Christian Pfleger, Leiter Products & Services, EQS Group

Für die Zusteller der Post verliert die Geschäftsberichtssaison immer mehr ihren Schrecken. Die Zeiten, in denen die schwergewichtigen, mehrere hundert Seiten umfassenden Publikationen in hohen Stückzahlen versendet wurden, neigen sich anscheinend dem Ende zu. Die Unternehmen versuchen auch aus Kostengründen, die Auflage ihres Berichts zu reduzieren und die Informationen im Internet bereitzustellen. Denn immer mehr Stakeholder entdecken den Mehrwert der interaktiven Online-Geschäftsberichte. Erste Unternehmen sind sogar dazu übergegangen, vollständig auf eine vollumfassende gedruckte Form des Geschäftsberichtes zu verzichten. Zu den Vorreitern in dieser Hinsicht bei den börsennotierten Unternehmen gehört in Europa die Geberit AG. Das Schweizer Sanitärtechnik-Unternehmen trug damit in diesem Jahr erstmals der Tatsache Rechnung, dass Stakeholder für die Informationsgewinnung verstärkt auf das Internet setzen.

Geberit mit neuem Kommunikationskonzept

Geberit konzipierte den gesamten Geschäftsbericht 2011 von Grund auf als Online-Publikation, in die erstmalig auch die Nachhaltigkeitsberichterstattung integriert wurde. Mit der Online-Version kommt Geberit den Wünschen der Stakeholder nach: Eine einfache und übersichtliche Navigation, das leichte Auffinden der Inhalte über eine intelligente Suchfunktion, der Schnellzugriff zu populären Inhalten, interaktive Charts, Videos und Excel-Downloads bieten dem Leser einen deutlichen Mehrwert gegenüber der Druckversion. Abgerundet wird das Angebot mit einem interaktiven Kennzahlenvergleich und Verlinkungen auf externe Quellen für weiterführende Informationen.

Der Geschäftsbericht 2011 der Geberit AG wurde von Grund auf als Online-Version konzipiert. Quelle: EQS

Um allen Zielgruppen gerecht zu werden, veröffentlicht Geberit begleitend auch drei Print-Publikationen. Der Kurzbericht gibt auf 20 Seiten einen kompakten Überblick über das Geschäftsjahr, eine Broschüre liefert auf einen Blick die wichtigsten Fakten und Zahlen, und die großzügig bebilderte Jahreschronik richtet sich an Aktionäre und Investoren, die sich auch für den Unternehmensalltag interessieren.

Zukunft des gedruckten Geschäftsberichts

Das Feedback zur Kommunikationsstrategie war äußerst positiv und bestärkt Geberit darin, auch in Zukunft an dem neuen Konzept festzuhalten. Vor diesem Hintergrund stellt sich für andere börsennotierte Unternehmen nun natürlich die Frage: Brauchen wir überhaupt noch einen Print-Geschäftsbericht?

Ausgehend von den Publizitätsanforderungen ist ein gedruckter Geschäftsbericht in Deutschland nicht zwingend erforderlich. Dies gilt auch im Hinblick auf die Hauptversammlung, sofern die zugänglich zu machenden Unterlagen in gesonderter und reduzierter Weise gedruckt oder auf anderen Medien zur Verfügung gestellt werden. So gesehen könnten die Unternehmen also Zeit und Geld sparen. Andererseits hat die Druckversion noch ihre Berechtigung, auch wenn das Informationsverhalten sich geändert und das Internet bei der Mediennutzung klar die Nase vorne hat. Damit ist natürlich auch die Bedeutung der digitalen Version des Geschäftsberichts gestiegen. Der Printbericht wird immer mehr an den Rand drängt, steht damit allerdings noch nicht vor dem Aus, da die meisten Unternehmen sowohl eine Offline- als auch eine Online-Version erstellen. Allerdings werden die crossmedialen Potenziale dieser Koexistenz vielfach noch nicht konsequent genutzt. Der vollständige Verzicht auf den gedruckten Bericht fällt vielen Unternehmen noch schwer.

Im Publikationscenter haben die Stakeholder direkten Zugriff auf alle Dokumente eines Unternehmens. Quelle: EQS

Mobile Lösung: verschiedene Möglichkeiten

Die zunehmend mobile Nutzung des Internets stellt auch neue Anforderungen an die digitale Berichterstattung. Diese Entwicklung berücksichtigt Geberit mit der Optimierung des Online-Geschäftsberichts für das iPad. Die Vorteile liegen auf der Hand: Mit überschaubarem finanziellen und zeitlichen Aufwand gelingt mit dieser Lösung plattformunabhängig (sowohl iOS als auch Android) der Einstieg in die mobile Welt.

Die Alternative wäre eine reine Geschäftsberichts-App. Aber ein Blick in den Apple App-Store zeigt, dass sich diese Variante in Deutschland noch nicht durchgesetzt hat – vermutlich aus Kostengründen. Eine erheblich günstigere und noch dazu dauerhafte Lösung ist ein mobiles Publikations-Center, eine sogenannte Archiv App. Diese bietet zudem ein deutlich breiteres Spektrum. Stakeholder finden in diesem digitalen Bücherregal alle bereitgestellten Dokumente eines Unternehmens und haben jederzeit direkten Zugriff. Zudem werden sie sofort benachrichtigt, wenn neue Geschäfts-, Zwischen- und Nachhaltigkeitsberichte oder aber Präsentationen und Broschüren eingestellt werden. Die Umsetzung ist schnell realisiert, die Dokumente können pünktlich veröffentlicht werden und das IR-Budget wird geschont.

Fazit

Es führt kein Weg daran vorbei: Dem digitalen Geschäftsbericht gehört die Zukunft. Dabei wird es spannend sein zu beobachten, ob das langfristig dann tatsächlich auch das Aus für die Print-Version bedeutet. Die IR-Abteilungen stehen laufend vor der Aufgabe, ihre Kommunikationsstrategien zu prüfen und die entsprechenden Kanäle zu bedienen. Dies gilt nicht nur für die Publikation des Geschäftsberichts. Dabei muss jedes Unternehmen für sein Budget und seine Bedürfnisse die passende Lösung finden.

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