Viel Gutes führten die amerikanischen Behörden im Schilde, als sie die unlauteren Praktiken vieler Wall Street-Firmen in Bezug auf Neuemissionen unter die Lupe nahmen und schließlich durch eine Reihe von neuen Regeln in zukunftswürdigere Bahnen lenkten. Daß dabei aber nicht immer nur Gutes herauskommt, zeigt der Fall Bear Stearns – zum wiederholten Male.
Im Mai letzten Jahres machte die Investmentbank Schlagzeilen, als bekannt wurde, daß einer ihrer Research-Analysten frohen Mutes an der Roadshow eines Börsenkandidaten (iPayment) teilgenommen hatte, um potentielle Investoren mit guten Zahlen zu überzeugen. Weil das nach den neuen IPO-Regeln aber verboten ist, mußte der Emissionsprozeß sofort gecancelt werden. Doch Bear Stearns hatte Glück im Unglück. Die Investoren waren trotz allem von der Tech-Emission überzeugt, das IPO wurde zum Erfolg.
Bear Stearns hat aus seinem Fehler sicher gelernt, zum Überspringen des nächsten Fettnäpfchens reichte es allerdings nicht mehr, denn vor einigen Wochen machte die Nachricht über den nächsten Fauxpas die Runde. Ein Mitarbeiter der Investmentbank hatte voller Tatendrang kurz nach Abschluß der Emission von Open Solutions eine eMail mit Gewinnprognosen für die neue Aktie versandt. Nach neuem Recht dürfen emissionsbegleitende Banken so etwas allerdings erst 45 Tage nach Abschluß des Börsengangs tun. Als wäre das noch nicht genug, stellten sich die Gewinnschätzungen darüber hinaus als falsch heraus. Die nicht-autorisierten Zahlen mußten widerrufen werden und Bear Stearns sich verpflichteten, für alle Verluste, die Open Solutions aus dieser Aktion möglicherweise entstehen, zu entschädigen. Passiert ist letztlich natürlich nichts. Zumindest die Aktie selbst zeigte sich vom Gerede kaum beeindruckt, legte einen überaus passablen Start hin und notiert momentan gut 10 % über dem Ausgabepreis.
Für Bear Stearns dürfte die Sache allerdings mehr als peinlich sein, denn den gleichen Fehltritt hatte es wenige Tage zuvor schon bei der Emission von SYNNEX gegeben. Auch hier eine unautorisierte Mail mit Gewinnprognosen, die innerhalb der Sperrfrist an potentielle Investoren verschickt worden war. Immerhin, die Zahlen waren richtig. Auch SYNNEX nahm zumindest hinsichtlich der Kursentwicklung keinen Schaden, die Aktie notiert rund 15 % über dem Ausgabepreis. Man darf also festhalten, daß wie immer alles beim alten geblieben ist und sich Besserungsgelöbnisse allzuoft als Lippenbekenntnisse herausstellen.
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