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Nicht jedem ist in seinem Leben ein Eigenheim vergönnt, manchen noch nicht einmal eine Mietwohnung zu ­erschwinglichen Preisen – der sogenannte bezahlbare Wohnraum. Am innerdeutschen Notstand wird sich kurzfristig auch nichts ändern ­lassen. Kaum ein Trend ist derzeit so planungssicher prognostizierbar wie der, dass sich mit Immobilieninvestments im wahrsten Sinne des Begriffs Staat machen lässt.

COVID-19 geht in das zweite Jahr. Rückblende: Vor exakt einem Jahr an dieser Stelle sah alles danach aus, als würden wir mit Beginn der Impfsaison 2021 zurück in unser Prä-Corona-Leben entlassen. Doch Pustekuchen: Ein Jahr später ist ein Ende der Fahnenstange an Einschränkungen, Auflagen und Ausnahmetatbeständen nicht einmal ansatzweise zu erkennen. Aus diesem Grunde muss man coronabedingte Trends, die für 2020 temporär erschienen, heute neu bewerten und in Bezug auf Investitionsfragen einzuordnen versuchen. In diesem Schwerpunktthema beschränken wir uns auf diejenigen, die den Real-Estate-Sektor mittel- und unmittelbar betreffen.

Trauer von Dauer?

Fangen wir top-down an sowie deutschlandbezogen, sofern nicht anders erwähnt: Wir erreichen 2022 mit nicht besseren Ausgangsvoraussetzungen als vor einem Jahr – lediglich veränderten. Die Impfunwilligkeit ca. eines Drittels der deutschen Bevölkerung bedingt Einschränkungen und Auflagen für jedermann. Dazu mutiert das Virus, wie zu befürchten bei inzwischen (Stand Dez. 2021) knapp 300 Mio. Übertragungen von Mensch zu Mensch – zzgl. Dunkelziffer. Ohne generelle Impfpflicht ist für 2022 keine Änderung absehbar, auch weltweit nicht. Mit Boostern hält man gerade einmal Augenhöhe mit den ­guten Impffortschritten des ersten Halbjahres 2021 – wenn überhaupt. Zwischenfazit: Trends des ablaufenden Jahres ­verstetigen sich für mindestens 2022.

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Als da wären: Homeoffice (HO) und HO-Regelungen; Videokonferenzen und Events; geschlossener oder eingeschränkter Einzelhandel und Gastronomie; eingeschränkte oder erschwerte Reisetätigkeit; und Inflation. Alle fünf Trends betrafen und betreffen weiterhin die diversen Subsektoren des Immobilienbereichs in unterschiedlichem Maße. Die Inflation dürfte temporär sein, auch wenn sie gerade hoch gehandelt wird. Viele überbewerten häufig jüngste Entwicklungen oder aktuelle News; man spricht hierbei vom Framing Effect. Allerdings ergibt Nullzinsumfeld minus selbst 1% bis 2% Basisinflation/Geldentwertung/Kaufkraftverlust ebenfalls schon einen realen Vermögensverlust. Dies sprach seit Jahren ohnehin für jede Form von ­Direktinvestments in Immobilien und mittelbar für Aktien von Real-Estate-Titeln.

Auf den Subsektor kommt es aktuell an

Eingeschränkte Urlaubs- und Reiseoptionen werden weiterhin alle Arten von Übernachtungsstätten und Gastronomie in ­Mitleidenschaft ziehen. Zahlreiche Einzelhandelsmarken und -ketten leiden mit ­jedem neuen Lockdown und jeder neuen/persistierenden Einschränkung. Die ersten beiden Trends hängen unmittelbar zusammen: In dem Maße, wie sich die Nachfrage nach Büroflächen verringert, erhöht sich im Gegenzug der Bedarf an arbeitsplatz­gerechtem Wohnraum. Wer vermehrt in den heimischen vier Wänden laboriert, möchte das wahrscheinlich nur übergangsweise vom notdürftigen Küchen- oder Esstisch aus bewerkstelligen und stellt sich die Frage nach einem konkreten Arbeitszimmer.

Problem dabei ist, dass bezahlbarer Wohnraum, gerade in unseren Wirtschaftszentren, schon vor Corona heiß ­begehrt und damit knapp und teuer war. Die Pandemie verstärkt und verstetigt diesen Trend wie ein Brandbeschleuniger. Kurz gesagt: Der Bedarf an privaten Quadratmetern wird die nächsten Jahre eher überproportional zunehmen.

