Bildnachweis: FCR-Immobilie in Rastatt ©FCR Immobilien AG.
In den vergangenen Quartalen hatten Aktien aus dem Immobiliensektor keine leichte Zeit. Aber Real Estate ist nicht gleich Real Estate. Auch die Pullacher FCR Immobilien AG muss turnusmäßig refinanzieren: Umtausch- und Zeichnungsfrist für eine neue Anleihe der FCR läuft noch bis Dienstag kommender Woche.
GoingPublic: Herr Raudies, mal zum Einstieg was Unübliches. Welche Frage, die Sie sich gewünscht hätten, haben wir Ihnen in den vergangenen zehn Jahren Kapitalmarktpräsenz noch nicht gestellt?
Das kann ja nur etwas ganz Aktuelles betreffen. Das wäre meiner Meinung nach die Frage, warum Immobilienunternehmen nicht alle in eine Peergroup gehören. Die einen müssen derzeit stark abwerten, andere müssen das gar nicht. Bauträger haben derzeit die allergrößten Probleme. Die FCR ist im Bereich Nahversorgung, Fachmarktzentren und Lebensmitteleinzelhandel tätig – in dem Bereich also, in dem es auch seit 2020 absolut keinerlei Krise gab und gibt. Ich glaube sogar, dass ist der einzige Immobilien-Untersektor, in dem es keinerlei Schaden irgendwo gab.
Warum muss die FCR in diesen Zeiten keine Bestände abwerten? Ganz einfach, wir haben ja auch zuvor nicht offensiv aufgewertet. Unser Portfolio ist nach aktuellen Zahlen gerade mal mit dem 12,7-fachen bewertet.
Mit Indexierung und Nachlauf bei der Inflation dürfte der Faktor sogar weiter sinken, sofern die FCR nicht ihrerseits Bestände aufwertet.
So ist es: Die Inflation und höhere Mieten in unserem Portfolio schlagen sich erst mit, sagen, wir einem Jahr Nachlauf nieder.
Die Werbung suggeriert aber, alle bestellen nur noch Fertigsachen ins Büro oder nach Hause, im Komfort-Modus zum Nachkochen. Ist das wirklich so?
Das Onlinegeschäft mit Lebensmitteln hat seinen fairen Anteil am Gesamtkuchen – aber dieser Anteil beträgt momentan auch nur 4%. Vielleicht werden nicht unser beider, aber künftige Generation noch mehr im Internet bestellen. Dafür arbeiten sie Prognosen zufolge aber weniger, haben also mehr Freizeit und gehen mehr raus und sicherlich auch shoppen. Ich sehe ehrlich gesagt nicht, wie sich dieser Prozentsatz in Deutschland in für uns absehbarer Zeit vervielfachen könnte.
Nun einmal Blick zurück: FCR-Aktionäre votierten mehrheitlich für neue Aktien statt einer Bardividende. Was heißt das und was bedeutet es?
Aus Vorsichtsgründen war in der Tat unser Favorit, das Kapital aus unserem Jahresüberschuss in der Firma zu belassen. Daher haben wir unseren Aktionären die Wahl gelassen, zumal wir noch nie eine Dividende ausgesetzt hatten. Mehr als die Hälfte hat für neue Aktien statt einer Barausschüttung votiert. Das war aus unserer Sicht ein sehr guter Kompromiss. Was mir im nächsten Jahr machen: Wir werden dann wieder im ersten Quartal der Hauptversammlung einen Dividendenvorschlag unterbreiten.
Vor wenigen Tagen kamen die aktuellen Neunmonatszahlen. Vergleicht man sie mit den Halbjahreszahlen, hätten man in der Tat einfach mal 1,5 nehmen können. Oder stach eine Besonderheit hervor?
Für eine grobe Rechnung reicht es, von zwei auf drei Quartale hochzurechnen. Die höheren Finanzierungskosten, die auch wir natürlich zu berücksichtigen haben, schlagen sich erst mit zeitlichem Verzug nieder. Das Topp bei den gestiegenen Zinskosten sehe ich jetzt aber im Einklang mit Expertenmeinungen auch erreicht. Solange wir mehr Geld verdienen als Finanzierungen kosten, kann sich niemand beschweren. Parallel tilgen wir ja auch einiges jedes Jahr.
Der Aktienkurs litt in den vergangenen zwölf Monaten jedoch trotz robuster Geschäftszahlen: minus 38%. Gibt es dafür eine plausible Erklärung?
Das ist genau, was uns zur Eingangsfrage führte: Viele Investoren werfen Immobilienaktien in einen Topf. Die FCR hat sich vor einigen Jahren – also rechtzeitig vor Corona – rein auf die Bestandshaltung fokussiert, weg vom volatilen Projektgeschäft. Das war heute gesehen wohl abgesehen von der Gründung der FCR die sinnvollste Entscheidung, die wir je getroffen haben. Es ist schade, aber einigermaßen erklärbar, wenn unser Aktienkurs auch leidet, obwohl er eigentlich nicht müsste, da sich einige Investoren nicht hinreichend genug mit unseren Details beschäftigt haben.
Die FCR war zunächst Anleihe-notiert, später dann ab November 2018 Aktien-notiert. Waren die vorherigen Jahre mit den Anleiheemissionen eine gute Übung für den kompletten Auftritt am Kapitalmarkt?
Auf jeden Fall. Mit einer Anleihe ist man quasi mit einem Fuß im Kapitalmarkt, in unserem Falle seit 2014 also. Zum kompletten Auftritt gehörte dann naheliegend für unsere Investoren in der AG, dass wir auch die Notierung der Aktien folgen lassen, was dann Ende November 2018 geschah. Das Jubiläum war übrigens gerade vor wenigen Tagen.
Herr Raudies, einmal mehr herzlichen Dank, dass Sie sich Zeit und Muße für dieses Gespräch genommen haben!
Das Interview führte Falko Bozicevic
Autor/Autorin
Falko Bozicevic
Falko Bozicevic ist Mitglied des Redaktionsteams des GoingPublic Magazins sowie verantwortlich für das Portal BondGuide.