Stellt der Quartalsbericht den Inbegriff der Transparenz oder ein teures Luxusprojekt dar? Nachdem die Kapitalgeber diese Diskussion vor zehn Jahren für sich entschieden, schwelte der Unmut bei kleinen Emittenten weiter. Mit einer neuen Richtlinie nahm die EU nun deren Argumente auf – ein Stimmungsbild.

Die Tendenz der am 22. Oktober 2013 verabschiedeten Richtlinie 2013/50/EU ist klar: Der Quartalsbericht wie auch der Zwischenbericht sollen generell abgeschafft werden. Einzige Einschränkung: Die Börsen können von in bestimmten Segmenten notierten Emittenten weiterhin die regelmäßige Bereitstellung zusätzlicher Finanzinformationen verlangen. Unternehmen, die nicht in diesen Segmenten gelistet sind, sollen durch eine Verlängerung der Veröffentlichungsfrist von Halbjahresberichten stärker ins Blickfeld der Öffentlichkeit rücken, indem sie ihre Zahlen später als die anderen Emittenten publizieren.

Bis November 2015 haben die Mitgliedsstaaten Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. In Deutschland betrifft dies neben § 87 BörseG vor allem § 37 v bis x WpHG. Das Bundesfinanzministerium prüft derzeit einen Umsetzungsbedarf für das deutsche Recht. Die Deutsche Börse wird sich erst nach Vorlage eventueller Gesetzesänderungen dazu äußern, ob und in welchem Umfang sie Anpassungen in ihren Regularien vornehmen wird.

Erheblicher Aufwand für Emittenten

Kay Bommer
Kay Bommer

Mit diesem Vorstoß belebt die EU eine Diskussion wieder, die eigentlich abgeschlossen schien. Dabei ist für viele Emittenten die quartalsweise Veröffentlichung von Finanzdaten selbstverständlich. „Aber es macht einen gewaltigen Unterschied, ob dies als Teil der Kür guter Investor-Relations-Arbeit oder als Erfüllung gesetzlicher Vorschriften verstanden wird“, gibt Kay Bommer, Geschäftsführer des DIRK – Deutschen Investor Relations Verbands zu bedenken.

Frank Schwarz, Inhaber von Schwarz Financial Communication,

betreut als IR-Berater seit 15 Jahren ein breites Spektrum von Kunden aus unterschiedlichen Börsensegmenten. Er kann den Unmut vieler Finanzdirektoren verstehen: „Der Aufwand für die

Quartalsberichterstattung ist in den vergangenen Jahren tendenziell größer geworden. Das lässt sich gut am gestiegenen
Umfang der Berichte ablesen, die bei manchen Emittenten mittlerweile das Maß früherer Jahresberichte erreichen.“

Komplexität als IPO-Hemmungsfaktor

Frank Schwarz
Frank Schwarz

Nicht nur das Ausmaß, sondern auch die Informationstiefe macht vielen Börsenaspiranten zu schaffen. „Berichtspflichten, die nur von Stäben von Juristen durchschaut und korrekt angewendet werden können, sind ein klarer Hinderungsgrund, an den Kapitalmarkt zu gehen“, schätzt Bommer die Lage ein. „Die Erstellung von Quartalszahlen bringt die Kapazitäten kleinerer Unternehmen an ihre Grenzen. Es verwundert nicht, wenn auch aus diesem Grund potenzielle Börsengänge unterbleiben oder sich Emittenten für ein Delisting entscheiden.“

Zwei weitere Nachteile hat die quartalsweise Veröffentlichung von Finanzzahlen: Zum einen liefert sie Wettbewerbern, Kunden und Zulieferern ein gehöriges Maß an Datenmaterial. Zum anderen – und darauf bezieht sich die EU-Richtlinie ausdrücklich – setzen die bestehenden Verpflichtungen Anreize für eine zu kurzfristige Ausrichtung des Geschäftsmodells.

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