Torsten Fues, Geschäftsführer, Haubrok Corporate Events GmbH

Das Aktienrecht eröffnet Gesellschaften das Recht, dem Aktionär die Möglichkeit zur Teilnahme an der Hauptversammlung (HV) über das Internet einzuräumen. Das Besondere ist, dass die Teilnahme im Wege elektronischer Kommunikation unmittelbar erfolgt, d.h. ohne Anwesenheit am HV-Ort (Online-Teilnahme). Dies wird dann als „Online-HV“ bezeichnet.

Redundanz erforderlich

Bietet eine Gesellschaft die Online-Teilnahme an, unterliegt die Registration der Aktionäre besonderen Anforderungen. Unter anderem sind die Systeme redundant zu gestalten, um die Erreichbarkeit sicherzustellen.

Die Erfassung der Teilnehmer in der Versammlung vor Ort sowie die Online-Registration müssen ständig synchronisiert werden, um eine parallele Online-Teilnahme bei gleichzeitiger Präsenzteilnahme zu verhindern.

Ein solcher Fall kann z.B. eintreten, wenn der Aktionär einerseits persönlich zur HV kommt und sich ein Familienmitglied andererseits daheim mit den zugesandten individualisierten Daten des Aktionärs einloggen möchte. Eine weitere denkbare Gefahr der Doppelvertretung kann entstehen, wenn versucht wird, sich mit den gleichen Daten an verschiedenen Computern in die Online-HV einzuloggen. All dies muss zwingend unterbunden werden, sofern noch eine aktive Verbindung zur Online-HV besteht oder der Aktionär vor Ort anwesend ist.

Hierarchie der Vertretung

Formal ist eine Hierarchie der Vertretung festzulegen. Die persönliche Vertretung vor Ort in der Versammlung erhält üblicherweise die höchste Priorität und schließt die parallele Online-Teilnahme aus. Es ist notwendig, dies in den Teilnahmebedingungen eindeutig zu kommunizieren.

Konsequenz: Wenn sich jemand mit den Eintrittskartendaten sowie dem individuellen Zugangscode eines Aktionärs, die ihm mit der Eintrittskarte übersandt wurden, über das Internet zur Online-Teilnahme an der HV eingeloggt hat und der Aktionär (oder ein bevollmächtigter Vertreter) erscheint später persönlich zur HV und möchte sich registrieren lassen, dann wird am Registrationsrechner festgestellt, dass er bereits online anwesend ist. Damit dies sofort erfolgt, ist unbedingt der Einsatz eines Frontoffices zu empfehlen, bei dem die Registration am Registrationscounter unmittelbar durch Erfassung am vernetzten Computer erfolgt. Welche Lösungsmöglichkeit gibt es, wenn dieser Registrationskonflikt technisch festgestellt wurde? Der Online-Teilnehmer wird zwangsweise ausgeloggt und der Aktionär bzw. dessen Vertreter vor Ort präsent gemacht. Im Teilnehmerverzeichnis wird die Vertretungsänderung (Verlassen der Online-HV, Zugang bei der Präsenz-HV) dokumentiert und kann online sowie vor Ort nachvollzogen werden.

Es gibt auch Varianten, bei denen die technische Einbuchung in die Präsenzsysteme erst im Erfassungs-Backoffice erfolgt. Dadurch kann es zu der Situation kommen, dass erst nach dem Transport der Eintrittskarte in das Erfassungs-Backoffice, also damit nach der formalen Registration des Aktionärs am Registrationscounter und somit viel zu spät, bemerkt wird, dass der Aktionär bereits parallel online anwesend ist. Sollte ein kritischer Aktionär in einem solchen Fall dokumentieren, dass er durch den Tausch der Eintrittskarte gegen ein Stimmmedium (z.B. Stimmkarte oder Stimmkartenblock) zur Teilnahme vor Ort zugelassen wurde und mit diesem Stimmmedium versehen in der HV anwesend ist und zur gleichen Zeit online teilnimmt, stellt sich unmittelbar die Frage nach der möglichen Anfechtbarkeit der HV wegen einer Doppelvertretung von identischen Aktionärsrechten.

Wer ist wo persönlich oder online präsent? Das Unterbinden doppelter Anwesenheiten auf der HV setzt umfangreiche Erfahrungen des Dienstleisters voraus. Foto: Panthermedia/adchariya chanpipat

Online Sperrung bei Präsenz vor Ort

Es kann auch jemand versuchen, sich online einzuloggen, während die Eintrittskarte bereits vor Ort vertreten wird. Daher wird bei der Registration einer Eintrittskarte vor Ort die Online-Teilnahme dieser Eintrittskarte in der Datenbank gesperrt, ein Einloggen bei der Online-HV ist also unmöglich. Verlässt der Vertreter die HV, wird die Online-Teilnahmemöglichkeit wieder freigeschaltet, sofern er nicht einen anderen Vertreter vor Ort (z.B. den Stimmrechtsvertreter) bevollmächtigt hat.

Technisch werden verschiedene Sicherungsmechanismen zur Authentifizierung eingesetzt. Der Login über das Internet erfolgt über eine verschlüsselte Verbindung zum Server. Dazu wird eine neue Session (Sitzung) serverseitig erzeugt und mit den zugehörigen Nutzerdaten verknüpft. Solange die Session aktiv ist, ist die Nutzung der verwendeten Registrierungsdaten für jeden anderen Nutzer gesperrt, d h. niemand kann sich mit den gleichen Daten auf einem anderen Rechner in die Online-HV einloggen.

Was geschieht, wenn der Browser abstürzt oder die Verbindung des Rechners zum Internet gestört wird, somit also kein geordnetes Ausloggen erfolgt? In diesem Fall ist die Session bei dem für die Online-HV eingesetzten Server noch als aktiv registriert. In diesem Zusammenhang wird durch eine vordefinierte Lebenszeit der Session bestimmt, wie lange diese Verbindung noch als aktiv angesehen wird. Nach Ablauf der vordefinierten Zeit (z.B. 5 Minuten) wird die Session serverseitig gelöscht und der Benutzer wird automatisch ausgeloggt. Damit sind die Registrierungsdaten wieder für ein erneutes Einloggen freigegeben. Im Teilnehmerverzeichnis wird dieses (in dem Fall unfreiwillige) Verlassen der Online-HV dokumentiert.

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