Tubulis konzentriert sich auf die Entwicklung sogenannter Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (Antibody-Drug Conjugates; ADCs) für die gezielte Krebstherapie. Dabei nutzt das Unternehmen eine Reihe firmeneigener Technologieplattformen, um das Einsatzspektrum von ADCs zu erweitern und im Vergleich zu herkömmlichen ADCs eine gezieltere Wirkstofffreisetzung zu ermöglichen. Von Urs Moesenfechtel

 

ADCs sind eine Art von gezielten Krebstherapien, die aus einem Antikörper, einem Verbindungsmolekül und einem zytotoxischen (zellschädigenden) Wirkstoff (der sogenannten Payload) bestehen. Die Idee hinter ADCs ist es, die Payload direkt zu den Krebszellen zu transportieren, um sie gezielt zu zerstören, während gesunde Zellen verschont bleiben. Dieser Wirkstoff zerstört die Krebszelle und führt so zu deren Absterben. Eine wichtige Herausforderung bei der Entwicklung von ADCs besteht darin, diese Faktoren zu optimieren, um eine maximale Wirksamkeit bei minimalen Nebenwirkungen zu erzielen. ADCs haben in den letzten Jahren viel Aufmerksamkeit erregt. Einige ADCs wurden bereits von der Food and Drug Administration (FDA) zur Behandlung von Krebs zugelassen, darunter Trastuzumab ­Emtansin zur Behandlung von HER2-positivem Brustkrebs und Brentuximab Vedotin zur Behandlung von Hodgkin-Lymphom und anaplastischem großzelligem Lymphom.

Das gesamte Tubulis-Team. Foto: © Tubulis GmbH

Im Visier: Revolution der ADC-Entwicklung

Tubulis hat innovative Technologieplattformen zur Entdeckung und Entwicklung von ADCs aufgebaut, die eine neue Generation vielseitiger und anpassbarer Antikörper-Wirkstoff-Konjugate ermöglichen. Diese Plattformen basieren auf Konjugationstechnologien, die wichtige Einschränkungen der bisherigen ADC-Technologien hinsichtlich Toxizität, Wirksamkeit und Indikation überwinden können. Das flexibilisiert ihre Einsetzbarkeit und verbessert ihre klinische Wirksamkeit. „Wir glauben, dass unsere Plattformen es uns ermöglichen, neue Wege in der Behandlung von soliden Tumoren zu beschreiten und Patienten sichere und wirksame ADCs zur Verfügung zu stellen“, so CEO Dr. Dominik Schumacher.

Milliardenboost durch Bristol Myers Squibb

Das im Jahr 2019 gegründete und seit 2022 im Innovations- und Gründerzentrum Biotechnologie in Planegg-Martinsried bei München (IZB) ansässige Unternehmen hat bisher 3,4 Mio. EUR an nicht verwässerndem Kapital eingesammelt (2019), 10,7 Mio. EUR in der Series A 2020 und weitere 60 Mio. EUR in einer Series-B-Finanzierung 2022, ergo insgesamt 74,1 Mio. EUR. Dabei wurde sie von führenden Life-Sciences-Investoren wie Andera, Bayern Kapital, BioMed Partners, coparion, Evotec, Fund+, High-Tech Gründerfonds, Occident und Seventure unterstützt. Zuletzt hat Tubulis vom weltweit agierenden US-Pharmaunternehmen Bristol Myers Squibb (BMS) eine Vorabzahlung in Höhe von 22,75 Mio. USD sowie Meilensteinzahlungen von über 1 Mrd. USD erhalten.

Das Tubulis-Management-Team v.l.n.r.: CMO Dr. Günter Fingerle-Rowson, MD, CSO Dr. Jonas Helma-Smets, CEO Dr. Dominik Schumacher, CBO Dr. Ingo Lehrke, CDO Dr. Björn Hock. Foto: © Tubulis GmbH
Das Tubulis-Management-Team v.l.n.r.: CMO Dr. Günter Fingerle-Rowson, MD, CSO Dr. Jonas Helma-Smets, CEO Dr. Dominik Schumacher, CBO Dr. Ingo Lehrke, CDO Dr. Björn Hock. Foto: © Tubulis GmbH

Eine Übernahme von Tubulis durch BMS wird mit diesem Deal nicht angebahnt. BMS erhält nun einen exklusiven, ausgewählten Zugang zu Tubulis’ Technologien: einerseits zu den Tubutecan-Payloads (von Tubulis entwickelte Zellgiftplattform) sowie zu ­Tubulis’ P5-Konjugationsplattform (eine Technologie, die die Entwicklung stabiler ADCs mit hoher Flexibilität und eine schnelle Identifizierung von Wirkstoffkandidaten ermöglicht). Mit diesen beiden Komponenten wird BMS nun eine bestimmte Anzahl von ADCs zur Behandlung solider Tumoren entwickeln. Im Gegenzug ermöglicht der Deal Tubulis eine Fokussierung auf eigene Assets.

Partner für Programm für hämato­logische Tumore gesucht

„Der Hauptfokus von Tubulis liegt in der Entwicklung unserer internen Pipeline und ADCs. Kooperationen wie die mit BMS sind eine gute Ergänzung und ermöglichen es, noch mehr ADCs mit unserer Technologie zum Patienten zu bringen. Darüber hinaus sind wir offen für neue Möglichkeiten, insbesondere für unser TUB-010-Programm für hämatologische ­Tumore, da wir hier potenzielle Synergien und das Potenzial sehen, den klinischen Entwicklungspfad mit dem richtigen Partner zu ­beschleunigen“, so Dr. Schumacher.

Kurzprofil Tubulis GmbH:
Gründung: 2019
Standort: IZB, Planegg-Martinsried
Sektor: Biotechnologie/Pharmazie
Anzahl Mitarbeiter: 35
Internet: www.tubulis.com

Dieser Artikel ist in der aktuellen Ausgabe Finanzieren & Investieren 2_23 erschienen, die Sie hier herunterladen können.

Autor/Autorin

Redaktionsleiter Plattform Life Sciences at GoingPublic Media AG | Website

Urs Moesenfechtel, M.A., ist seit 2021 Redaktionsleiter der GoingPublic Media AG - Plattform Life Sciences und für die Themenfelder Biotechnologie und Bioökonomie zuständig. Zuvor war er u.a. als Wissenschaftsredakteur für mehrere Forschungseinrichtungen tätig.