Mehrheit nicht gesichert

Doch welche Auswirkungen ergeben sich durch den Einsatz eines Ad-hoc-Items, und wie werden sich die Stimmen dazu entwickeln? Die Proxy Advisors und die meisten Investoren werden diesen Punkt in der Regel ablehnen, da sie schlichtweg keine Zustimmung erteilen können zu einem Tagesordnungspunkt, den sie nicht kennen. Dies widerspricht auch einer Kommunikationsstrategie im Vorfeld der Hauptversammlung, in der sich alle Beteiligten mit sachlichen Argumenten austauschen. Daraus bildet sich die Aktionärsmeinung, und diese wird als Weisung in die Hauptversammlung getragen.

Das Gewicht an Gegenstimmen zu möglichen Anträgen, die so im Vorfeld eingesammelt werden, hängt stark von der Aktionärsstruktur der Gesellschaft und der Präsenz auf der Hauptversammlung ab. Es ist in der Regel umso höher, je größer Freefloat und Auslandsbesitz sind, da der Stimmenanteil dieser Investoren üblicherweise nicht persönlich vertreten wird und die Stimmen bereits im Vorfeld der Hauptversammlung abgegeben werden.

Zu den Auswirkungen eines Ad-hoc-Items gehört es allerdings auch, dass möglicherweise berechtigte Änderungsvorschläge der Tagesordnung, wie z.B. eine Anpassung des Dividendenbeschlusses, nur mehr schwer eine Mehrheit erreichen, auch dann, wenn sich Vorstand und Aufsichtsrat dem Antrag des Aktionärs anschließen.

Lösungsansatz

Bei der praktischen Umsetzung sollte eine Formulierung eingesetzt werden, die eine größtmögliche Transparenz und zugleich eine umfassende Weisung für den Stimmrechtsvertreter darstellt, beispielsweise: „Bezüglich aller etwaigen, nicht im Vorfeld der Hauptversammlung zugänglich zu machenden Anträge oder Wahlvorschläge von Aktionären, die im Verlauf der Hauptversammlung gestellt oder abgeändert werden“, JA, NEIN oder Enthaltung. Diese Formulierung empfiehlt sich auch als Wording aus einem Best-Practice-Ansatz heraus. Wichtig ist es, auch bei einem Ad-hoc-Item bei der Auswahlmöglichkeit „JA, NEIN oder Enthaltung“ zu bleiben, da die internationalen Abstimmplattformen mit genau diesen drei Auswahlmöglichkeiten arbeiten. Anders formulierte Abstimmmöglichkeiten mit Interpretationsspielraum („Im Sinne der Verwaltung“ oder „Gegen die Verwaltung“) führen bei der Weitergabe der Weisungen durch die Custody-Banken zu Problemen organisatorischer Art.

Fazit

Vor dem Layout der nächsten Weisungseintrittskarte oder des Anmeldebogens sollte mit Fachleuten Kontakt aufgenommen werden, ob und wie sich ein Ad-hoc-Item realisieren lässt. Denn mit dem Einsatz eines Ad-hoc-Items kann wirkungsvoll verhindert werden, dass eine Minderheit auf der Hauptversammlung Beschlüsse erreicht, die nicht von einer breiten Aktionärsbasis getragen werden, sondern durch die Enthaltung des Stimmrechtsvertreters begünstigt wurden. Dieser zusätzliche Tagesordnungspunkt hilft Aktionären, die dem Emittent wohlgesonnen sind, und unterstützt in kritischen Situationen. In letzter Konsequenz trägt das Ad-hoc-Item auch dazu bei, durch die Verbreiterung der abstimmfähigen Aktionärsbasis den Emittent vor überraschenden Übergriffen zu schützen.

Der Gastautor Johannes Müller ist Assistent der Geschäftsführung und Senior Berater der Link Market Services

Kontakt: johannes.mueller@linkmarketservices.de

Der Artikel erschien zuerst im HV-Magazin Recht 2017.

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