Thema der letzten Kolumne vom 13. Februar war die derzeitige Umweltbelastung in China. Kurz nach dem Erscheinen der Kolumne ergab sich im Norden Chinas eine sehr ungünstige Wetterlage, die über zwei Wochen zu verheerenden Belastungswerten für die Bevölkerung führte. Schlagzeilen auf Spiegel Online waren unter anderem „Feinstaubbelastung: Smog in China treibt Nachfrage nach Luftreinigern“, „Smog in Peking: Hoffen auf den großen Sturm“ oder „China erklärt Krieg gegen Verschmutzung“. Unter anderem kündigte Chinas Ministerpräsident Li Keqiang auf dem 12. Nationalen Volkskongress ein entschlossenes Vorgehen gegen die Verschmutzung der Luft und anderer Ressourcen wie dem Wasser an.
Berichten wollen wir in dieser Kolumne aber zu einem anderen Thema, welches wir im Rahmen der Berichterstattung zu dem Volkskongress besonders interessant fanden.
Am 5. März kam in Peking in der Großen Halle des Volkes der 12. Nationale Volkskongress (NVK) zu seiner zweiten Sitzung zusammen. Das chinesische Mammutparlament mit fast 3.000 Mitgliedern, das nur einmal im Jahr für rund zehn Tage tagt, wird oft auch als „Scheinparlament“ bezeichnet, in dem nach choreographierten Reden vorbehaltlos Entscheidungen abgenickt werden, die bereits im Vorfeld von der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) beschlossen worden sind. Doch obwohl der NVK kein Parlament im westlichen Sinne sein mag, sind seine Sitzungen dennoch von großer Bedeutung und die Erwartungen an sie hoch. So kann aus ihnen abgeleitet werden, wie weit die Pläne der KPCh zur Reform der chinesischen Politik und Wirtschaft tatsächlich gehen könnten und wie tatkräftig die chinesische Führung an die Probleme des Landes herangeht.
So stand auch in diesem Jahr Grundlegendes auf der Agende des NVK: Neben dem allgemeinen Wirtschaftswachstum, der zunehmenden Verschuldung der Lokalregierungen und dem Umweltschutz (mit einem Fokus auf die immanente Luftverschmutzung) war bei der diesjährigen Sitzung auch die Reform der chinesischen Staatsunternehmen weit oben auf der Agenda des NVK. Dieses letzte Thema haben wir als Berater für Unternehmenstransaktionen besonders aufmerksam verfolgt.
Den Staatsunternehmen kommt in der chinesischen Wirtschaft immer noch eine sehr große Bedeutung zu. So betrug der Marktwert der chinesischen Staatsunternehmen 2011 insgesamt 44% des chinesischen BIP – deutlich mehr als in anderen OECD-Staaten. Denn trotz des aufstrebenden privaten Sektors, der sich seit der Politik von Reform und Öffnung im Jahr 1978 gebildet hat, darf man nicht vergessen, dass das Kernkonzept in Chinas Wirtschaftsverfassung immer doch die „Sozialistische Marktwirtschaft mit chinesischen Merkmalen“ ist. Daher ist es politisch gewollt, dass es die Staatsunternehmen sind, die von der chinesischen Führung als sensibel betrachtete Branchen wie Energie, Telekommunikation, Ölwirtschaft oder den Bankensektor als Oligopolisten dominieren. Die 150 größten Staatsunternehmen werden dabei direkt von der Zentralregierung in Peking verwaltet. Wenn es um die Vergabe von Krediten oder um staatliche Aufträge geht, werden die chinesischen Staatsunternehmen bevorzugt behandelt.
Daher kann es zu Recht als Meilenstein angesehen werden, dass der chinesische Premierminister Li Keqiang am 5. März in seiner Rede vor dem NVK ankündigte, dass sein Land Maßnahmen für private Investoren ergreifen wolle, um ihnen Investitionen in Staatsunternehmen zu ermöglichen. Dies solle einerseits den Staatsunternehmen helfen, ihr weiteres Wachstum zu finanzieren, andererseits aber auch der Einrichtung effizienterer Strukturen und moderner Corporate Governance in den oftmals von Korruption geplagten Riesenunternehmen dienen.
Autor/Autorin
Die GoingPublic Redaktion informiert über alle Börsengänge, Being Public, Investor Relations, Tax & Legal, Themen und Trends rund um die Hauptversammlung sowie Technologie – Finanzierung – Investment in den Lebenswissenschaften.