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Auf Hauptversammlungen treffen sich Investoren, um sich vom Vorstand des Unternehmens auf den neuesten Stand bringen zu lassen und über die Tagesordnung abzustimmen. Manche Investoren steigen auch in eine aktive Rolle und nehmen an der Diskussion teil. So weit alles unverändert – jedoch kommt die Versammlung und ihre Rahmenbedingungen jedes Jahr in leicht veränderter Gestalt daher. Womit ist 2025 zu rechnen?
Eines ist klar: Die Hauptversammlung wird digitaler. Große digitale Fortschritte finden dabei unabhängig von der Formatfrage statt. Ziele sind ein ressourcenschonender Einsatz von Papier und die deutliche Verringerung von Versandkosten. Insbesondere Privataktionäre bemängeln dabei, nicht mehr die komplette Dokumentation einer HV in mundgerechten Happen serviert zu bekommen: Es fehle eine Broschüre, der Geschäftsbericht ohnehin, und ein mehrseitiges Formular ließe sich nicht mehr im frankierten Rückumschlag zurücksenden.
Die HV wird 2025 digitaler …
Dabei wird übersehen, dass mit dem Weglassen dieses vermeintlichen Komforts ein kostbares Gut für den Aktionär erkauft wird: Zeit! Wer sich als Namensaktionär bereits für einen E-Versand angemeldet hat, seine Einladung also per E-Mail erhält, erlebt diesen Zeitvorteil schon durch den Entfall aller postlogistischen Wegstrecken. Wer noch postalisch angeschrieben wird, kann die Rückwege maximal verkürzen. Das Einladungsschreiben enthält neben den Veranstaltungsdetails individuelle Zugangsdaten zu einem Investorportal. Dort kann sich der Namensaktionär anmelden oder seine Weisungen hinterlegen.
Möglich ist der Versand der Einladungen direkt nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger. Ein Abwarten des Versands wegen möglicher Erweiterungen der Tagesordnung ist nicht erforderlich – dies lässt sich im Portal einrichten. Der Aktionär kann seine Eintrittskarte direkt herunterladen (wieder ein Postweg weniger) und sicher sein, dass seine Willenserklärung rechtzeitig vor der Versammlung ankommt und verarbeitet wird. Als Nebeneffekt wird Geld gespart – die nächste Portoerhöhung ist gerade angekündigt worden – und Ressourcen geschont.
Auch wenn diese Prozesse vor allem für die Namensaktie gelten, haben auch Emittenten und Aktionäre von Inhaberaktien etwas davon. Hier umfasst der Bankenprozess die Information über die Versammlung, und einen – meist nicht elektronischen – Rückweg, wenn eine Eintrittskarte bestellt oder Weisungen erteilt werden wollen. Die übersandte Eintrittskarte kann aber ein Digital-first-Beleg sein, der kurze Wege ohne Postversand und Verzug ermöglicht.
Nachhaltig und zeitsparend kann im besten Fall bedeuten: Einladung per E-Mail, Bestellung einer Eintrittskarte im Portal, Download der Eintrittskarte auf ein Mobiltelefon, Nutzung des E-Tickets zur Akkreditierung, ferner zur Abstimmung in der Versammlung oder Weisungserteilung bei vorzeitigem Verlassen. Im Ergebnis wird damit nicht ein Blatt Papier benutzt.
… automatisierter …
Intermediäre werden 2025 (endlich) in der Lage sein, die mit der Aktionärsrechterichtlinie II (SRD II) eingeführten Kommunikationswege zu nutzen. Somit werden erstmals „echte“ Anmeldungen nach § 67c AktG möglich. Das bedeutet: vollautomatisch vom Intermediär ohne Umwege in das Anmeldeverzeichnis des Emittenten gesendet, inkl. Bestätigung der Anmeldestelle. Dafür müssen künftig SWIFT-Adressen in den Teilnahmebedingungen aufgenommen werden können. Der von den Zentralverwahrern und Intermediären entwickelte ISO-Standard 20022 setzt dabei voraus, dass Intermediär und Anmeldestelle einander „kennen“. Dies erfolgt durch einen initialen Check dieser Übermittlungsfunktion, den sogenannten Handshake. Ist dieser erfolgt, steht dem Austausch nichts mehr im Wege. Nachdem der Standard eine direkte Rückmeldung der Anmeldung einerseits sowie die Bestätigung nach der HV andererseits erfordert, dürfte die Abwicklung einer HV durch eine externe Anmeldestelle deutlich aufwändiger sein. Banken ziehen sich aus diesem Service daher zurück.
