle Forderungen gegenüber der Schuldnerin,
  • Absonderungsanwartschaften; d.h. Rechte an Gegenständen, die bei einer Insolvenz­eröffnung zur Absonderung berechtigen,
  • vertragliche Nebenbestimmungen im Zusammenhang mit Restrukturierungsforderungen und Absonderungsanwartschaften,
  • Anteils- und Mitgliedschaftsrechte an der Schuldnerin und
  • gruppeninterne Drittsicherheiten an verbundenen Unternehmen i.S.d. § 15 AktG der Schuldnerin.

Die Schuldnerin kann die Neugestaltung von Rechtsverhältnissen auf bestimmte Gläubiger und Gläubigergruppen (z.B. auf alle Finanzgläubiger) beschränken. Im ­Restrukturierungsplan können u.a. keine Forderungen von Arbeitnehmern, aus ­einem Arbeitsverhältnis oder im Zusammenhang mit betrieblichen Altersver­sorgungen gestaltet werden.

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Sanierungsinstrumente

Das StaRUG stellt den Unternehmen folgende in § 29 II genannte Sanierungs­instrumente zur Verfügung:

1. Gerichtliche Planabstimmung; das Unternehmen kann eine gerichtliche Abstimmung über den Restrukturierungsplan wählen. Diese wird durch das Restrukturierungsgericht durchgeführt. Dadurch wird eine erhöhte Rechtssicherheit gegenüber einer vom Unternehmen selbstorganisierten Planabstimmung erreicht.

2. Vorprüfung des Plans; auf Antrag der Schuldnerin bestimmt das Gericht vor dem Erörterungs- und Abstimmungstermin einen gesonderten Termin zur Vorprüfung des Restrukturierungsplans. Gegenstand der Vorprüfung kann jede Frage sein, die für die Bestätigung des Restrukturierungsplans ­erheblich ist, insb. (i) ob die Auswahl der Planbetroffenen und deren Gruppen­einteilung rechtmäßig ist, (ii) welches Stimmrecht Restrukturierungsforderungen, Absonderungsanwartschaften oder Anteilen zukommt und (iii) ob der Schuldnerin Zahlungsunfähigkeit droht. Das Ergebnis der Vorprüfung fasst das Gericht in einem Hinweis zusammen.

3. Stabilisierungsanordnungen; soweit es zur Wahrung der Aussichten auf die Verwirklichung des Restrukturierungsziels erforderlich ist, ordnet das ­Gericht auf Antrag der Schuldnerin an, (i) dass Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen die Schuldnerin untersagt oder einstweilen eingestellt werden (Vollstreckungssperre) und (ii) unter bestimmten Voraussetzungen bewegliche Vermögensgegenstände wie Maschinen oder Vorräte der Schuldnerin nicht entzogen werden dürfen und diese Gegenstände der Schuldnerin weiterhin zur Fortführung des Unternehmens zur Verfügung zu stellen sind (Verwertungssperre).

4. Planbestätigung; auf Antrag der Schuldnerin bestätigt das Gericht den von den betroffenen Restrukturierungsgläubigern angenommenen Plan. Mit dieser Bestätigung treten die im ­gestaltenden Teil des Plans festgelegten Wirkungen ein. Dies gilt auch im Verhältnis zu Planbetroffenen, die ­gegen den Plan gestimmt oder an der Abstimmung nicht teilgenommen ­haben. Der rechtskräftig bestätigte ­Restrukturierungsplan wirkt wie ein vollstreckbares Urteil. Aus ihm können die Restrukturierungsgläubiger grundsätzlich die Zwangsvollstreckung für ihre Forderungen gegen die Schuldnerin betreiben.