Cankado, das digitale Tagebuch für Krebspatienten, ist eine E-Health-Plattfom für die intersektorale Krebsbegleitung. ­Patienten können ihren Medikationsgebrauch dokumentieren und damit Wohl und Lebensqualität aktiv mitgestalten. Eine eigene Akademie lehrt den sicheren Umgang mit der App. Von Holger Garbs

 

Bis heute ist Cankado das weltweit einzige Medizinprodukt, welches ­Patienten mit Krebs automatisierte Rückmeldungen gibt, wie sie sich bei ­welcher auftretenden Beschwerde zu ­verhalten haben. Zugleich ist das System so aufgebaut, dass es sowohl in der Routine als auch innerhalb von klinischen Studien eingesetzt werden kann. Cankado unterstützt Patienten im Alltag bei der Medikamenteneinnahme, beim Nebenwirkungsmanagement und der Rückmeldung an das Behandlungsteam. Auf diese Weise soll das individuelle Nebenwirkungsmanagement optimal unterstützt werden. Weiterhin startet das System bei Datenauffälligkeiten ein Warnsystem, das dem Patienten Verhaltenshinweise gibt. Das Produkt entstand aus einer Forschungsarbeit von Gründer Prof. Dr. Timo Schinköthe am Brust­zentrum des Klinikums der Universität München. Ursprünglich nur für die Unterstützung der Arzt-Patienten-Interaktion im Bereich Brustkrebs entwickelt, ist das ­System schrittweise in viele Richtungen gewachsen.

Nicht nur im Bereich der Onkologie einsetzbar

Cankado ist heute weltweit als Entwicklungspartner für neue Patientenmanagementkonzepte unterwegs und arbeitet ­sowohl mit universitären Einrichtungen als auch der pharmazeutischen Industrie zusammen. Hierbei geht es heute nicht mehr nur um Krebs. „In Indien wird ­Cankado zur Betreuung von Diabetes­patienten verwendet. In Australien geht es um Fernbehandlung, in Argentinien zur Betreuung enteraler Ernährung. Mit einem führenden Pharmaunternehmen wurde ein System zur Telekardiologie entwickelt. Ebenfalls in der Entwicklung ist ein Frühwarnsystem für Patienten mit allogener Stammzelltransplantation bzw. CAR-T-Therapie“, erklärt Schinköthe. Durch den Innovationsfonds gefördert ist der Einsatz von Cankado im Bereich der speziellen ambulanten Palliativversorgung (Palli-Monitor). Zudem läuft mit der PreCycle-Studie mit 80 Zentren und gut 1.000 Brustkrebspatientinnen die weltweit größte E-Health-Studie in der Onkologie.

Finanzierung ohne Fremdkapital

Besonders interessant an der Entwicklung von Cankado ist, dass das System bis ­heute ausschließlich ohne Fremdkapital ­finanziert wird. „Cankado habe ich persönlich finanziert und bin auch der einzige Gesellschafter. Ich hatte zuvor schon zwei VC-getragene Unternehmen gegründet und durch die jeweiligen Exits mir das Polster geschaffen“, erklärt Gründer Schinköthe. Darüber hinaus finanziert sich Cankado über Forschungsprojekte und Studien. Inzwischen registriert das System monatlich über 300.000 Nutzer­aktivitäten. Im Bereich der Onkologie wird Cankado in Deutschland flächendeckend genutzt. Über 500 medizinische Fachkräfte setzen das System bei ihrer Arbeit ein.

Gründung des Cankado Health Center

Künftig soll Cankado in zwei Richtungen wachsen: Zum einen sollen weitere chronische Erkrankungen aufgenommen werden und zum anderen soll die Gesundheit in den Vordergrund rücken. „Zur Vorbereitung haben wir im letzten Jahr ein eigenes Zentrum für Leistungsdiagnostik gestartet. Dies soll in diesem Jahr durch das Cankado Health Center erweitert werden. Das Cankado Health Center wird eigene Sportangebote und Ernährungsbetreuung anbieten. Diese Entwicklungen werden sich dann auch in der digitalen Unterstützung wiederfinden“, erklärt der Gründer. Aus Studiensicht wird mit der Chaplin-­Studie in diesem Quartal ein neues Kapitel beginnen. An 125 Zentren soll bei über 800 Patienten mit fortgeschrittenem Lungenkarzinom untersucht werden, welchen Einfluss Cankado auf das Gesamtüber­leben im Bereich der Immunonkologie hat.

Autor/Autorin

Holger Garbs ist seit 2008 als Redakteur für die GoingPublic Media AG tätig. Er schreibt für die Plattform Life Sciences und die Unternehmeredition.