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Financial Influencer erreichen auf Instagram & Co. Millionen von Followern. Mit ihrem Wirkungsradius beherrschen sie die ­Kommunikation über Aktien und Investments auf Social Media. Aber warum folgen ihnen ihre meist jüngeren Follower? Und welchen Einfluss haben Finfluencer auf ihre Anlageentscheidungen? Ein empirischer Erklärungsversuch.

Financial Influencer (Finfluencer) gelten als die neuen Geldflüsterer am ­Kapitalmarkt. Sie haben sich in den sozialen Medien und speziell auf Instagram etabliert. Die größten Accounts im deutschsprachigen Raum kommen auf über 100.000 Follower. Die Bandbreite reicht dabei von prominenten Unternehmerpersönlichkeiten über Special-Interest-Formate bis hin zu zahlreichen Micro-­Finfluencern. Die starke Nachfrage nach ­ihrem Content ist ein Ergebnis des Jugendbooms an der Börse. In Deutschland stieg die Anzahl der unter 30-jährigen Aktionäre allein im letzten Jahr um 40% (DAI). Fast ­jeder dritte Aktienbesitzer in Deutschland ist unter 40 Jahre alt. Gleichzeitig ist Social Media gerade für die junge Investorengeneration eine zentrale Informationsquelle in Sachen Investments.

Prof. Monika Kovarova-Simecek forscht an der FH St. Pölten u.a. zur digitalen Finanzkommunikation.

Aber welchen Einfluss haben Finflu­encer tatsächlich auf die Investitions­entscheidungen ihrer meist jungen Follower? Bewegen sie sich in einer Financial Bubble auf Social Media, verlassen sie sich gar auf die Meinung einzelner Finfluencer? Diese und andere Fragen standen im Mittelpunkt einer explorativen Studie der Fachhochschule St. Pölten und der Wiener ­Social-Media-Agentur Paradots. Dabei wurden zwischen August und Oktober 2022 insgesamt 247 Follower deutsch­sprachiger Finfluencer auf Instagram im Alter zwischen 18 und 34 Jahren befragt.

Die überwiegend männlichen (87%) und höher gebildeten (34% mit Abitur und 48% mit Hochschulabschluss) Teilnehmenden investierten in mindestens zwei Anlageklassen (92%), davon 93% in Aktien­fonds/ETFs, 91% in Einzelaktien und 71% in Kryptowährungen – und gelten damit als stark investmentaffin. Dabei geht es ­ihnen aber nicht um kurzfristige Renditen, sondern vielmehr um langfristigen Vermögensaufbau (99%), private Altersvorsorge (92%) sowie finanzielle Unabhängigkeit (88%). Viele seriöse Finfluencer haben ­ihren Content genau auf diese Bedürfnisse ausgerichtet.

Gerade für diese Investorengruppe spielt Social Media – konkret Instagram – eine zentrale Rolle: 85% der Teilnehmenden verbringen mindestens eine Stunde täglich auf Instagram, 31% davon sogar mehr als zwei Stunden. Die meisten (85%) folgen gleich mehreren, ein Drittel sogar mehr als zehn Finfluencern.

Warum Finfluencern folgen?

Warum folgen jüngere Generationen ­Finfluencern auf Instagram? Finfluencer sind für die Befragten eine wichtige Informationsquelle über aktuelle Themen und Entwicklungen am Kapitalmarkt (76% ­Zustimmung) und gelten auch als Quelle für neues Wissen über Finanzen und ­Investment (72% Zustimmung). Die Mehrheit der Befragten folgt Finfluencern aber auch deshalb, weil sie ihren Content unterhaltsam findet (66% Zustimmung). Die ­Suche nach konkreten Empfehlungen für neue Aktien und Investments ist dagegen nur selten ein Motiv für das Folgen (19% Zustimmung).

Finanzen und Unterhaltung – geht das zusammen?

Finfluencer sind für die klare Mehrheit der Befragten ein einfacher Weg, Finanz­themen bequem in den eigenen Medienkonsum einzubauen (81% Zustimmung). Zwar sind die Follower nach eigenen Angaben primär an Informationen zu Aktien (84%), Analysen (79%) und allgemeinen ­Finanztipps (77%) interessiert, direkt ­danach folgen aber unterhaltsame Inhalte (69%), persönliche Geschichten der Fin­fluencer (64%) oder auch Memes (55%).

