Das GoingPublic Magazin sprach mit Dr. Andreas Piepenbrink über die neuerliche, aktualisierte Bestandsaufnahme im Bereich Batteriespeicher, Willen, Wollen und Können in der E-Mobilität sowie lachende Second & Third Mover – sofern zumindest diese auch wollten.

GoingPublic: Herr Dr. Piepenbrink, vor genau einem Jahr hatten wir uns ja schon über E-Mobilität und genereller über Batteriespeicherlösungen unterhalten. Was hat sich in den vergangenen zwölf Monaten Wesentliches getan in puncto Technik und Branche?
Dr. Andreas Piepenbrink, E3/DC
Dr. Andreas Piepenbrink, E3/DC

Piepenbrink: Laut Bundesnetzagentur lag Deutschland bei Heimspeichersystemen zuletzt bei 35.000 Einheiten – Speicheranteil mindestens 65% aller KleinPVAnlagen. Im Jahr 2018 waren die ersten vier Monate sogar leicht rückläufig, da die Handwerker überlastet sind. Insofern sehen wir hier gerade eine Abflachung des exponenziellen Wachstums zu einem gesättigten, linearen Wachstumstrend. Weltweit sind es ca. 67.000 Einheiten. Wir reden hier wirklich von Tausend, nicht von Millionen.

Ist das gut oder schlecht?

Zum einen ist diese Wachstumsabflachung eine physikalische Gesetzmäßigkeit. Der Markt geht in ein lineares, mühsames Wachstum über, das zweifellos durch Elektroautos und Wärmepumpen – neue Vorschriften ab 2020 – den Markt bis 2025 zu verdoppeln in der Lage sein dürfte. Das ist per se keine so schlechte Perspektive. Der stationäre Preisbereich unterliegt der Verknappung und der guten Konjunktur, bei Heimspeichermodulen für Hersteller im Systempreis sind es aktuell 250 EUR/kWh. Es wird aber zukünftig deutlich schwieriger, Zellen einzukaufen: Durch die sinkenden Batteriepreise muss erheblich mehr im System selbst verdient werden, nicht bei den reinen Komponenten.

Und wer verdient Geld beim Heimspeichern?

Das ist das Problem. In Europa wohl kaum jemand, da der Markt extrem fragmentiert ist, allerdings sind Kaufkraft und Kompetenz ja gegeben. Wenn überhaupt, dann nur im System mit Mehrwerten. In USA und Australien verkaufen große Batteriehersteller über den Handelsweg lediglich Standard.

Wer oder was treibt denn das Wachstum bei Speicherlösungen?

Sicherlich die Automobilindustrie. Und an zweiter Stelle Wärmepumpen. Die Energiedichte ist bereits extrem hoch, und davon profitieren alle anderen Branchen gleichermaßen. Wenn man es in Prozenten ausdrückt, werden zukünftig 80% der weltweiten Kapazitäten bei Speicherlösungen für Elektromobilität aller Art aufgebracht. Der Rest sind Consumer-Anwendungen und stationäre Speicher.

Also volle Fahrt voraus, angetrieben im wahrsten Sinne von VW, Daimler & Co.?

Nein, leider ganz und gar nicht. Natürlich herrscht allerorten Besitzstandswahrung, wo immer alte Industrien betroffen sind. Das bedeutet aber nicht, dass sich
E-Lösungen nicht doch in allen Lebensbereichen durchsetzen – aber eben mühsam, überall, wo alte Zöpfe abgeschnitten werden müssten. Das Thema E-Mobilität läuft allenfalls auf Halbgas.

Sie hatten gleich mehrere kritische Punkte angesprochen. Was ist denn der Flaschenhals bei der „E-Elektrifizierung“ der Wirtschaft?

Jedenfalls nicht Rohstoffe wie Kobalt und Lithium, das ist totaler Quatsch. Alle zukünftigen Batteriefabriken haben das Rohstoffproblem meines Erachtens gelöst. Das Problem ist sehr trivial: Es gibt keine Lade-Infrastruktur. Nicht in Deutschland, und andernorts auch nur leidlich. Was Sie in den Medien hören, sind Einzelprojekte, wer mal gerade irgendwo eine Ladesäule gebaut hat. Nur Tesla hat hier etwas auf die Beine gestellt – aber Teslas bleiben aufgrund ihres Preises eher ein Anfangshype. Und der andere Punkt: Es gibt ja auch heute noch keine konkurrenzfähigen, vernünftigen, erschwinglichen Elektro-Autos. Das muss man leider ganz klar sagen. Es gibt in Deutschland weder die
E-Tankstellen noch den großen Hingucker bei Elektrofahrzeugen. Die Konsequenz ist weiter die bekannte Abwartehaltung: Man möchte, aber auch nicht so ganz richtig.

Wer müsste sich denn rühren?

Alle. Aber dieser Teufelskreis ist schwer zu brechen. Ohne vernünftige Modelle keine Nachfrage. Ohne Nachfrage keine Infrastruktur. Ohne Infrastruktur keine Notwendigkeit, passable Modelle überhaupt zu entwickeln. Die deutsche Politik ist hier auch nicht wirklich antreibend. Das ist in China ganz anders. Und Tesla macht sein eigenes Ding.