Es gibt Erfolgsbeispiele!
In ihren Heimatländern profitieren Fonds aus den USA, Frankreich oder den BeNeLux-Staaten von steuerlichen Vorteilen oder dem Engagement finanzstarker Ankerinvestoren, wie Rentenkassen und Pensionsfonds. Davon profitieren schon heute auch deutsche Start-ups, doch es bleiben Einzelfälle, die für Aufsehen sorgen. So notierte etwa die Hallenser Probiodrug im Oktober vergangenen Jahres erfolgreich an der Amsterdamer Börse, neben TVM auch von ausländischen VC-Gebern wie Edmond de Rothschild oder Life Sciences Partners finanziert. Auch andere Fonds aus der Schweiz, wie Indes Ventures, BioMed Partners oder HBM Healthcare haben in der Vergangenheit immer wieder in deutsche Firmen investiert. Letztere waren ebenfalls an Probiodrug beteiligt. Die ausgezeichnete Technologiebasis in Deutschland sowie der gut ausgebildete Ingenieur- und Managementpool überzeugen schon heute jenseits der Landesgrenzen. Und mit Einrichtungen wie dem German Life Sciences Accelerator in Boston können sich deutsche Start-ups praktisch vor Ort präsentieren.

Innovation schlägt Gesetzesvorhaben
Andererseits, warum sollten sich gerade die kapitalstarken US-Fonds verstärkt in der deutschen Life Sciences-Szene engagieren? „Eine gute Frage“, entgegnet Hanns-Peter Wiese, „auch und gerade in Anbetracht der unvergleichlich besseren Möglichkeiten, etwa Folgefinanzierungen und Exits per Börsengang durchzuführen.“ Natürlich können auch deutsche Start-ups mit innovativen Technologien überzeugen, es kommt eben auf die Einzigartigkeit an. Und im Zweifelsfall können US-Fonds die Suche nach lukrativen Investmentmöglichkeiten hierzulande doch etwas entspannter angehen, scheint der Wettbewerb in Deutschland doch weniger hart und die Bewertungen zuweilen niedriger als im Land der unbegrenzten Hoffnungen. Um den Zuzug ausländischer Kapitalgeber zu fördern ertönt schon lange der Ruf nach steuerlichen Erleichterungen und dem Abbau rechtlicher Hürden. Gimv-Partner Karl Nägler sieht allerdings noch andere Notwendigkeiten. „Anders als in den USA sind in Deutschland viele Firmenbeiräte oder Aufsichtsräte dem Thema Venture Capital eher abgeneigt.“ Der berühmte und gleichfalls berüchtigte Mentalitätsunterschied und die damit verbundene weniger stark ausgeprägte Risikobereitschaft deutscher Entscheider bleibt also ein Thema. Dabei wäre es vorteilhaft, bei der Besetzung von Aufsichtsräten das internationale Netzwerk, insbesondere in Richtung der US-Investorenszene zu beachten – auch bei Start-ups. „Es braucht einen starken lokalen Lead-Investor, der für sein Portfolio die nötigen Kontakte zu ausländischen Investoren knüpfen oder selbst im Ausland gegenüber potenziellen ausländischen Co-Investoren als Referenz für hochwertige Investments dienen kann“, ergänzt Nägler. „Hier könnte man noch einiges verbessern.“

Fazit
Der Mangel an Risikokapital im deutschen Life Sciences-Bereich ist ein altbekanntes Thema. Betroffene Unternehmen und Investoren tun gut daran, ihre Blicke jenseits der Landesgrenzen schweifen zu lassen und auch den Gang über den Atlantik nicht zu scheuen. Der Ruf nach einer besseren Gesetzgebung für Eigenkapitalgeber und Risikofinanzierer allein wird nicht ausreichen und ohnehin mahlen die Mühlen der Politik sehr langsam. Doch wer sich offen gegenüber fremdsprachigen Kapitalgebern präsentiert, wird in der Regel auch fündig. „Die beste Attraktion für ausländische Investoren sich hierzulande zu engagieren, bestünde in einer lebendigen deutschen VC-Industrie und vor allem der Möglichkeit, deutsche Beteiligungen auch an einem deutschen Finanzplatz an die Börse bringen zu können“, sagt Hanns-Peter Wiese abschließen. „Hierzu sind eine Reihe von Bedingungen erforderlich, die hinreichend bekannt sind und schon seit Jahren diskutiert werden.“

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