Finfluencer sind bei der jungen Generation offenbar also auch deshalb so beliebt, weil sie vermeintlich trockene Finanz­themen interessant, unterhaltsam und persönlich aufbereiten. Die Akteure bedienen sich erfolgreich jenes Repertoires, das man auch von anderen Influencern kennt – beispielsweise Reels, Selfies, Kurzvideos oder persönliche Storys. Sie werden dadurch „Finanzexperten zum Anfassen“.

Gefangen in der Finfluencer-Bubble?

Etwa die Hälfte der Follower hat schon einmal aufgrund einer Empfehlung durch ­einen Finfluencer ein Investment getätigt (49%). Für die Mehrheit dieser Gruppe war dabei allerdings die sachliche Analyse des Investments besonders entscheidend (93% Relevanz). Rund drei Viertel (74%) geben auch an, dass der Finfluencer sie überzeugt hat. Nach Selbsteinschätzung hatten Finfluencer überwiegend einen leichten (53%) oder einen mittleren Einfluss (43%) auf die Investitionsentscheidung der Befragten.

Die Befürchtung, dass sich junge Investoren auf Social Media nur noch in einer „Finfluencer-Bubble“ bewegen, wird in der Studie indes nicht bestätigt. Neben den Profilen von Finfluencern folgt die Mehrheit der Befragten beispielsweise auch klassischen Finanzmedien auf Instagram. Im Ranking der wichtigsten Informationsquellen belegen außerdem Online-Finanzportale und Online-Geschäftsberichte die ersten beiden Plätze vor Social Media. Hier zeigt sich allerdings klar, dass Onlineformate anderen Formaten vorgezogen werden.

Warnungen vor Finfluencern

Die wachsende Bedeutung von Finfluencern hat in den letzten Jahren aber auch Finanzbehörden alarmiert. Häufig würden Finfluencer intransparent agieren und ­dabei risikoreiche Investments empfehlen. Die Sorge ist nicht unberechtigt, eine einseitige Verteufelung von Finfluencern aber dennoch nicht angebracht. Zahlreiche Finfluencer nutzen Social Media verantwortungsbewusst und transparent und weisen dabei auch konsequent auf mög­liche Risiken hin. Schlechten Rat gab es schon immer, lange vor dem Social-Media-Zeitalter. Insofern bleibt auch mit der steigenden Relevanz von Instagram & Co. gute Finanzbildung der beste Schutz.

Was kann Investor Relations von Finfluencern lernen

Aus Sicht von Investor Relations (IR) ist das große Interesse der jüngeren Generation an Aktien grundsätzlich positiv zu werten. Allerdings müssen sich auch börsennotierte Unternehmen überlegen, wie sie die neuen Investoren erreichen. Was die IR von Finfluencern lernen kann, Content Creation: Wie spannende Themen für Investoren identifiziert, für Social Media inhaltlich aufbereitet und möglichst attraktiv vermittelt, hat Chancen, gelesen und gehört zu werden. Social Media Content muss sozusagen „snackable, personal and engaging“ sein. Denn ob es Unternehmen wollen oder nicht, Finflucer sind in Social Media zu Meinungsführen und wichtigen Multiplikatoren bei Finanzthemen avanciert. Sie sind relevante Intermediäre, die die IR in ihre Kommunikationsstrategie integrieren sollte.

Autor/Autorin

Prof. Monika Kovarova-Simecek, Dr. Eloy Barrantes und Jan Müller

Prof. Monika Kovarova-Simecek ist Professorin und Studiengangsleiterin „Digital Business Communications“ an der Fachhochschule St. Pölten. Sie forscht u.a. zu Themen aus dem Bereich der digitalen Finanzkommunikation. Dr. Eloy Barrantes ist CEO von nexxar und Paradots in Wien. Das über 70-köpfige Agenturteam unterstützt Unternehmen aus ganz Europa bei der Erstellung digitaler Geschäftsberichte sowie in der Finanzkommunikation. Jan Müllner ist Projektmanager bei nexxar und Paradots in Wien. Er berät börsen­notierte Unternehmen bei der Kommunikation von Finanz- und IR-Themen auf Social Media.