Profiteure sollten alle Immobilien­gesellschaften mit Ausrichtung auf Wohnflächen sein. Noch besser, falls diese den Bedarf auch an höherwertigem Wohnraum inkl. Arbeitszimmer zu bedienen vermögen. Wer mehr als bisher gedacht im heimischen Domizil verbringt, wird höchstwahrscheinlich auch leicht angehobene Ansprüche anmelden. Auch Anbieter von Ferienhäusern profitieren, denn ­besagtes Homeoffice definiert nicht, wo man sich außerhalb des Büros aufzuhalten hat: Das kann im Eigenheim, aber auch auf einer der Friesischen Inseln oder gar auf den Kanaren sein. Die Pendelzeiten zum Arbeitsplatz wollen aber gut geplant und gegengerechnet sein.

Arbitragegewinne durch Immobilieninvestments?

Schauen Sie doch einmal, ob der Besitzer Ihres Ferienhauses – sofern es nicht Ihres ist – zu einem Unternehmen gehört und börsennotiert ist. Oder Ihr Vermieter. Die steigenden Mietpreise ließen sich dann kontern mit sogenannten Arbitrage­gewinnen in börsennotierten Unternehmen, die sich auf Wohnraum fokussieren. Ob Aktie oder Anleihe ist Geschmacksfrage. In den dieser Einführung folgenden Interviews stellen wir eine bunte Mischung an Real-Estate-Gesellschaften vor, die entweder nur mit Aktien (z.B. DEFAMA), nur mit Anleihen (GECCI) oder mit beidem an den Kapitalmärkten (z.B. FCR Immobilien) investierbar sind. Der Immobiliensektor ist einer der größten Subsektoren an den Kapitalmärkten – wir können daher nur eine kleine ­Auswahl an Denkanstößen präsentieren.

Nicht zu verachten: Real-Estate-Titel bieten im Gegensatz zum Eigenheim tägliche Liquidität, Rendite und die Möglichkeit zur Diversifizierung/Risikostreuung. Europäische Immobilienaktien brachten über die letzten zehn Jahre 10% pro Jahr. Heuer gehören sie aus den geschilderten Gründen zu den Coronaprofiteuren: 2021 steht ein Plus von über 20% zu Buche. Immobilienaktien in Europa verzeichnen ein Gewinnwachstum im operativen Geschäft von derzeit etwa 10% bis 15%. Immobilienaktien sind europaweit weiterhin relativ attraktiv bewertet: Sie handeln (im Schnitt) mit ­einem Abschlag von knapp 20% auf ihre sogenannten Net Asset Values, d.h. inneren Werte, im Falle einer Zerschlagung. Es ist also 20% günstiger, über den Aktienmarkt indirekt Immobilien oder einen ­Anteil an Immobilien zu kaufen, als direkt in Immobilien zu investieren.

So sollte man ferner Unternehmen meiden, die sich überwiegend oder zu stark in Büroimmobilien und Hotellerie engagieren. Ausnahmen wie die Wiener UBM Development bestätigen die Faustformel. Auch Projektentwickler müssen aktuell von Fall zu Fall betrachtet werden – gerade gab es mit Eyemaxx Real Estate (ebenfalls Österreich, aber hauptsächlich in Deutschland tätig) eine unrühmliche Insolvenz, die ­sowohl Aktionäre als auch Anleihegläubiger hart traf. Eyemaxx hatte vier börsen­notierte Unternehmensanleihen im Volumen von über 100 Mio. EUR ausstehend. Das Geschäftsmodell als Projektentwickler mit maximalem Fremdkapitalhebel funktionierte indes nur außerhalb von Corona in Schönwetterzeiten, wie sie seit der Finanzkrise 2009 und bis Anfang 2020 vorherrschten.

Fazit

Die besagten Trends sprechen glasklar auch künftig für Investments in Immobilien – die Art und Weise ist vielfältig und kann von der Umsetzung des Wunschs nach ­einem höchsteigenen Heim bis zu Aktien, Anleihen oder Fonds/ETFs reichen. ­Letztere sind fungibel, das Eigenheim oder die vermietete Immobilie hingegen nicht. All diese Faktoren können nur indi­viduell abgewogen werden. Die im ­Anschluss ­folgenden Fachbeiträge bzw. ­Interviews sollen nur als Denkanstöße dienen, die wir Ihnen an ­dieser Stelle mit auf den Weg geben.

Autor/Autorin

Falko Bozicevic ist Mitglied des Redaktionsteams des GoingPublic Magazins sowie verantwortlich für das Portal BondGuide (www.bondguide.de)