Das Schlagwort Digitalisierung ist in aller Munde und macht auch keinen Halt vor der Finanzbranche: Neben der digitalen Prozessoptimierung, entstehen im FinTech Bereich neue Geschäftsideen. Dazu zählt u.a. auch der sogenannte Robo-Advisor-Markt mit den darin agierenden digitalen Vermögensverwalter, gern auch als Robo-Advisor bezeichnet. Von Oliver Riedel

Oliver Riedel, Mitglied des Vorstands der Baader Bank
Oliver Riedel, Mitglied des Vorstands der Baader Bank

Robo-Advisor zählen derzeit zu den am stärksten nachgefragten und diskutierten Anbietern in diesem Segment – innerhalb kürzester Zeit haben sie es geschafft, ein neues digitales Angebot zur Geldanlage zu etablieren, das in Zeiten des Niedrigzins-Umfeld, der steigenden Bedeutung der privaten Vorsorge und der generellen Zunahme der Komplexität der Märkte immer wichtiger wird.

Neue Möglichkeiten für Privatanleger

Der Vergleich des deutschen Kapitalmarktes mit dem anderer Länder zeigt: Für viele Deutsche sind Kapitalmärkte jeder Art weiterhin ein Tabuthema. Die Aufgeschlossenheit amerikanischer und englischer Bürger gegenüber dieser  Geldanlage spiegelt sich in der extremen Diskrepanz zu denen Deutschlands wider. Besonders die große Vielfalt an Finanzprodukten schreckt besonders Deutsche ab. Hier kommen Dienstleistungen wie Robo-Advisors ins Spiel: Durch Künstliche Intelligenz kann der  Komplexität und Vielfalt einfacher begegnet werden, da die regelbasierte Geldanlage-Möglichkeit neben einem einfachen digitale Zugang und gleichzeitig hoher Transparenz (inklusive der Kosten), eine breite Steueung entsprechend der Wünsche der Anleger und eine professionelle Produktauswahl ermöglicht.

Die Robo-Advisor bieten bereits einen Einstieg mit geringen Beträgen (z.B. ab 1.000 EUR). Die Kehrseite: Solche standardisierten und digitalen Produkt haben häufig den Nachteil, dass es keine persönliche Beratungsleistung und wenig Individualität in der Produktauswahl gibt. Allerdings existiert eine hohe Transparenz bei Kosten, die zudem häufig viel geringer sind als bei einer Bank sowie eine sehr detaillierte Darstellung der Anlagestrategie.

In Deutschland gibt es derzeit 15 Robo-Advisor (alphabetisch sortiert und nach Markteintritt) und es werden weitere folgen.

Anbieter Marktstart
fintego 2013
vaamo 2013
easyfolio 2014
Ginmon 2014
quirion 2014
Growney 2016
LIQID 2016
Scalable Capital 2016
SINA 2016
VisualVest 2016
Whitebox 2016
Wuestenrot 2016
Cominvest 2017
Investify 2017
Solidvest by DJE 2017
Truevest 2017

 

Zu den fünf größten Robo-Advisor in Deutschland gehören derzeit Scalable Capital, LIQID, Ginmon, vaamo und quirion, berichtet das Extra-Magazin im Februar 2017. Es handelt sich hierbei sowohl um mit  Venture Capital finanzierte, private Anbieter wie Scalable Capital, Ginmon oder vaamo, als auch um sog. Corporate-Robo-Advisor wie bspw. fintego, quirion oder Sina.

Das global von Robos verwaltete Vermögen beträgt derzeit laut statista.com 224 802 USD – das entspricht umgerechnet ca. EUR 200.420 Mio., bei ungefähr 12,3 Mio. Nutzern. Ein weltweites jährliches Branchenwachstum von knapp 48% wird prognostiziert. Daraus resultiert im Jahr 2021 ein verwaltetes Vermögen von über eine Billion Euro. Weniger konservative Prognose sprechen allein für amerikanische Robos von über 2 Bio. EUR verwaltetem Vermögen in den Jahren 2020 bis 2021. Der Blick auf die weltweiten Assets under Management offenbart die eindeutige Dominanz der USA in der Branche: Diese halten derzeit über 80% am Robo Advisor-Gesamtmarkt.

USA sind Marktführer – Deutschland zieht nach

Weltweitgrößter Hybrid-Robo Advisor ist mit Abstand die US-amerikanische Vanguard Group mit 47 000 Mio. USD (knapp 42.000 Mio.EUR) verwaltetem Vermögen.  Hier kann auf Wunsch ein aktiver Berater eingeschaltet werden. Der Marktführer rein passiver Robo Advisors ist Betterment – das Unternehmen stammt auch aus den Vereinigten Staaten und verwaltet ca. 7.360 Mio. USD, also  EUR 6.600 Mio AUM.

Die Finanzreife in den USA ist wesentlich größer als in Deutschland. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass Deutschland als Nachfolgemarkt nachzieht. Dieser Proof of concept spiegelt sich auch in der Einschätzung des Branchenkenners Markus Jordan wider: Seiner Ansicht nach kommt der Robo-Advisor-Markt in Deutschland heute auf ein Anlagevolumen von 662 Mio. EUR.