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In den vergangenen Jahren wurden die Rechte von Inves­toren mehr und mehr eingeschränkt. Zuletzt wurde etwa das Prinzip „One Share – One Vote“ aufgeweicht, das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen (StaRUG) ermöglicht eine entschädigungslose Enteignung der freien Aktionäre. Für die neue Bundesregierung kommt es nun darauf an, gezielt den Kapitalmarkt zu stärken. Von Marc Tüngler

Ein Thema, dem sich die neue Bundes­regierung widmen möchte, ist das aktienrechtliche Beschlussmängelrecht, nachzulesen im Koalitionsvertrag. Verfolgt man die Diskussionen in einschlägigen Kreisen, meint man, die Reform wäre eine ­Panazee, durch die der Börsenstandort Deutschland genesen mag: Haupt­ver­samm­lungen erfolgen nur noch in Präsenz, ­Aktionäre und Verwaltung diskutieren auf nie gekanntem Niveauplateau und alle gordischen Knoten der Börsengänge in den vergangenen 30 Jahren werden zerschnitten.

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Das ist natürlich Unsinn. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Die Anzahl der Anfechtungsklagen ist massiv gesunken, die klassischen Berufskläger haben sich zurückgezogen und die aktienrecht­lichen Reformen der vergangenen 20 Jahre, die darauf abzielten, einen Missbrauch des Anfechtungsrechts zu unterbinden, zeig(t)en Wirkung.

Dennoch soll alles (noch) besser werden, wenn nun, wie dies in verschiedenen Vorschlägen stets wiederholt wird, auf der Rechtsfolgenseite Flexibilität einkehrt. Was dabei ausgeblendet wird, ist die Rechtssicherheit, die alle Beteiligten heute aufgrund der langjährigen und dezidierten Rechtsprechung genießen. Diesen nicht zu unterschätzenden Wert sollte man nicht ohne Not aufgeben.

Die Bundesregierung sollte ihren Fokus lieber in eine andere Richtung lenken. ­Unsere Rentenkasse ist seit Langem leer. Schon heute werden rund 120 Mrd. EUR an Steuergeld aufgewendet, damit überhaupt die Ansprüche der aktuellen Rentner ­bedient werden können. Bedenkt man zudem, dass die geburtenstarken Jahrgänge jetzt in Rente gehen und diesen deutlich weniger Beitragszahler gegenüberstehen, kann einem angst und bange werden.

Es wurde bereits viel über die Einführung ­einer Aktienrente in Deutschland diskutiert, die jedoch von SPD und GRÜNEN abgewürgt wurde; auch das steuerbegünstigte Altersvorsorgedepot wurde nicht umgesetzt. Gut ist, dass die Politik erkannt hat, dass die Bürger animiert werden müssen, ein weiteres Standbein und damit eine individuelle Vorsorge aufzubauen. Das Thema gehört ganz oben auf die Agenda der neuen Regierung.

Vor der Wahl hat Friedrich Merz eine kapitalgedeckte Altersvorsorge propagiert. ­Seine Idee, allen Kindern zwischen sechs und 18 Jahren pro Monat 10 EUR zur ­Verfügung zu stellen, um diese über den Kapitalmarkt für die Altersvorsorge anzulegen, ist interessant. Das allein wird aber nicht genügen. Nur wenn wir deutliche Veränderungen vornehmen, wird es möglich sein, die sich stetig vergrößernde Versorgungslücke zu schließen.

Fazit

Richtige Ansätze zur Stärkung des Kapitalmarkts sind das Altersvorsorgedepot sowie eine Aktienrente nach schwedischem Vorbild und deutlich erhöhte Freibeträge, die auch vorgetragen werden können. Nicht zuletzt ist ein nachhaltiges Investment-Education-Programm nötig, damit die Bürger verstehen, dass es beim Anlegen nicht um kurzfristiges Zocken oder Optimieren des Konsumpotenzials geht. Die Rente muss von einem reinen Umlageverfahren in eine stärker kapitalgedeckte Lösung überführt werden. Die beiden Systeme beißen sich nicht, sondern können sich ergänzen.

Autor/Autorin

Marc Tüngler

Hauptgeschäftsführer,
DSW – Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.V.