Strategien für das Konfliktmanagement

Erfährt die Gesellschaft von der Absicht eines Aktionärs bzw. mehrerer Aktionäre, die Hauptversammlung mit dem Thema „Sonderprüfung“ zu befassen, bedarf es einer passenden Strategie für den Umgang mit dem Anliegen dieser Aktionäre. Dabei ist vor allem der Hintergrund des Anliegens genau zu hinterfragen. Hat der angekündigte oder zu erwartende Antrag seinen Grund in einer Auseinandersetzung unter Aktionären, wird die Strategie in der Regel eine andere sein als in jenen Fällen, in denen es um eine intensivierte Aufarbeitung von Sachverhalten geht, mit welchen Vorstand und Aufsichtsrat ohnehin schon befasst sind.

Übergang zur freiwilligen Prüfung

Generell wird sich die Gesellschaft immer die Frage stellen müssen, ob die Befassung der Hauptversammlung mit dem Thema Sonderprüfung verhindert werden kann. Verbreitet ist dabei der Ansatz, das von den Aktionären als Gegenstand der Sonderprüfung identifizierte Thema selbst aufzugreifen und gegebenenfalls im Rahmen einer freiwilligen oder informellen Sonderprüfung durch einen externen Sachverständigen prüfen zu lassen. Aus Sicht der Gesellschaft hat diese Vorgehensweise zahlreiche Vorteile: So behält die Gesellschaft Einfluss auf den konkreten Inhalt und Umfang der Sonderprüfung. Unter Umständen kann sie sogar Einfluss auf die Person des Sonderprüfers nehmen. Schließlich gibt es bei der freiwilligen Sonderprüfung keinen Zwang zur Veröffentlichung des Berichts des Sonderprüfers. Aus Sicht der an der Aufklärung interessierten Aktionäre hat die Vorgehensweise ebenfalls Vorteile. Insbesondere vermeiden sie den in vielen Fällen im Raum stehenden Vorwurf, dass sie der Gesellschaft durch die Herstellung einer breiten Öffentlichkeit mehr Schaden zufügen, als bei den Aktionären Nutzen zu stiften.

Konfliktverteidigung“

Aggressivere Strategien setzen darauf, dass der Antrag auf Bestellung eines Sonderprüfers in der Hauptversammlung keine Mehrheit erhält. Möglicherweise kann die Gesellschaft dann aus einer stärkeren Position heraus Gespräche über eine freiwillige Prüfung führen. Oder die Gesellschaft setzt darauf, dass die den Antrag betreibenden Aktionäre nach der Hauptversammlung nicht weiterverfolgen oder nicht erfolgreich weiterverfolgen können. Den Aktionären steht bei Ablehnung ihres Antrags in der Hauptversammlung zwar die Möglichkeit offen, die Bestellung eines Sonderprüfers durch ein Gericht zu erwirken, und das Quorum für die Antragsberechtigung ist mit 1% des Grundkapitals bzw. einem anteiligen Betrag des Grundkapitals in Höhe von 100.000,00 EUR nicht mehr sehr hoch (§ 142 Abs. 2 Satz 1 AktG). Allerdings müssen die Aktionäre im gerichtlichen Verfahren konkrete Tatsachen darlegen, die den Verdacht rechtfertigen, dass bei einem Vorgang Unredlichkeiten oder grobe Verletzungen des Gesetzes oder der Satzung vorgekommen sind, und das Gericht wird dem Antrag auch nur stattgeben, wenn es sich von der Richtigkeit dieser Tatsachen überzeugt hat. Diese Hürden und das mit dem Antrag einhergehende Kostenrisiko wirken zulasten der Aktionäre.

Der Sonderprüfungsantrag in der Hauptversammlung

Gelangt der Antrag auf Bestellung eines Sonderprüfers auf die Tagesordnung oder wird der Antrag als Ad-hoc-Antrag zu einem anderen Tagesordnungspunkt gestellt, muss der Versammlungsleiter den Antrag in der Regel zur Abstimmung stellen. Ablehnen kann er dies nur, wenn der Antrag in formeller oder inhaltlicher Hinsicht nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Dies ist bei Sonderprüfungsanträgen immer wieder der Fall. Beispiele sind hier die fehlende Bestimmtheit hinsichtlich des Prüfungsgegenstandes oder der Person des Sonderprüfers.

Nicht abschließend geklärt ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen ungeschriebene Schranken des Antragsrechts greifen können, ob also z.B. eine bereits eingeleitete freiwillige Prüfung den erneuten Antrag als unverhältnismäßig oder gar rechtsmissbräuchlich erscheinen lässt oder ob unverhältnismäßig aufwendige Prüfungen rechtmäßig sind.

Besonders zu beachten sind die für Beschlüsse über die Bestellung von Sonderprüfern geltenden erweiterten Stimmverbote des § 142 Abs. 1 S. 2 AktG. Steht der Sonderprüfungsantrag im Zusammenhang mit der Entlastung eines Organmitglieds oder wird die Prüfung mit Blick auf die Einleitung eines Rechtsstreits zwischen Gesellschaft und einem Organmitglied beantragt, darf keines der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats für sich oder andere mitstimmen.

Fazit

Sonderprüfungsanträge können mit Ankündigung oder ad-hoc in der Hauptversammlung auf die Gesellschaft zukommen. Wegen der Tragweite einer Sonderprüfung ist die (auch vorsorgliche) Vorbereitung auf solche Anträge entscheidend für die Erfolgsaussichten etwaiger Gegen- oder Alternativmaßnahmen.

Dr. Thomas Zwissler ist Rechtsanwalt und Partner bei ZIRNGIBL Rechtsanwälte Partnerschaft mbB.

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