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Seit den 1990er-Jahren ist der Anmeldeprozess für Inhaberaktien zur Hauptversammlung für die Aktionäre weit­gehend unverändert. Digitale Elemente, die den Anmeldeprozess bei Namensaktien in den vergangenen Jahren deutlich modernisiert haben, sind nur vereinzelt zu finden. Wesentlicher Grund für diese auseinanderlaufende ­Entwicklung ist, dass im Gegensatz zu Namensaktien die Gesellschaft keine direkte Kommunikation mit dem ­Aktionär anstoßen kann, sondern den Umweg über das depotführende Kreditinstitut des Aktionärs gehen muss. Von Bernhard Orlik

Der Anmeldeprozess gestaltet sich bei Inhaberaktien derzeit wie folgt: Nachdem das Kreditinstitut von der Einberufung der HV Kenntnis bekommen hat, müssen alle Aktio­näre, welche die fragliche Aktie im ­Depot liegen haben, informiert werden. Dies geschieht zum Teil noch klassisch per Postbrief, oder der Aktionär wird elektronisch, z.B. per E-Mail oder über den elektronischen Briefkasten der Bank, informiert.

Will der Aktionär nun seine Rechte – unter anderem persönliche Teilnahme mit Rede- und Fragerecht, Stimmabgabe im Wege der Briefwahl oder durch Vollmachts- und Weisungserteilung an den Stimmrechtsvertreter der Gesellschaft – im Rahmen der HV ausüben, so muss er dies dem Kreditinstitut mitteilen. Dies muss zum Teil postalisch erfolgen, oder aber die Bank bietet über die Depotverwaltung ein geeignetes Internetportal an. Anschließend meldet die Bank den Aktionär unter Nachweis des Anteilsbesitzes zum Record Date bei der Anmeldestelle der Gesellschaft an. Dies geschieht meist elektronisch, worau­hin die Anmeldestelle die Anmeldebestätigung bzw. Eintrittskarte ausstellt.

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Da im derzeitigen Verfahren nur die postalische Anschrift des Aktionärs, nicht aber ­eine elektronische Kontaktadresse übermittelt wird, muss die ausgedruckte Anmeldebestätigung bzw. Eintrittskarte per Brief entweder direkt an den Aktionär oder zur Weiterleitung an den Aktionär an die anfordernde Bank gesendet werden. Erst wenn der Aktionär die Anmeldebestätigung in Händen hält, kann er sich z.B. in ein Internetportal der Gesellschaft einwählen und dort Möglichkeiten wie Briefwahl, Vollmacht an Stimmrechtsvertreter etc. nutzen.

Es versteht sich von selbst, dass dieses Verfahren zeitaufwendig ist und einige Aktio­näre – vermutlich insbesondere die jüngeren – dadurch eher von der Wahrnehmung ihrer Aktionärsrechte abgeschreckt werden. Der Vorschlag, wie z.B. in Österreich, auf den Versand der Anmeldebestätigung zu verzichten, überzeugt nicht. Zum einen bekommen die Aktionäre dann ihre Zugangsdaten für das Internetportal der Gesellschaft nicht „ins Haus geliefert“, sondern müssten diese nach geeigneter Identifikation bei der Gesellschaft erfragen, zum anderen wird der Registra­tionsprozess am Tag der HV ohne Eintrittskarte zeitaufwendiger.

Ideen zur Verbesserung

Sofern die depotführende Bank der Anmelde­stelle eine elektronische Kommunikationsadresse (z.B. E-Mail) des Aktionärs mitliefern würde, könnte der Versand der Anmeldebestätigung elektronisch direkt an den Aktionär vorgenommen und damit ein Postlauf sowie das Ausdrucken des Formulars vermieden werden. Des Öfteren werden ­Datenschutzgründe genannt, die eine Weitergabe der elektronischen Kommunikationsadresse unterbinden. Aus Sicht des ­Autors überzeugt dieses Argument nicht. Durch eine geeignete Anpassung der Vereinbarung der Bank mit dem Depotkunden würde sich dieses Problem lösen lassen. Es sei nur daran erinnert, dass der § 67 Abs. 1 AktG verpflichtend den Eintrag einer „elektronischen Adresse“ des Aktionärs in das ­Aktienregister fordert, und auch der Offenlegungsdatensatz bei der Aktionärsidentifikation nach EU-DVO 2018/1212 (SRD II) verlangt die Angabe einer E-Mail des Aktionärs zumindest als Option.

Bernhard Orlik auf der BeingPublic Conference 2025.

Sollte der elektronische Versand der Anmeldebestätigung/Eintrittskarte umgesetzt werden, müsste noch geklärt werden, in welcher Form und im Rahmen welchen ­Datensatzes die elektronische Adresse ­zwischen Depotbank und Anmeldestelle ausgetauscht wird. Weder die Schnittstellenbeschreibung von DAMBA (Datenaustausch mit Banken – beschreibt die Datenaustauschschnittstelle zwischen depotführender Bank und Anmeldestelle) noch Tab. 5 (Anmeldung) der EU-DVO sehen ein entsprechendes Datenfeld vor.

