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„Geld schießt keine Tore“ zählt zu den geflügelten Kickweisheiten hierzulande. Lars Hülsmann, CEO der One Touch Football AG (OTF), stellt das nicht infrage – „aber wenn man damit die richtigen Dinge tut, erhöht man die Erfolgswahrscheinlichkeit“. Bedeutet: Die Wahrheit liegt weiterhin auf dem Platz, allerdings als Wahrheit, die in gewissem Sinne auf dem Bankkonto vorbestimmt wird.

OTF will zu einem europäischen Multi-Club-Sport-Investor wachsen. Ziel ist es, fünf bis sieben Beteiligungen an aufstrebenden Clubs einzugehen. Als Zielmärkte sind Ligen im deutschsprachigen Raum, in Benelux sowie in den nordischen Ländern definiert. Beteiligungen erfolgen in der Regel über Kapitalerhöhungen der jeweiligen Kapital- / Betriebsgesellschaften der Vereine. Je nach Regularien sind Minder- oder auch Mehrheitsbeteiligungen denkbar, auf alle Fälle sollen nicht mehr als 25 Mio. EUR pro Target allokiert werden. Mit dieser Summe wird deutlich, dass nur in kleineren Ligen erstklassige Vereine adressiert werden, während in Deutschland die zweite oder dritte Liga im Fokus steht.

Die Vision von OTF: Europäischer Multi-Club-Sport-Investor

Lars Hülsmann, CEO der One Touch Football AG (OTF)Copyright: One Touch Football AG.
Lars Hülsmann, CEO der One Touch Football AG (OTF)Copyright: One Touch Football AG.

Um tatsächlich finanzielle Beinfreiheit und damit Gestaltungsmöglichkeiten zu schaffen, achtet OTF darauf, dass Mittel primär nicht zur Ablösung von Verbindlichkeiten oder Auszahlung bisheriger Investoren verwendet werden. „One Touch Football unterstützt als europäischer Investor seine Partnerclubs dabei, ihre eigene Erfolgsstory zu schreiben. Wir sind davon überzeugt, dass jeder Club einzigartig ist: Die Grundlage erfolgreicher Investitionen und Veränderungen bilden die Identität sowie die gelebten Werte und Traditionen des Clubs“ lautet das Mission Statement. Werte und Traditionen – das beinhaltet die Einbindung der Fanszene in die Überlegungen, denn gegen deren Widerstand ist es schwer, Erfolg zu haben.

Werte und Traditionen im Investitionsansatz

Fußball als Investment ist keine neue Idee, und die Anfänge in UK waren holprig: „Beautiful game, ugly investment“, fasste es einst ein Händler an der Londoner Börse zusammen. Das lag auch daran, dass lange Zeit eine Karriere als Kopfballungeheuer oder Dribbelkünstler als Qualifikation für einen Managementjob akzeptiert wurde, was häufig genug zu emotionalen und damit überwiegend unprofessionellen Entscheidungen geführt hatte. Mittlerweile ist die Szene qualitativ aufgewertet, sowohl auf Vereins- als auch auf Investorenseite. OTF sieht sich nach eigener Einschätzung im Wettbewerb mit etwa 70 Investoren, zumeist aus den USA, die ebenfalls den Multi-Owner-Ansatz verfolgen. In der jüngeren Vergangenheit ist eine Reihe von Erfolgen nach Übernahmen zu vermelden: St. Gilloise (Belgien), FC Toulouse und der FC Brentford sind von unterschiedlichen Investoren nach vorne gebracht worden (siehe Tabelle).

Erfolgreiche Investitionen in Fußballclubs. Copyright: One Touch Football AG.
Erfolgreiche Investitionen in Fußballclubs. Copyright: One Touch Football AG.

Fußball als Investment: Entwicklung und Wettbewerb

„Klassische Finanzinvestoren sind vor allem in der aktiven Fanszene schwer vermittelbar“ – insbesondere bei intransparenter Kapitalherkunft setzt Hülsmann auf den OTF-Ansatz. Mäzene schaffen Abhängigkeiten und verfügen oft über wenig Fachkompetenz. Generell würden Investoren häufig nicht über ausreichend Know-how und Netzwerke im Fachgebiet Fußball verfügen. OTF will also mit fachlicher und regionaler Expertise punkten. Mit Marco Bode ist ein Ex-Nationalspieler Investor und Aufsichtsrat (siehe Interview), Katja Kraus war langjährig Vorstandsmitglied beim Hamburger SV, hinzu kommt ein Netzwerk szenebekannter Größen aus allen relevanten Managementbereichen (Scouting, Kaderplanung, Hospitality, Merchandising, Vermarktungsrechte etc.) sowie in den Zielmärkten, etwa Rune Bratseth in Norwegen.

