Die im niedersächsischen Bad Rothenfelde ansässige Unternehmensgruppe firmierte bis vor wenigen Jahren als „Stockmeyer Verwaltungs AG“ – ein Hinweis auf die Ursprünge des Unternehmens, das einmal als „Westfälische Wurst- und Fleischwarenfabrik Stockmeyer“ entstand. Mittlerweile erzielt das Unternehmen – auch dank einer im Lebensmittelsektor fast branchentypischen Akquisitionspolitik – einen Umsatz von über 1,6 Mrd. Euro. Zu den Geschäftsfeldern gehören neben Fleisch- und Wurstwaren auch Feinkost, Tiernahrung und der Bereich „Groß- und Außenhandel“. Trotz des deutlichen Wachstums auch während der letzten Jahre ist die Unternehmensgruppe weiterhin ein reines Familienunternehmen, das mittlerweile in der dritten Generation geführt wird.

Gründung vor dem ersten Weltkrieg
Bereits 1913 gründete das Ehepaar Stockmeyer in Versmold eine gleichnamige Wurst- und Fleischwarenfabrik. Die Kinder der Gründer führten das Unternehmen bis in die späten 70er Jahre, wobei man die Fabrik bereits 1970 als Unternehmensgruppe in Form einer Familien-AG umwandelte. Mitte der 70er Jahre erreichte man einen Umsatz von 80 Mio. Euro. Seit 1979 wird Stockmeyer durch die nunmehr dritte Familiengeneration geführt: Heinrich W. Risken begann in den Folgejahren eine bis zum heutigen Zeitpunkt andauernde Expansionspolitik – diverse Marken und Geschäftsbereiche wurden hinzugekauft; über 60% der Umsätze werden mit Handelsmarken generiert. Entsprechend erfolgte auch die Umfirmierung als Heristo AG analog zum Namen des Geschäftsführers im Jahr 2005, da „Stockmeyer“ mittlerweile nur noch eine von diversen Marken des Konzerns war.

Vier Sparten verschiedenster Ausprägung
Die Geschäftstätigkeit der Heristo AG gliedert sich in vier Geschäftsbereiche. Dem Verbraucher am vertrautesten ist die Sparte „Feinkost und Fertiggerichte“, in der Marken wie Appel (Fischkonserven und Feinkost) oder Buss (Fertiggerichte), aber auch eine polnische Marke (Excelsior) vertreten sind. Ebenso dürfen dem Kunden Marken aus dem Geschäftsbereich „Fleischveredelung“ wie Stockmeyer oder ProVital geläufig sein. Die weiteren Geschäftsbereiche umfassen die Bereiche Groß- und Außenhandel sowie Tiernahrung, in denen Heristo über die „Saturn Petfood“ als Hersteller von Handelsmarken (Animonda- Hunde- und Katzenfutter, Hikari-Fischfutter) vertreten ist. Innerhalb der Gruppe während der letzten Jahre am stärksten gewachsen und mit 40% am Gesamtumsatz beteiligt (2007) ist dabei der Handelsbereich („conSup convenient supplies“). Dies ist auch eine Folge von Akquisitionen wie die der Fleischimport Gesellschaft Gottfried Kurth & Co. GmbH (Köln).

Ruhe im Außenauftritt
Gemessen an der Bedeutung eines mit ca. 3.400 Mitarbeitern großen deutschen Unternehmens der Nahrungsmittelindustrie, das allein zwischen 2003 und 2007 seinen Umsatz von 968 Mio. Euro auf 1.572 Mio. Euro steigern konnte, ist das Unternehmen in der Öffentlichkeit vergleichsweise unbekannt. Dies liegt zum Teil an der Unternehmenspolitik, bei Marketingmaßnahmen wie Sponsoring mit den Handelsmarken, aber nicht mit dem Konzernnamen in Erscheinung zu treten. So prangt auf Trikots von unterstützten Handballvereinen das Logo der Appel Feinkost GmbH. Auch eine vom Unternehmen 1995 ins Leben gerufene Stiftung („Heinrich-Stockmeyer-Stiftung“), die sich der Förderung der wissenschaftlichen Lebensmittelforschung verschrieben hat, weist vom Namen her nicht auf die Heristo AG hin. Ein weiterer Grund für die Unbekanntheit der Heristo AG ist in der verschachtelten Struktur der Unternehmensgruppe zu suchen. So weist die Beteiligungsliste für das Jahr 2007 allein 51 konsolidierte verbundene Unternehmen, 13 nicht konsolidierte verbundene Unternehmen und sieben Beteiligungen aus. Die Unternehmen sind dabei vorwiegend in Deutschland, aber auch in den Niederlanden und Polen ansässig.

Krisensicheres Geschäft?
Während der Umsatz 2007 im Vergleich zum Vorjahr um 19% zulegte, sank der Jahresüberschuss von 38 auf 26 Mio. Euro. Für 2008 vermeldet die Unternehmensgruppe erneut ein Umsatzplus von 6,5% (Gesamtumsatz 2008: 1,696 Mrd. Euro), wobei die größten Wachstumstreiber in den Bereichen Tiernahrung und Groß- und Außenhandelsaktivitäten zu finden sind. Angesichts der gegenwärtig schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen rechnet das Unternehmen selbst nur mit „eher moderatem Wachstum“, auch wenn Investitionen in Höhe von 40 Mio. Euro vor allem für die Geschäftsbereiche Tiernahrung und die Stockmeyer Gruppe im laufenden Geschäftsjahr eingeplant sind.

Fazit
Die Konzentration vieler ehemals selbstständiger Einzelmarken unter das Dach einer Holding bzw. eines Großkonzerns scheint im Lebensmittelbereich ein stärker als in anderen Branchen ausgeprägtes Geschäftsmodell zu sein. Dies ist zum Teil einem hohen Wettbewerbsdruck und vergleichsweise geringen Gewinnmargen, aber auch einer besseren Vertriebspolitik durch den Lebensmitteleinzelhandel geschuldet. Mit der Akquisitionspolitik der letzten Jahre vollzieht die Heristo AG im Kleinen das Geschäftsmodell von Großkonzernen wie Nestlé S.A., Danone oder Kraft Foods Inc., was dem Unternehmen auch ohne einen Börsengang gelang. Zwar ist man gegenwärtig auf den mitteleuropäischen Markt festgelegt, hat aber mit dem Bereich Tiernahrung eine Geschäftssparte mit Wachstumspotenzial im Portfolio und durch Diversifikation auf vier Geschäftsbereiche und mehr als 50 beteiligte Unternehmen auch einen passablen „Puffer“, um wirtschaftlich angespannte Zeiten erfolgreich zu meistern. Solange dies so bleibt, ist es auch unwahrscheinlich, dass die Eigentümerfamilie etwas am Status des Familienunternehmens ändern dürfte.

Von Jörg Müller

Der Beitrag erschien ursprünglich in der GoingPublic Ausgabe 08-09/09.

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