Nachweis des Anteilsbesitzes

Ein weiterer Ansatz zur Modernisierung des Anmeldeprozesses bietet sich beim Nachweis des Anteilsbesitzes. Die Bank könnte ­jedem Aktionär, der am Record Date die fragliche Aktie im Depot hat, einen Nachweis des Anteilsbesitzes, der sich in Inhalt und Form an der „Bestätigung der Berechtigung“ (Tab. 5) der EU-DVO orientiert, ausstellen und postalisch oder elektronisch übermitteln. Parallel beauftragt die Gesellschaft eine Aktionärsidentifikation nach EU-DVO, welche die ­Bestände zum Record Date offenlegt.

Dieser Artikel ist im neuen HV Magazin 2/2025 „ESG – Der neue Umgang mit der Nachaltigkeit“ erschienen.

Die Anmeldestelle der Gesellschaft bietet den Aktionären nun ein Internetportal an, in welches die Aktionäre den von ihrer Bank erhaltenen Nachweis des Anteils­besitzes hochladen oder die benötigten Daten manuell übertragen. Dieser Vorgang kann als Anmeldung im aktienrechtlichen Sinn angesehen werden.

Durch Abgleich der vom Aktionär übermittelten Daten mit den Offenlegungsdaten der Aktionärsidentifikation können die ­Angaben des Aktionärs weitgehend automatisiert geprüft werden. Dies kann einfach und sicher über das Feld „Eindeutige Kennung des Aktionärs“ erfolgen.

Mit etwas Aufwand ließe sich der Anmeldeprozess digitaler gestalten.

Sind die Daten überprüft, werden dem Aktionär alle Funktionen im Internetportal der ­Anmeldestelle freigeschaltet. Er kann sich ­also selbst eine Eintrittskarte/Anmelde­bestätigung anfordern und ausdrucken oder als elektronisches Dokument senden lassen. Ebenso kann er sein Stimmrecht im Wege der Briefwahl ausüben, den Stimmrechtsvertreter der Gesellschaft Vollmacht und Weisung geben oder einen Dritten bevollmächtigen. Nach Freischaltung des Aktionärs ist das Prozedere für den Aktionär faktisch identisch zum Verfahren bei Namensaktien.

Mehrere Voraussetzungen nötig

Allerdings müssten noch einige Voraussetzungen geschaffen werden, damit das geschilderte Verfahren umgesetzt werden kann. Zum einen ist die Aktionärsidentifikation in Deutschland nur für börsen­notierte Gesellschaften vorgesehen – im Freiverkehr notierte Unternehmen müssten somit auf dieses Verfahren verzichten. In anderen Ländern (z.B. Frankreich) existiert diese Unterscheidung nicht, sodass wohl auch der deutsche Gesetzgeber die Möglichkeit der Aktionärsidentifikation ausdehnen könnte.

Am 4. April 2025 ist die neue Kostenverordnung für den Ersatz von Aufwendungen der Intermediäre in Kraft getreten. Die dort für die Aktionärsidentifikation vorgesehenen Kostenerstattungen könnten insbesondere für kleinere Gesellschaften das beschriebene Verfahren unattraktiv erscheinen lassen.

Dieser Artikel ist im neuen HV Magazin 2/2025 „ESG – Der neue Umgang mit der Nachaltigkeit“ erschienen.

Letztlich: Die Banken müssten ihre Verfahren für die Übersendung von HV-Informationen an ihre Depotkunden anpassen. Da die benötigten Angaben im Rahmen des bislang verwendeten HV-Anmeldeprozesses für Inhaberaktien bereits verwendet wurden, sollte dies mit vertretbarem Aufwand umgesetzt werden können.

Fazit

Der aktuelle Anmeldeprozess für Inhaberaktien ist fraglos nicht mehr zeitgemäß. Mit etwas Aufwand ließe sich der Prozess digitaler gestalten. Dies würde dem Aktionär ­eine raschere und selbstbestimmtere Anmeldung ermöglichen. Durch Verzicht auf Ausdrucke und postalischen Versand wäre dieser Prozess zudem umweltfreundlicher.

Autor/Autorin

Bernhard Orlik
Vorstand at  | Website

Bernhard Orlik begleitet seit 1995 Hauptversammlungen. Zunächst nur in Deutschland, erwarb er sich auch anerkannte HV-Expertise in Österreich und Luxemburg. Er hat zahlreiche DAX- und ATX-Werte bei einfachen und problematischen Hauptversammlungen beraten. Neben der organisatorisch-technischen Begleitung der Hauptversammlung leitete Bernhard Orlik ein Vielzahl von Versammlungen auch als externer Versammlungsleiter.
Er publiziert regelmäßig zu aktuellen Hauptversammlungsthemen und ist Referent bei Fachseminaren. Vor seiner Vorstandstätigkeit bei der HCE Consult AG war Bernhard Orlik im verantwortlichen Management bei der HCE Haubrok AG, der Link Market Services GmbH und zuletzt als Head of Client Services bei Computershare Deutschland.