Die OTF-Strategie: Fachliche und regionale Expertise

Mittel sinnvoll verwenden und Misserfolge – Motto Sekt oder Schalke – möglichst vermeiden lautet der Ansatz: „Wir sehen bereits durch das strukturierte Auswahlverfahren und die Due Diligence der Clubs einen ganz erheblichen Beitrag zur Risikominimierung“, verspricht Hülsmann seriösen Umgang mit den Investorengeldern. Es gebe zudem nicht nur eine einzige Maßnahme, sondern ein ganzes Bündel, das die kooperative Zusammenarbeit auf Augenhöhe zwischen OTF und einem Club ausmacht. „Neben der Tatsache, dass wir in Gremien wie Aufsichtsräten entsprechend vertreten sind, verhandeln wir mit einem Club im Vorfeld immer einen sogenannten Kooperationsvertrag.“

Risikominimierung und Kooperationsverträge als Schlüsselprinzipien

Diese Roadmap legt in allen sportlichen wie auch wirtschaftlichen Feldern Ziele fest und formuliert konkrete Maßnahmen, Verantwortlichkeiten und Budgets. „Somit vermeiden wir von Anfang an Missverständnisse in Bezug auf die gemeinsamen Ziele sowie die Mittelverwendung. Wenn Geld für einen neuen Trainingsplatz benötigt und dies vorab vereinbart wird, fließt das Geld nicht in einen neuen Stürmer“, verdeutlicht Hülsmann. Als Wertehebel sieht OTF Wertsteigerungen durch sportlichen Aufstieg/Teilnahme an internationalen Wettbewerben, Optimierung der Vermarktung (B2B und B2C) und kommerziellen Aktivitäten, Stärkung der vorhandenen Clubidentität zum Aufbau einer verwertbaren Marke, digitale Modelle wie E-Sports/Token sowie die Unterstützung und Entwicklung der jeweiligen Frauenfußballsparten.

Übersicht über den europäischen Fußballmarkt im 10-Jahrestrend. Copyright: One Touch Football AG.
Übersicht über den europäischen Fußballmarkt im 10-Jahrestrend. Copyright: One Touch Football AG.

Die Roadmap: Klare Ziele, Verantwortlichkeiten und Budgets

Bei Sportbusiness liegt stets der Vergleich mit den Major Leagues in den USA in der Luft. Kann das OTF-Geschäftsmodell langfristig ohne Draft System, Salary Cap und Franchiselizenzierung (ggf. ohne Abstieg) funktionieren? „Ja, ganz ausdrücklich auch ohne diese Maßnahmen, die wir zwar grundsätzlich begrüßen würden, aber ebenso wenig beeinflussen können wie z.B. das (Nicht-)Fortbestehen einer 50+1-Regel. Änderungen würden uns voraussichtlich nutzen und unseren Case weiter boosten, wir spekulieren darauf aber nicht“, sagt Hülsmann.

Fazit

OTF strebt zum jeweiligen Exit ein Investment Return Multiple von im Schnitt 2,5 an. Insgesamt sollen bis zu 100 Mio. EUR durch mehrere Kapitalerhöhungen investiert werden. Mit dem Fokus auf unterklassige Clubs und/oder kleinere Ligen entzieht sich OTF der Konkurrenz der großen US-Player und Magnaten/Oligarchen. Gleichzeitig verfügen kleinere Clubs tendenziell über eine Fanbasis ohne mächtigen Ultraflügel, die mit intelligenter Kommunikation besser eingebunden werden kann. Entscheidend wird sein, wie die ersten zwei, drei Engagements verlaufen – wenn OTF tatsächlich Investoren gewinnt. Mit zwei Vereinen seien die Verhandlungen so weit fortgeschritten, dass man sofort mit der Due Diligence starten könne, heißt es von OTF.

„Wir sind sicher, Clubs helfen zu können“

Interview mit Marco Bode, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender, One Touch Football AG  

Going Public: Wie blicken Sie als ehemaliger Nationalspieler auf einen Verein, auf ein Spiel, auf einen Kader, wo liegt der Unterschied gegenüber einem Juristen oder einem Investmentbanker?

