Behandlungsmix

Ein weiteres Ziel des Gesetzes soll die medizinische Anwendung der E-Card sein. Dazu gehört auch die Speicherung von Notfalldaten. Die Verantwortung dafür trägt der Hausarzt. Doch was passiert, wenn der Nutzer seine Daten gar nicht auf der Karte gespeichert haben will? Und wer trägt die Kosten für die Herstellung kompatibler Systeme? Diese Fragen bleiben zunächst ungeklärt. Auch andere Fragen sind noch nicht beantwortet, etwa wie viel Fernbehandlung unter Mithilfe telemedizinischer Maßnahmen eigentlich erlaubt sein soll. Zwar bleibt die ausschließliche Fernbehandlung weiterhin erlaubt, der klassische Hausbesuch wird auch in Zukunft zum Alltag von Hausärzten und Patienten dazugehören. Am Ende bleibt es den Ärzten selbst überlassen, welchen Anteil sie der Behandlung von Angesicht zu Angesicht, am eigenen PC-Bildschirm oder im gesicherten Audio-Video-Kontakt zuweisen wollen. Abgesehen von der Datensicherheit spielt auch die Frage eine Rolle, wie viele Ärzte und welcher Arzt zu welcher Zeit mit dem Patienten kommunizieren wollen oder muss. Davon abhängig ist schließlich die Entwicklung spezieller medizintechnischer Produkte und Technologien, ganz abgesehen von der Einbettung in die Alltagspraxis. Denn Telemedizin und eHealth müssten künftig viel stärker in der Ausbildung von Medizinern und Krankenpflegern eingebunden werden.

Problem Datenschutz

Titelstory_eHealthDie absolute Grundlage der Akzeptanz von eHealth-Anwendungen bleibt jedoch der vertrauenswürdige und sichere Umgang mit sensiblen Gesundheitsdaten. Allerdings ist laut PwC eine Verschlüsselung von Patientendaten nur in rund 40% der Krankenhäuser in Deutschland üblich. Nur in jedem vierten Krankenhaus werden die Daten, neben der üblichen Eingabe eines Passworts, durch eine digitale Signatur zusätzlich geschützt. Auch ist eine schnelle Wiederherstellung verlorengegangener Daten nach einem Ausfall der IT-Systeme keineswegs sichergestellt. Über eine entsprechende Notfallstrategie verfügen in Deutschland nur gut 80% der Krankenhäuser, in Europa sind es knapp 75%. In jeder dritten deutschen Klinik können verloren gegangene Patientendaten nach einem Systemausfall erst 24 Stunden später wieder hergestellt werden. Über ein redundantes Datensicherungssystem verfügen demnach nur 20% der Kliniken in Deutschland. Allgemein gibt es denn auch wenig Anzeichen dafür, dass die Krankenhäuser künftig schnellere Fortschritte bei der grundlegenden Digitalisierung machen. Nur die Hälfte der Einrichtungen verfügt überhaupt über eine eigene IT-Strategie. Dabei ist nicht nur die Technologisierung selbst ein Problem, auch finanzielle Fragen bleiben oftmals unbeantwortet. Nur jedes vierte Haus bekommt öffentliche Zuschüsse, um Digitalisierung und Vernetzung voranzutreiben. Private Investoren werden händeringend gesucht, doch würde dies wohl nicht ohne Auswirkungen auf das gesamte Gesundheitswesen bleiben. Telemedizin, eHealth, Digitalisierung & Co.: Dem Betrachter bietet sich ein Krake mit vielen Armen.

Fazit

eHealth und Telemedizin bahnen sich ihren Weg. Sich der zunehmenden Digitalisierung in der Versorgung von Patienten zu verschließen, gilt unter Experten als geradezu anachronistisch. Doch bleiben viele Fragen ungeklärt: Ob Datenschutz oder Kompatibilität, die Fähigkeit zum Umgang mit komplexen Systemen oder schlichtweg die Finanzierung neuer Technologien, Produkte und ganzer Strategien, so sehr die Einführung neuer eHealth-Maßnahmen die Hilfe Betroffener oder die Kommunikation innerhalb der Ärzteschaft verbessern kann, mit einem speziellen Gesetz allein wird es nicht getan sein. Allerdings kann ein klarer rechtlicher Rahmen ohne Zweifel dazu beitragen, Planungssicherheit hinsichtlich Qualitätsstandards in der Technologieentwicklung sowie in der Ausbildung von Ärzten und Pflegern und natürlich in der Finanzierung zu geben. Denn die Medizintechnik bleibt eine Zukunftsindustrie mit viel Potenzial. Fast jeder achte Erwerbstätige in Deutschland arbeitet im Gesundheitswesen. Unternehmen und Investoren sitzen in den Startlöchern, nun muss die Politik das Signal geben. Nicht nur in Deutschland.

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