Natürlich ging die ganze Geschichte am Ende gut aus. Auch deshalb, weil der Retter in der Not rechtzeitig auftauchte und den in Bedrängnis Geratenen im entscheidenden Moment zur Seite stand.
Was das mit der Börse zu tun hat? Mancher Anleger fühlt sich dieser Tage genau in dieser Schlucht. Einziger Unterschied: Ob die Sache gut ausgehen wird, ist einstweilen unklar.
Viele Börsenbriefe konnten in den vergangenen Jahren mit drei- oder sogar vierstelligen prozentualen Gewinnen in ihren Musterdepots glänzen. Das verkauft sich gut und lockt außerdem weitere Neukunden an. Von den vordergründigen Zahlen begeistert, laufen Nachahmer aber auch regelmäßig in ein offenes Messer.
Während die Musterdepot-Betreuer nämlich großzügig mit virtuellen Euro um sich schmeißen können, muß der Privataktionär schon reales Geld einsetzen. Das hemmt nicht nur die Entscheidungsfreudigkeit, sondern läßt auch Verluste etwas schwerer wiegen. Läuft es in einem Depot über längere Zeit schlecht, werden neue Depots ins Leben gerufen: Tradingdepot, Zockerdepot, Leserdepot …
Zweifellos, wer in den letzten drei Jahren eine womöglich vierstellige Performance hingelegt hat, der darf sich auch schon mal ein wenig im eigenen Erfolg sonnen. Indes fällt aber auf, daß Großteile dieser „Leistung“ regelmäßig verpuffen, wenn es zu einem – im Durchschnitt einmal jährlichen – herben Rückschlag an den Aktienmärkten kommt. Bislang erholten sich die High Techs immer wieder, um kurze Zeit später in noch höhere Sphären zu fliegen. Das führte sowohl bei den vermeintlichen Gurus wie auch den Privatanlegern allmählich zu der unsäglichen Alles-wird-gut-werden-Einstellung, die den Blick für die Realität schon mal vernebeln kann.
Mittlerweile haben einige High Tech-Werte 50 oder noch mehr Prozent von den Höchstständen eingebüßt, sogar renommierte Titel, nicht nur Trümmerwerte. Wer gerade erst zu Beginn des Jahres aufgesprungen ist, angelockt durch immer höhere Kursziele und neue, bahnbrechende Megatrends (B2B, Biotech, etc.), kann wahrscheinlich schon jetzt über den einen oder anderen Magenkrampf klagen.
„Bei Schwäche zukaufen“ ist ein berühmtes Zitat, vorgebracht immer dann, wenn es mal nicht mehr so läuft. Die Frage ist allerdings, wie viele dieser sogenannten Kauftage in Folge man verkraften kann, bis auch wirklich Alles investiert ist. Und dann was? Soll man über das Limit hinausgehen, weil die „Schwächen“ einfach nicht aufhören wollen? Plötzlich gibt es mehr dieser phantastischen Kauftage als einem lieb sind.
Manchmal kann es auch ein Zeichen von Stärke sein, Anlegern zu einer defensiven Haltung zu raten. Ein intakter Abwärtstrend ist auf Grund der psychologisch unangenehmen Situation nämlich eher schwieriger zu erkennen als ein neuer Bullenmarkt. Der Umstand, daß sich die diversen Musterdepots pro Jahr einmal halbieren, beweist sehr schön, daß die Betreuer beileibe keine seherischen Fähigkeiten anzubieten haben.
Wer gerade irgendwann zwischendurch eingestiegen ist und daher nicht mehr von der Performance früherer Tage profitieren kann, fühlt sich wie in dem besagten Hinterhalt: Im Gegensatz zu den Filmhelden wissen Anleger, die sich einige der einst hochgejubelten „Werte“ wie Amazon, TheGlobe, Xoom u.a. haben aufschwatzen lassen, allerdings nicht, ob sie da jemals mit einem blauen Auge herauskommen können.
Die GoingPublic-Kolumne erscheint börsentäglich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.