GoingPublic: Sie fordern mehr Anreize von der Politik. Welche Weichen müssen noch gestellt werden?
Bialojan: Das wirkliche Problem ist die fehlende Kohärenz. Es gibt viele sehr gute Programme und viele Gelder in Verwaltung des BMBF[2]. Es gibt Gründungsinitiativen, Forschungsförderungsprogramme, Clusterförderung. Der Etat für Forschungsprojekte unter dem Dach der Hightech-Strategie ist für 2014 mit rund 2,1 Milliarden Euro veranschlagt und damit rund 80 Prozent mehr gegenüber 2005. Doch das Problem rührt daher, dass wir die kommerzielle Verwertbarkeit nicht in gleicher Weise fördern – mit anderen Maßnahmen, wie z.B. steuerlichen Anreizen oder anderen Inzentivierungen. Man muss eine Innovation durchgehend bis zum Markt betrachten, sonst sind die Förderungen, die wir in die Forschung stecken volkswirtschaftlich unsinnig. Genau das passiert aber leider immer noch an vielen Stellen.

 

GoingPublic: Ist die fehlende Kohärenz der Grund für so viele kleine Biotechs, die in ihrer Wachstumsphase alleingelassen werden?
Bialojan: Ja, es gibt wenige Wachstumsinzentivierungen. Wenn ich z.B. mit einer Plattform mangels Finanzierung im Servicebereich bleibe, haben wir aufs Ganze gesehen eher eine Branche die im dauerhaften Überlebensmodus steht und nicht eine, die einer konsequenten Wachstumsstrategie folgt. Wenn man mehr Unternehmen durch wirtschaftliche Inzentivierung  mehr Wachstum ermöglichen könnte, würde unsere Biotechlandschaft schon bald anders aussehen.

 

GoingPublic: Was sind die Voraussetzungen für erfolgreiches Wirtschaften in Zeiten schwieriger Finanzierung und Kapitalmarktdesinteresse?
Bialojan: Auf Grund des gegenwärtig nicht  funktionierenden Kapitalmarkts brauchen wir umso mehr klassisches Entrepreneurship. Richtige Unternehmer, die in der Lage sind, eine Idee – egal ob Plattform, Service oder Produkt – in ein Asset umzusetzen und am Markt zu platzieren. Investiert wird in der Zukunft, wenn das Asset am Markt erfolgreich ist. Hier benötigt man in der Tat auch Finanzierungen – aber basierend auf solideren Modellen.

 

GoingPublic: Am Anfang an den Exit denken. Denken Sie wir haben den Neuen Markt zu früh geopfert?
Bialojan: Der hat ja eigentlich nie so richtig funktioniert, was die nachhaltige Kapitalbeschaffung anbelangt. Hinsichtlich der Exits muss man in der Tat die Finanzierungssituation im Ganzen betrachten: Das Venture Capital Modell kann nur dann laufen, wenn es auch lukrative Exits für die Investoren gibt und diese können nicht nur aus Tradesales bestehen. Solange der Kapitalmarkt insgesamt für Biotech keinen Appetit verspürt, wird es auch den VC-Markt mit den notwendigen IPO-Exits nicht geben. Der VC-Markt tut sich dann auch schwer in der Geldeinwerbung. Man muss deshalb früher und viel differenzierter überlegen, welches Business Modell sich für welches Finanzierungsmodell eignet und dann auch später für einen Börsengang.

 

GoingPublic: Herr Dr. Bialojan, ich danke Ihnen für dieses Gespräch. Das Interview führte Dr. Holger Bengs.


[1] Anm. d. Red.: Die Jahre von der Entwicklung bis zur Umsetzung in die Praxis, bzw. zur Zulassung, in denen noch kein Geld erwirtschaftet wird.

[2] BMBF: Bundesministerium für Bildung und Forschung

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