Die falsche oder unvollständige Informationsdarstellung muss darüber hinaus „unvertretbar“ und geeignet sein, einen erheblichen Schaden für das Unternehmen, Gläubiger oder Anleger herbeizuführen. Diese beiden Elemente, die erst nach entsprechenden Forderungen im Gesetzes-Begutachtungsverfahren aufgenommen wurden, sollen eine Begrenzung der Strafbarkeit im Sinne einer Ultima-Ratio-Funktion gewährleisten. Das halten die Gesetzesmaterialien explizit fest.

Der Begriff der Unvertretbarkeit stellt nicht nur klar, dass Strafbarkeit nur gegeben sein kann, wenn außerhalb der zulässigen Bewertungs- und Ermessensspielräume agiert wird. Er enthält vor allem eine Vorsatzkomponente, die nach dem Willen des Gesetzgebers einer „Wissentlichkeit“ nahe kommt. Diese muss sich auf alle Elemente des Delikts beziehen, auch auf die geforderte „erhebliche Schadensneigung“.

Hohe Hürden
Damit werden die Hürden für die Strafbarkeit von Bilanzfehlern deutlich erhöht und geschärft: Der Vorstand muss im Rahmen der Abschlusserstellung eine Bilanzierungs- oder Bewertungsmethode wählen, die er „ex ante“ für „wesentlich“ falsch hält und sich dabei in diesem Zeitpunkt einer konkreten Gefahr eines erheblichen Schadens für die genannten Stakeholder bewusst sein oder diese jedenfalls in Kauf nehmen.

Wenn auch die notwendige Ausprägung der Schädigungsgefahr im Justizausschuss des Nationalrats noch von „schwerwiegend“ auf „erheblich“ abgemildert wurde, bildet der erforderliche Nachweis der qualifizierten Schadensneigung sicherlich eine hohe Strafbarkeitshürde.

Der beabsichtigten „Beschränkung auf das wirklich Strafwürdige“ ist man damit grundsätzlich sicherlich deutlich näher gekommen. Die unbestimmten Gesetzesbegriffe lassen trotzdem naturgemäß noch Raum für Interpretationen. Damit diese von Gutachtern und Gerichten in der Praxis auch im Sinne der Reform ausgelegt werden, hat der zuständige Justizminister nunmehr die Veröffentlichung eines Durchführungserlasses angekündigt.

Während die Reform des Bilanzfälschungs-Tatbestands die Rechtssicherheit wesentlich verbessert und das Risiko unnötiger krimineller Verfolgung weitgehend reduziert, ist der Gesetzgeber beim neuen Konzept der „tätigen Reue“ diesen Wünschen nicht entgegen gekommen.

Nach dem Prinzip der „tätigen Reue“ soll nicht bestraft werden, wer freiwillig falsche Angaben richtig stellt oder unvollständige Angaben nachträgt. Damit wäre ein starker Anreiz für Fehlerberichtigungen („Restatements“) gegeben. Dies hat der Gesetzgeber auch eingeräumt. Aber unter Hinweis auf die weitreichenden wirtschaftlichen Folgen der Disposition hat er sich nicht dazu durchringen können, für Bilanzierungsfehler eine tätige Reue durch Berichtigung zuzulassen. Im Hinblick auf die davon unabhängige zivilrechtliche Verfolgung von Ansprüchen ist dies nicht ganz verständlich.

Fazit
Der Fehlerberichtigung im Rahmen von Enforcement-Verfahren ist jedenfalls keine strafbefreiende Wirkung beschieden. Die Verpflichtung zur Veröffentlichung von Bilanzfehlern bewirkt (weiterhin) das Gegenteil: die Vorstände kapitalmarktorientierter Unternehmen sind dadurch grundsätzlich einer strafgerichtlichen Verfolgung ausgesetzt. Auch wenn dieses Risiko durch die Präzisierung und Reform des „Bilanzfälschungsdelikts“ deutlich reduziert wurde.

Mag. Klemens Eiter, WP/StB, ist Partner und Leiter Competence Center IFRS der BDO Austria; er ist Enforcement-Spezialist und ist u.a. Mitglied des Austrian Financial Reporting Committee (AFRAC).

Der Beitrag erschien zuerst im GoingPublic Magazin Special „Kapitalmarkt Österreich 2015“

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