Seitdem der BGH im letzten Herbst entschieden hat, dass Unternehmen ihre Aktien von der Börse nehmen können, ohne dabei einen finanziellen Ausgleich an ihre Aktionäre zu zahlen, ist die Börsenlandschaft nicht mehr ganz die selbe wie zuvor. Vor dem Urteil konnte die Hauptversammlung dem Delisting noch zustimmen und alle Aktionäre erhielten zudem eine Abfindung – dies ist jedoch seit Oktober 2013 endgültig abgeschafft.

Thomas Hechtfischer, Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, erklärt, warum Aktionäre durch ein Delisting mit herben Verlusten rechnen müssten: „Ohne Börsennotiz ist die Aktie nur noch halb so viel wert, und nach der Ankündigung ist der Kurs nicht abgefedert.“

Problematisch ist, dass Fonds aufgrund ihrer Vorschriften dann nicht mehr börsennotierte Titel in der Regel im Depot halten dürfen. Einzig Großaktionäre gelten als Profiteure des BGH-Urteils: Für sie spielt es in aller Regel keine wirkliche Rolle, ob Aktien jederzeit gehandelt werden oder nicht. Deshalb erweisen sie sich meist als dankbare Käufer von panischen Anlegern, die ihre Papiere nach Bekanntgabe eines Unternehmensrückzugs um jeden Preis zeitnah veräußern möchten.

Mit einer Rücknahme der Börsennotiz vermeiden vor allem viele Midcap-Unternehmen die Möglichkeit einer unbeabsichtigten Firmenübernahme.

Als jüngstes Beispiel für einen Börsenrückzug gelten die Marseille Kliniken: Anfang Juni hatte der Konzern endgültig beschlossen, seine Aktien von der Börse zu nehmen. Darauf sank der Aktienkurs rapide um 30% auf etwa 2,30 EUR. Neben den Marseille-Kliniken, haben aber auch Unternehmen wie Strabag oder Biolitec bereits ihren Börsenrückzug angekündigt – aus Sicht von Branchenexperten könnten es sogar in nächster Zeit noch erheblich mehr werden.

Anm. d. R.: Das “Frosta-Urteil” und seine Auswirkungen ist auch zentrales Thema der diesjährigen Buse Awards.

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