Der Gesetzgeber hat nun, unter Ausschöpfung des Zeitrahmens für die nationale Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie, den ersten Entwurf des Umsetzungsgesetzes veröffentlicht. Das ARUG II stellt, zusammen mit den ebenfalls kürzlich vorgelegten Neuerungen zum ­Deutschen Corporate Governance Kodex (siehe Seiten 30-31, Anm. d. Red.), ein größeres Änderungsprogramm dar, welches zwar 2019 verabschiedet sein, aber zum Schutz der ­Emittenten mit Übergangsfristen erst ab 2020 zum Tragen kommen wird.

Veranlasst man den HV-Versand aus einem Aktienregister, wird es erneut einfacher und es ergeben sich folgende Vorteile:

  • ein Registerführer statt vieler Vertragspartner und
  • ein festgelegter Preis für die Dienstleistung der Registerführung gegenüber der bisher für Kreditinstitute geltenden Kostenverordnung (deren Sätze – auch und gerade für den elektronischen Versand – definitiv nicht mehr zeitgemäß sind).

Da man die Kostenaspekte für diese Leistungen ohnehin anfassen wird, wäre zu überlegen, ob man nicht auch einen ­kritischen Blick auf die quasi monopolartig erhobenen Clearstream-Gebühren und ­deren Angemessenheit wirft, die für ­Bewegungen im Aktienregister aufgerufen werden.

§ 118 AktG-E verlangt eine Bestätigung über den Eingang der Stimmabgabe für ­Aktionäre, die ihre Stimmrechte elektronisch ausüben. Für Gesellschaften, die mit einem Investorenportal arbeiten, wird dies ein Leichtes: Die Intermediäre müssen über die Online-Angebote für ihre Depotkundschaft entsprechende Funktionen einbauen. § 129 Abs. 5 AktG-E gibt dem ­Aktionär künftig das Recht, binnen vier ­Wochen vom Emittenten eine „unverzüg­liche“ Bestätigung über die Ausübung seines Stimmrechts zu verlangen, aus der auch das Ob und Wie der Stimmzählung hervorgehen muss. Das ist für Aktionäre, die selbst an der HV teilgenommen haben, noch relativ einfach, wird aber komplizierter, wenn der Aktionär Dritte mit der ­Stimmrechtsausübung beauftragt hat. Der Emittent hat nicht immer Einblick in ­Sammelanmeldungen von Banken oder Schutzvereinigungen, hat aber die Informationspflicht. Erfüllt werden kann diese in vielen Fällen aber nur durch die Inter­mediäre in der Informationskette.

Im § 125 AktG-E wird die Verpflichtung aufgehoben, diejenigen Kreditinstitute mit Unterlagen zu versorgen, die im Vorjahr Stimmen vertreten, sich im aktuellen Jahr aber noch nicht gemeldet haben. Dieser etwas lästige Abgleich mit den Vorjahresunter­lagen wird ersetzt durch die Verpflichtung, die Unterlagen „den Intermediären“ ­zuzuleiten – also allen. Da diese Aussage auch zu unscharf ist, dürfte mit dem Wunsch nach einer Präzisierung gerechnet werden.

Fazit

Die europäische Herkunft der Aktionärsrechterichtlinie hinterlässt also ihre ­Spuren im deutschen Aktienrecht, das ­traditionell eher auf die international weniger bedeutende Inhaberaktie ausgerichtet war. So wirkt das ARUG II in Teilen auch wie ein Gesetz zur Abschaffung der Inhaber­aktie. Die Unterschiede zur Namensaktie werden auf jeden Fall deutlich geringer. Mit den vorgesehenen Auskunftsmöglich­keiten der Emittenten ist die Inhaberaktie jedenfalls ihren Status als anonymes Wertpapier im Prinzip los. Wenn sich der ­Gesetzesbegründung wörtlich entnehmen lässt, dass die Frage der Aufgabe der Inhaberaktie nicht in diesem Gesetzgebungsverfahren entschieden werden könne, ist der Hinweis auf eine mittelfristige Ablösung der in Deutschland so gewohnten Gattung naheliegend.

Die Umsetzung der Pflichtenerweiterungen für die Intermediäre, z.B. auch, gesamt­europäisch zu informieren, ist technisch noch unklar – insbesondere für Rückläufe. Auf jeden Fall stehen ein höherer Technikeinsatz und ein höheres Maß an Automa­tisierung auf der To-do-Liste der Inter­mediäre, die bisher eher Aspekte der ­Kosteneinsparung vor die Ausweitung der Aktionärsrechteausübung stellten. Der ­Auftrag des Gesetzgebers ist es aber, ­Hürden für die Ausübung von Aktionärsrechten aktiv zu senken.

Verbände, Interessengruppen und andere Marktteilnehmer sind nun aufgerufen, ­Stellungnahmen zum Gesetz abzugeben, und werden dies eifrig tun, um die Inten­tionen des Gesetzgebers rund zu gestalten. Der Zeitrahmen ist gesteckt, hier wird sich folglich in den nächsten Wochen einiges bewegen. Die vorgegebene Richtung ­dürften die Beteiligten aber großenteils ­befürworten.


Zur Person

 

 

Ingo Wolfarth
Key Account Manager und Senior Consultant,
Computershare Deutschland

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