… zielgerichteter …
Digitale Workflows dürften auch im Bereich des Fragen-und-Antworten-Managements in der kommenden Saison weiter zum Einsatz kommen, nachdem sich das Gros der Versammlungen 2024 mit durchschnittlich 50 Fragen und mehr konfrontiert sah. Dabei haben sich einige Redner aus dem Bereich der Privatanleger mit umfangreichen und teilweise merkwürdigen Fragen einen Namen gemacht.
Zu überlegen wäre, Fragen mit tagesordnungsfremden Inhalten künftig nicht mehr oder deutlich restriktiver zu beantworten. Die Meinung, hier mehr Mut aufzuwenden und „Nein, das beantworten wir nicht“ zu sagen, findet sich gleichermaßen bei Rechtsberatern wie auch Vertretern von Aktionärsschutzvereinigungen.
… straffer …
Zusätzlich zu einer schnelleren Fragenbeantwortung könnten „alte Zöpfe“ aus dem Leitfaden gestrichen werden, so z.B. Wiederholungen bei der Erläuterung des Abstimmungsverfahrens und den Abstimmmöglichkeiten zu jedem einzelnen Tagesordnungspunkt sowie der Verlesung des ausführlichen Aufsichtsratsberichts oder der Langfassung der Ergebnisbekanntgaben. Ziel sollte bei einer Standardtagesordnung sein, den Leitfaden auf eine Redezeit von 30 Minuten zu minimieren.
Ebenso sollte in der Vorstandspräsentation das Augenmerk auf aktuelle und zukunftsgerichtete Informationen gelegt und der Blick auf das abgelaufene Geschäftsjahr hingegen nur auf das Wichtigste beschränkt werden. Die optimale Länge einer Vorstandsrede liegt dabei bei 30 bis 45 Minuten.
… kommunikativer …
Nicht vermissen – besonders in virtuellen Versammlungen – würde man die Pause! Ist eine Pause erforderlich, sollte dem Betrachter am Bildschirm signalisiert werden, dass nicht technische Ausfälle auf seiner Seite die Ursache hierfür sind. Dies könnte durch bewegte Bilder, einen Countdown oder andere interaktive Elemente realisiert werden. Noch besser ist jedoch die Vermeidung von Pausen. Dies ist gut bei „technischen“ oder „rechtlichen“ Pausen möglich: Onboarding-Pausen sind nicht nötig und Spannungskiller sondergleichen; Zeiträume für die letzte Stimmabgabe können kürzer gesetzt werden; Pausen für Widerspruchserklärungen sind bei guter Formulierung des Leitfadens sogar komplett entbehrlich. Pausen bei der Fragenbeantwortung – manchmal nicht vermeidbar – sollten verhältnismäßig bleiben.
… und umfangreich
Die Themenbereiche, über die berichtet und zu denen gefragt werden wird, werden in der kommenden HV-Saison wieder breit gestreut sein, da bei vielen Emittenten eine Erneuerung des Votums für das Vergütungssystem und der Vergütungsberichte auf der Agenda stehen wird. Die gute Nachricht: Einberufungen ab dem 1. Februar 2025 müssen diese Textmonster nicht mehr enthalten – gemäß dem Bürokratisierungsentlastungsgesetz werden diese auf die Website verlagert, was eine klare Win-win-Situation ist. So werden Einladungen wieder kürzer und weniger überfrachtet. Zu hoffen bleibt, dass mit dem Zeitgewinn für Emittenten und Bundesanzeiger auch die Fehleranfälligkeit abnimmt.
Fazit
Auch wenn die ersten Hauptversammlungen der Saison 2025 im Januar und Februar noch nicht von den Vereinfachungen profitieren können, sollten auch hier schon die ersten Trends und Entwicklungen in Bezug auf Digitalisierung und Straffung spürbar werden. Dass Änderungen im Ablauf auch immer Diskussionen bedeuten, ist selbstverständlich. Aber im Endeffekt werden alle davon profitieren: Emittenten, Dienstleister und nicht zuletzt die Aktionäre.