J.P. Morgan hat die breitere Healthcare-Industrie kürzlich wieder auf Übergewichten heraufgestuft. Hängt man wirklich an den Lippen von z.B. J.P. Morgan, um Anlageentscheidungen treffen zu können?
Wir als Spezialisten sicherlich nicht. Allerdings hat eine positive Einschätzung von in diesem Falle J.P. Morgan durchaus einiges Gewicht – sie steigert das Interesse der Generalisten unter den Fondsmanagern, die dann gleich eine ganze Branche zukaufen oder übergewichten. Das wirkt dann unter Umständen kurssteigernd. Umgekehrt fließt aus Large Caps in absolutem Maß am meisten Kapital ab, wie wir es im ersten Quartal deutlich sahen. Steigen Biotech-Large-Caps wieder, z.B aufgrund guter Quartalszahlen oder Studienergebnissen, wäre das wegen der Zugkraft ein gutes Signal für die gesamte Branche.

Mit BB Biotech spreche ich gefühlt seit Start am unseligen Neuen Markt 1997 jedes Jahr. Was hat sich innerhalb der Industrie seit unserem letzten Gespräch vor zwölf Monaten getan – hat sich die Biotech-Welt irgendwie verändert?
Zum einen ist es die Risikoperzeption im ersten Halbjahr, zum anderen die Medikamentenbepreisung. Das sind die beiden beherrschenden Themen momentan.

Sie meinen dabei stets den US-Markt, oder?
Größtenteils ja. Die Unterschiede zu Europa liegen auf der Hand: Der US-Markt ist reif, groß und homogen, während wir es in Europa mit vielen unterschiedlichen Ländern hinsichtlich Zulassungen und Besonderheiten zu tun haben. Die weltweiten Umsätze der Pharma- und Biotechfirmen sind u.a. deshalb in den USA besonders hoch.

Überspitzt formuliert: Sind Amerikaner besonders krank?
Nicht unbedingt, allerdings sind sie gewillt, für Innovationen zu bezahlen, bzw. mehr zu bezahlen. Es ist in der amerikanischen Kultur verankert, Innovationen zu honorieren – damit einher geht ein höheres Risikobewusstsein, wie wir es auch am Aktienmarkt sehen. Wer Innovationen liefert, der soll belohnt werden – so die US-Mentalität.

Welche Debatte gibt es aktuell in den USA im Hinblick auf Medikamente?
Ein paar wenige Hersteller aus dem Speciality-Pharma-Bereich haben willkürlich Preise erhöht, ohne dabei in Forschung und Entwicklung zu investieren oder einen Mehrwert zu liefern. Das kommt in der Gesellschaft selbstverständlich wenig gut an und hat für Furore gesorgt, denn die Gesundheitskosten über MediCare und MedicAid werden in den USA immerhin zu einem beachtlichen Teil auch staatlich getragen.