EnBW (Energie Baden-Württemberg, von Kritikern etwas kreativ „E-Ba-Wür“g“ abgekürzt) verdient offenbar im Kerngeschäft zu viel Geld, denn wo andere sich seit Jahren auf Kernkompetenzen beschränken, eröffnete der im Mai 2003 scheidende Vorstandschef Gerhard Goll noch ein paar Baustellen, während er andere wie die von Rheinmetall eroberte KIH nolens-volens dazu-„erbte“. Zu den selbstgebauten Baustellen gehört Salamander in Kornwestheim, einst deutsche Vorzeigemarke mit Schuhen für groß und klein. Nun hat Lurchi die Stiefel zur Seite gestellt und ist zu dem geworden, was ein Salamander nun einmal ist: ein wärmeempfindliches Kriechtier.
Während Goll noch Mühe hat, die letzten Streubesitzaktionäre aus dem Haus zu werfen, sucht er für das mühevoll zusammengekaufte 100 %-Paket an Salamander Käufer. Am Stück, so war zu lesen, wollte niemand das Konglomerat haben – zumindest nicht zum geforderten Preis. Nun wird zerfleddert – pardon: in separaten, operativen Einheiten unter Wegfall des Holding-Malus wertschöpfend an geeignete industrielle Partner verkauft.
Die Schuhsparte dürfte mit 18,8 Mio. Euro Verlust aus 411 Mio. Euro Umsatz einer der schwierig verkaufbaren Brocken werden. Zum Portfolio gehört auch der Parkhausbetreiber Apcoa, der ebenfalls erst kürzlich kostspielig per Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag übernommen wurde. Um die Höhe der angemessenen Abfindung und Ausgleichszahlung wurde lange und heftig gerichtlich gestritten. Die Teilhaber beider Firmen werden gespannt sein, welche Preise Goll für Salamander oder dessen Teile erlöst, haben sie doch recht frische Wertgutachten zur Verfügung. Nun können sie kontrollieren, ob es denn wirklich ein fairer Abfindungspreis pro Aktie war, den man ihnen als angemessene Entschädigung für den Verlust ihrer Rechte verkaufen wollte.
Auch bei der Konzernmutter EnBW durften die zahlreichen, aber in der Summe leichtgewichtigen Streubesitzaktionäre bisher immer spüren, daß Sie eher gelitten als willkommen sind. Doch was passiert nun, da die zahlreichen öffentlichen und halböffentlichen Kassen ihre Aktienpäckchen versilbert haben und man gerne am Kapitalmarkt einen größeren Anteil freier Teilhaber einwerben möchte? Ob das Rein-/Raus-Spiel bei Salamander und Apcoa dafür eine gute Werbung ist?
Immerhin dürften die zeitgreifenden Wortbeiträge von Herrn Goll, die dem aufmerksamen Zuhörer viel Sitzfleisch und Energie abverlangen, künftig weniger werden. Dem schamlosen Opportunismus einiger deutscher Vorstände wird sich der Aktienbesitzer nur dadurch entziehen können, daß er ihre Finanzierungsorgien nicht mehr mitträgt und andere Geldanlagen sucht.
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Die GoingPublic Kolumne erscheint jeweils montags, mittwochs und freitags in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.