Bildnachweis: ©Sundry Photography – stock.adobe.com, EY.

Der weltweite IPO-Markt hat sich auch im zweiten Quartal in hervorragender Verfassung präsentiert. Das ergibt das aktuelle IPO-Barometer von EY. Insgesamt haben zwischen April und Juni weltweit 589 Unternehmen den Sprung aufs Parkett gewagt – dreimal so viele wie im Vorjahreszeitraum. Das Emissionsvolumen kletterte um 152% auf 106 Mrd. USD.

Das stärkste Wachstum wurde in Europa registriert: Im Vergleich zum Vorjahresquartal hat sich die Zahl der Börsengänge von 27 auf 142 mehr als verfünffacht, das Emissionsvolumen stieg von 6,4 auf 21,1 Mrd. USD, ein Plus 228%.

Die meisten Börsengänge wurden erneut in China, einschließlich Hongkong, registriert: Dort wagten im zweiten Quartal 161 Unternehmen den Schritt an die Börse, das waren 81% mehr als im Vorjahr. Das Emissionsvolumen stieg um 66% auf 30,9 Mrd. USD.

Auch in den USA entwickelte sich das IPO-Geschehen dynamisch: Sowohl die Zahl der IPOs als auch das Emissionsvolumen haben sich mehr als verdoppelt: von 41 auf 114 IPOs bzw. von 15,2 auf 37,1 Mrd. USD

„Die hohen Bewertungsniveaus und eine geringere Volatilität sorgen derzeit für ein positives Investorensentiment und einen regelrechten Ansturm aufs Parkett“, sagt Dr. Martin Steinbach, Partner und Leiter des Bereichs IPO and Listing Services bei EY. „Im ersten Halbjahr verzeichneten wir in Deutschland das höchste Emissionsvolumen seit 20 Jahren – und weitere Börsenkandidaten sind in der Pipeline.

Lesen Sie hier unsere IPO News.

Vieles spricht laut dem Experten dafür, dass 2021 ein sehr erfolgreiches IPO-Jahr wird. „Das liegt auch daran, dass derzeit im Markt das Risiko geopolitischer Schocks als gering eingeschätzt wird. Zudem ist nach wie vor ungeheuer viel Liquidität im Markt, die in einem Niedrigzinsumfeld nach attraktiver Anlage sucht.“

Im ersten Halbjahr zogen vor allem Tech-Unternehmen das Interesse der Investoren auf sich: Gut jeder vierte Börsengang weltweit und sogar 39% des gesamten Emissionsvolumens entfielen auf Technologieunternehmen. „Der Digitalisierungstrend, der durch die Pandemie nochmal enorm verstärkt wurde, rückt digitale Geschäftsmodelle in den Mittelpunkt des Investoreninteresses“, erklärt Steinbach.

Starkes erstes Halbjahr am Primärmarkt Deutschland

Mit 16 Börsengängen und 3 SPAC-Emissionen ergibt sich in Deutschland für das erste Halbjahr eine sehr positive Bilanz. Die IPOs von Vantage Towers, AUTO1, SUSE, ABOUT YOU, SYNLAB, Cherry, Friedrich Vorwerk, BIKE24, hGears, KATEK, APONTIS PHARMA, Linus Digital Finance und International School Augsburg verzeichneten insgesamt ein Emissionsvolumen von über 8,2 Mrd. EUR. Drei deutsche Unternehmen zog es zudem an ausländische Börsen: Mit einem Emissionsvolumen von insgesamt 1,3 Mrd. USD entschieden sich Atotech, ATAI Life Sciences und MYTHERESA für einen Börsengang in den USA.

Die größte Transaktion in Deutschland war der Börsengang des Funkmastenbetreibers Vantage Towers, der im März 2,2 Mrd. EUR erlöste, gefolgt vom Online-Gebrauchtwagenhändler AUTO1, der bei seiner Erstnotiz im Februar 1,8 Mrd. EUR erzielte. Die drittgrößte Transaktion war der Börsengang des Softwareanbieters SUSE mit einem Volumen von knapp 1,1 Mrd. EUR.

