Mit 50 US-Börsengängen im laufenden Jahr, nach 55 zur selben Zeit vor einem Jahr, läuft das Geschäft nicht nur auf Sparflamme, sondern es kommt noch schlimmer. Nicht genug, daß die Banken für ihre im Boom maßlos überbezahlten sogenannten Analysten keine Verwendung mehr haben. Investigative Pressevertreter drängen im Verbund mit Anlegern auch auf eine Aufdeckung der Exzesse der späten 90er Jahre.
Und was da herauskommt, kann wirklich ungemütlich werden. Bernie Ebbers, der vormalige Chef von WorldCom, machte 11 Mio. US-$ bei 21 IPOs, mit deren Aktien man ihn praktisch überschüttete. Er kannte die Spielregeln, und er hat sie zu seinem Vorteil gnadenlos eingesetzt. An einen langfristigen Erfolg der Unternehmen hat er ganz offenbar nie geglaubt. Denn die zugeteilten Papiere stieß er in der Regel gleich nach wenigen Wochen oder Monaten wieder ab. Das Prozedere hatte also nur einen einzigen Sinn: Es war eine damals zeitgemäße und noch dazu legale Form der Bestechung.
Andere WorldCom-Vordere taten es ihm gleich und machten ihrerseits jeweils mehrere Millionen mit dem zügigen Dumping der ihnen zugeteilten Aktien, vor allem bei denjenigen von Qwest. Das Telekommunikationsunternehmen ging am 27. August 1997 an die Börse.
Einer, der die Spielregeln anscheinend nicht beherrschte (so wenig, wie wohl die Mehrheit der Kleinanleger), war WorldComs Scott Sullivan. Und das, obwohl man auch ihn an neun IPOs teilhaben ließ, als Gegenleistung für was auch immer. Doch anstatt Millionen einzufahren wie seine Kollegen, machte er in der Summe einen Verlust – was wirklich schwer gewesen sein muß in der damaligen Börsenphase. Sein Fehler: Er hielt die Aktien teilweise zwei Jahre – und da waren einige Unternehmen wie Rhythms NetConnections schon wieder bankrott. Seine diesbezüglich erfahrenen WorldCom-Kollegen hätten ihn aber auch wirklich einweihen können in das Spiel der Spiele. Ob sie sich für die Zusatz-Bezüge verantworten müssen, ist nämlich keinesfalls sicher.
Dieser Beitrag ist auch im GoingPublic Magazin 09-10/2002 erschienen.
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