Wir hatten die Wahl. Entweder alles bleibt beim Alten, oder es ändert sich künftig nichts. Das Wahlvolk hat sich entschieden: beides, was in diesem Falle wohl soviel heißt wie „weder noch“. Immerhin möge bitte das Gejammer der Nichtwähler verstummen, denn ein paar tausend von ihnen hätten die Entscheidung kippen können. Doch außer dem Kater der Wahlparty fragt man sich, was man sonst noch davon hat. Was kaufen wir denn jetzt an der Börse?
Halbstaatliche und vor allem arbeitnehmerreiche Großkonzerne können eine solide Depotgrundlage bilden, denn der „Kenzler“ wird notfalls seine ruhende Hand, zwischen deren Fingern eine edle Tabakrolle vor sich hinqualmt, schützend über diese halten. Und niemand möge mehr unken, daß nur die Old Economy gerettet würde. Alle Neuer Markt-Vertreter werden gerettet, sofern deren Belegschaft nur groß genug ist.
Put-Optionen auf mittelständische Betriebe bieten derzeit günstige Einstiegsgelegenheiten. Steuerreformbedingt können die Ergebnisse nochmals schlechter werden – was nicht weiter tragisch und eher vorübergehender Natur wäre. Doch schlechtere Ergebnisse bedeuten in Zeiten wie diesen, daß sich das Kredit-Rating verschlechtert und das Fremdkapital entweder sofort zu bedienen ist oder sich so verteuert, daß das Unternehmensergebnis nachhaltig wenig Chancen auf den Turnaround hat.
Aktien von Lebensmittel-Discountern, Marktplätzen für Gebrauchtgüter und Billig-Telefongesellschaften sehen fundamental aussichtsreich aus. Schwierig wird die Beurteilung von Luxusgüter-Herstellern und -Händlern: So ist doch fraglich, ob die noch kaufkräftigen Schichten (neben Beamten und Berufspolitikern auch z.B. Spitzenmanager großer Börsengesellschaften) den Nachfragewegfall abfangen können. Zeitarbeitsfirmen, Umweltaktien und Kernkraftwerksentsorger könnten noch mindestens vier Jahre lang gut laufen.
Am besten wäre es vielleicht, vorläufig dem deutschen Kapitalmarkt fern zu bleiben. Für den Lebensunterhalt kann man ja eine Insolvenzberatungs-Agentur eröffnen.
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Die GoingPublic Kolumne erscheint jeweils montags, mittwochs und freitags in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.