Zudem kamen drei SPAC-Emissionen in den deutschen Markt: 468 SPAC I SE, Lakestar SPAC I SE, OboTech Acquisition SE sammelten zusammen 750 Mio. EUR ein.

Dr. Martin Steinbach - Ernst & Young - Head of IPO and Listing Services
Dr. Martin Steinbach

„Der Börsenplatz Deutschland hat im ersten Halbjahr enorm an Visibilität gewonnen, das positive Momentum aus dem ersten Quartal hat sich im zweiten Quartal fortgesetzt“, sagt Steinbach. „Und weitere Börsengänge stehen unmittelbar bevor. Je nach Entwicklung der Konjunktur, der weiteren Corona-Impferfolge und sofern geopolitische Schocks ausbleiben, dürfte das Fenster für neue IPOs nach der Sommerpause wieder aufgehen, so dass insgesamt ein sehr starker IPO-Jahrgang zu erwarten ist. Das Interesse potenzieller Kandidaten ist jedenfalls sehr groß.“

Fast 370 SPAC-Emissionen weltweit im ersten Halbjahr

Nach wie vor erfreuen sich sogenannte SPACs großen Interesses: 305 dieser Mantelgesellschaften wurden im ersten Quartal erstmals gelistet und erzielten ein Emissionsvolumen von 98,6 Mrd. USD. Im zweiten Quartal gab es 63 derartige Transaktionen mit einem Volumen von 13,4 Mrd. USD. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2020 waren 255 Emissionen mit einem Gesamtvolumen von 81,5 Mrd. USD registriert worden.

Von den 368 SPAC-Emissionen im ersten Halbjahr 2021 entfielen 350 auf US-Börsen. „Nach wie vor sind SPACs weitgehend ein US-Phänomen, aber das Interesse ist auch hierzulande sehr groß“, betont Steinbach. An europäischen Börsen waren im Jahr 2020 insgesamt sechs SPAC-Emissionen gezählt worden, im ersten Halbjahr 2021 waren es schon 18 mit einem Emissionsvolumen von insgesamt 5,0 Mrd. USD. Davon fanden drei Transaktionen in Deutschland statt, die insgesamt 937 Mio. USD einbrachten.

Hier finden Sie unsere umfassenden IPO Analysen.

Der SPAC-Boom gerade in den USA werde den Transaktionsmarkt weiter aufmischen, erwartet Steinbach: „Über 420 gelistete Mantelgesellschaften sind nun auf Akquisitionstour auch in Europa. Die SPAC Kassen sind mit über 134 Mrd. USD prall gefüllt, sodass mit mehr indirekten Börsengängen von europäischen Kandidaten über diesen Weg und überwiegend in den USA gerechnet werden kann.“

Größte Börsengänge im ersten Halbjahr

Der größte Börsengang des bisherigen Jahresverlaufs fand in Hongkong statt: Die Kurzvideoplattform Kuaishou Technology erlöste im Februar 6,2 Mrd. USD. An zweiter Stelle rangiert die Erstnotiz des südkoreanischen Onlinehändlers Coupang mit einem Emissionsvolumen von 4,6 Mrd. USD, gefolgt vom Börsengang des polnischen Paketdienstleisters InPost mit 3,9 Mrd. USD und dem IPO der Warenhaus- und Logistik-Sparte von JD.com mit 3,6 Mrd. USD.

Der Vantage Towers-Börsengang belegt im weltweiten Ranking der größten IPOs des Jahres derzeit den achten Rang und ist die zweitgrößte Transaktion in Europa – hinter dem InPost-Börsengang.

Nachdem im ersten Halbjahr 2020 weltweit nur 14 Transaktionen oberhalb der Milliardengrenze gezählt worden waren, gab es in den ersten sechs Monaten dieses Jahre 42 derart große Transaktionen.

Autor/Autorin

GoingPublic Redaktion / iab