Es war eine verlockende Idee, die Idee vom Fliegen auf eine andere, längst ausgestorben geglaubte Art. Mit einem Luftschiff. Nach der Hindenburg und dem Trauma der frühen Luftschiffahrt der neue Aufbruch. Aus alten Fehlern gelernt, mit neuester Technik das Unmögliche möglich machen. Ein Gas gefülltes Transportluftschiff, das bis zu 160 Tonnen Last tragen soll. Schnell ein Unternehmen gegründet, Investoren gesucht, und das Projekt konnte starten. Das war vor fast genau zwei Jahren.
Das Unternehmen startete euphorisch, mit dem Willen, Pionierarbeit zu leisten – und dafür noch traumhafte Renditen zu kassieren. Diese Woche aber scheiterten die Gespräche mit Bund und Ländern. Die kurzfristigen Finanzierungsleistungen wurden verweigert, und Cargolifter steht kurz vor der Insolvenz.
Natürlich, im Nachhinein läßt sich leicht belehren. Im Nachhinein hat es jeder gewußt und hätte in solch ein Unternehmen nie investiert. Aber es wurde investiert. Das ist Wagniskapital gewesen, könnte man argumentieren. Und so war es wohl auch. Trotzdem dürfte den meisten Anlegern das immense Risiko dieses Investments (zu) lange nicht bewußt gewesen zu sein.
Nicht nur, daß der Investitionsbedarf bis zur Fertigstellung des ersten 260 Meter langen Transportluftschiffes mit rund 600 Mio. Euro weit über das übliche Maß hinausging. Es zeigte sich auch schnell, daß der Zeitplan für die Investitionen nicht einzuhalten ist. Der Start der Serienproduktion genauso wie das Fertigstellen des ersten Prototypen wurden immer weiter in die Zukunft verlegt und damit natürlich auch das Erreichen der Gewinnschwelle. Das aber bedeutete einen immer höheren Kapitalbedarf. Presseberichten zufolge wurde der Kostenplan auf diese Weise seit dem Börsengang um 210 Mio. Euro überschritten. Die Konsequenz aus dem geplatzten Zeitplan: wachsende Geldsorgen. Um nicht sofort in die Illiquidität zu rutschen, wurden Investitionen eingefroren und Entwicklungsaufträge verschoben – und damit fatalerweise die eigenen Zukunftschancen dramatisch beschnitten. Das ist nicht neu, sondern ein allmählicher Prozeß, den man, und soviel Belehrung muß gestattet sein, schon vor einiger Zeit hätte bemerken können. Bevor der Kurs von seinem Hoch bei 27,50 Euro auf jetzt 1,58 Euro zusammenschmolz.
Die immer neuen Frohbotschaften des Vorstandsvorsitzenden Carl von Gablenz blendeten, keine Frage, waren aber wohl letztlich nicht viel mehr als gut gemachte Durchhalteparolen. Cargolifter würde Aufträge von Nordex erhalten, zur Unterstützung beim Bau von Windkraftanlagen, oder in China dem Transrapid schon beim Bau zu noch mehr Glanz verhelfen. Alles nichts, genauso wie höchstwahrscheinlich die Absichtserklärung mit Boeing und Aviaexport, die letztlich keinerlei Verpflichtung der Vertragspartner beinhalten.
Was Cargolifter bleibt, ist, nach eigenen Angaben, ein weiterer Kapitalbedarf von 420 Mio. Euro bis zum Beginn der Serienproduktion, den externe Berater noch weit höher, auf 580 Mio. Euro, schätzen. Zusätzliches Fremdkapital gibt es nicht mehr, die Banken mauern, eine angebotene Wandelanleihe wurde zum Ladenhüter. Auch der Staat, der als dummer August jetzt noch investieren sollte, scheint sich abzuwenden, und das wohl mit einigem Recht.
Das Schicksal vom/von Cargolifter dürfte besiegelt sein. Was bleibt, ist die Erkenntnis, daß jedes Investment Risiken beinhaltet, und daß es, egal wie spekulativ das Engagement auch sein mag, es letztlich auch die permanente Infragestellung der Anlage ist, die zum Erfolg führt – oder auch nur vor schmerzhaften Verlusten schützt.
Die GoingPublic Kolumne erscheint jeweils montags, mittwochs und freitags in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.