Als weitere Börsenplätze kamen London, Zürich und die Euronext in Frage. Es stellte sich sehr rasch eine Präferenz für die Euronext in Amsterdam und Brüssel heraus. Dort hatte es dank eines robusten, positiven Umfelds in den letzten Jahren regelmäßig erfolgreiche Börsengänge im Biotechnologie-Segment gegeben.

Unsere Entscheidung war absolut richtig. Euronext war sehr engagiert, hat uns ausgezeichnet beraten und uns jede

Unyvero Hardware Komponenten. Foto: Curetis.
Unyvero Hardware Komponenten. Foto: Curetis.

erdenkliche Unterstützung gegeben, damit der Börsengang reibungslos ablaufen konnte. Auch die niederländischen Behörden waren sehr kooperativ, z. B. bei der Gründung der nach dem niederländischen Handelsrecht erforderlichen Curetis N.V. Am 11. November 2015 wurde Curetis erstmals an der Euronext Amsterdam und Brüssel gelistet. Dass deutlich mehr Kapital eingeworben wurde als geplant, spricht für den Börsenplatz und die Unternehmensstory, die in Zeiten bedrohlich zunehmender Antibiotikaresistenzen einen Nerv getroffen hat.

Gelungene Transaktion trotz Hindernissen
Dennoch war der Börsengang kein Spaziergang: der Aufwand war beträchtlich und erforderte ein robustes Nervenkostüm. Im September 2015 beispielsweise schickte US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton durch einen legendär gewordenen Tweet den Nasdaq Biotechnology Index auf Talfahrt. Sie hatte geschrieben, der „Preistreiberei“ am Markt für Spezialmedikamente müsse ein Ende gesetzt werden. In den Wochen vor dem geplanten Termin kam erneut Nervosität auf, als in Europa geplante IPOs von anderen Biotechnologieunternehmen abgesagt wurden.

In dieser Situation half die Unterstützung durch erfahrene Berater und das starke Syndikat von Investmentbanken: RBC aus London, DeGroof Petercam aus Brüssel und ICF Bank AG aus Frankfurt. Dort genossen wir vom ersten bis zum letzten Tag oberste Priorität und arbeiteten mit einem engagierten, konstruktiven Team.

Die Herausforderung bestand darin, einen Deal zu strukturieren, der realistisch genug war, um erfolgreich zu sein, aber gleichzeitig nach oben genug Spielraum für Fantasie ließ. Das gelang mit einer Transaktion, deren Orderbuch deutlich überzeichnet war. Sie blieb innerhalb der ursprünglichen Preisspanne, brachte aber inklusive Greenshoe 44,3 Mio. € und damit weit mehr als die angestrebten 29,3 Mio. € ein. Erfreulich war auch, dass die Aktie sich unmittelbar nach dem IPO um gut 10% nach oben entwickelte.

Auch gelang es, eine gesunde und solide Aktionärsstruktur zu erreichen – wenige Retail-Investoren, aber etwa 30 neue institutionelle Investoren, Family Offices und vermögende Einzelpersonen aus Deutschland, Benelux, Frankreich, Großbritannien, der Schweiz, Skandinavien und den USA. Neben Roche und Qiagen beteiligte sich auch Stratec als Aktionär.

Der Weg nach vorne
Für das Unternehmen bedeutete der Börsengang eine Zäsur. Wir müssen jetzt hohe Anforderungen hinsichtlich Transparenz, Berichtspflichten usw. erfüllen und werden viel kritischer beurteilt und an anderen Maßstäben gemessen als ein privates Unternehmen. Dennoch glaube ich, dass der Börsengang der richtige Weg war, um Curetis auf eine solide finanzielle Grundlage zu stellen, Wachstum zu ermöglichen und die Weichen für einen nachhaltigen Erfolg zu stellen. Dazu trägt sicher auch bei, dass wir beim Börsengang realistische Ziele formuliert haben und diese bislang Punkt für Punkt wie geplant erreichen konnten. Der Kapitalzufluss ermöglicht uns jetzt auch den Aufbau einer Vertriebs- und Marketing-Organisation in den USA, in UK, Frankreich und BeNeLux und den beschleunigten Ausbau der Produkt-Pipeline.

Über den Autor

Oliver Schacht ist seit 2011 CEO der Curetis und ein Experte in der Diagnostikbranche mit einer langjährigen Laufbahn bei der Epigenomics AG (1998-2011).

Autor/Autorin