Bode: Meine Karriere als Spieler liegt schon mehr als 20 Jahre zurück. Ich denke, wichtiger für One Touch Football ist meine Erfahrung als Aufsichtsrat bei Werder Bremen. Außerdem habe ich mich auch danach immer intensiv mit dem Business, mit der Branche und deren Veränderungen befasst.

Marco Bode, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender, One Touch Football. Copyright: One Touch Football AG.
Marco Bode, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender, One Touch Football. Copyright: One Touch Football AG.

Sie bringen aber sicherlich auch ganz spezifisches Fußballwissen ein?

Ja, natürlich bringe ich das in unser Team ein. Das ist weniger Stallgeruch, sondern natürlich hilft es auch hier und da, dass ich sicherlich im Fußball bekannt bin und dass mich Menschen noch als ehemaligen Spieler kennen. Das gibt auch Glaubwürdigkeit, aber wichtiger aus meiner Sicht ist meine Erfahrung als Aufsichtsrat. Man muss einfach sehen, dass in Deutschland, aber auch in Europa, eine Entwicklung erfolgt ist, die Fußball professioneller gemacht hat. Die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen Clubs sind immer größer geworden – das lässt sich nicht damit vergleichen, wie es zu meiner Zeit als Spieler war. Diese Entwicklung ist natürlich etwas, was dem Sport nicht ausschließlich guttut.

Mit Ihrem Ansatz tragen Sie aber auch zur weiteren Professionalisierung und Kommerzialisierung bei?

Es bringt ja nichts, diese Entwicklung zu leugnen, sondern jeder Club muss natürlich auch ein Stück weit eine Strategie entwickeln, damit umzugehen. Unser Ansatz, das Eigenkapital von Clubs zu stärken, insbesondere von kleineren und mittleren oder auch Erstliga-Clubs aus kleineren Ligen, zielt natürlich auf deren weitere Professionalisierung ab. Wir sind uns sicher, diesen Clubs in einer bestimmten Phase ihrer Entwicklung zu helfen, erfolgreicher zu werden. Dazu braucht es, um auf Ihre vorherige Frage zurückzukommen, definitiv fußballerische Kompetenz und auch sportlich strategische Kompetenz. Wir wollen ja einen sehr partnerschaftlichen Umgang mit den Clubs pflegen und eine gemeinsame Strategie entwickeln, um die stärksten Potenziale des Clubs für eine Weiterentwicklung in allen Bereichen zu heben. Deswegen versuchen wir im Grunde ja als Team von One Touch Football auch die Kompetenzen, die in einem Fußballclub notwendig sind, in unserem Team zu spiegeln. Wie auf dem Platz kommt es auch im Management auf das Team an!

Ein Thema, das bei Fußball und Investitionen verlässlich auftaucht, sind die Fans. Welche Strategie verfolgen Sie in diesem Bereich?

Ich glaube, das entscheidende Wort ist hier Transparenz. Wir wollen transparent und glaubwürdig und mit und nicht gegen die Fans investieren. Natürlich sind wir nicht naiv: Wir werden nicht jeden einzelnen Fan aus der aktiven Fanszene von unserem Modell überzeugen können. Dann gibt es sicherlich auch zu Recht Fragen und Befürchtungen und Ängste. Aber wir trauen uns zu, auch gegenüber Fans und anderen Stakeholdern des Clubs unseren Ansatz vertreten zu können und dann gemeinsam mit dem Management des Clubs auch darzulegen.

Gehört zur Transparenz dann auch dazu, sich klar zu bekennen, dass Sie Investor sind und nicht Mäzen?

Wir wollen überzeugen, dass unser Angebot ein sinnvoller Weg sein kann. Ich bin überzeugt, dass wir auch in dieser Frage ehrlich und transparent sein müssen und dem Club auch von Anfang an sagen, dass wir einen Partner auf Zeit sein wollen, dass wir auch wieder gehen werden. Und ja, es ist klar: Wir haben das Interesse, den Wert des Clubs zu steigern und auch unsere Anteile dann mit Gewinn wieder zu veräußern – denn wir sind ein professioneller Investor, wir tragen gegenüber dem Verein, aber auch gegenüber unseren eigenen Investoren eine Verantwortung.

Herr Bode, vielen Dank für die Einblicke.

Das Interview führte Stefan Preuß.

Autor/Autorin

Stefan Preuss

Stefan Preuß ist Mitglied der GoingPublic Redaktion.