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Der Medizintechnikspezialist adressiert mit seinen digitalen Technologien zwei lukrative Marktnischen in der Strahlentherapie und Chirurgie. Von Stefan Riedel
Nach dem erfolgreichen Börsendebüt von Pfisterer im Mai will die am alten Münchener Flughafen Riem ansässige Medizintechnikfirma im besten Szenario eine Marktkapitalisierung von mehr als 2 Mrd. EUR erreichen. Mit dem Emissionserlös will Brainlab das Wachstum vorantreiben und seine Technologien in anderen Krankheitsfeldern wie Orthopädie, Sportmedizin und HNO-Heilkunde etablieren. Die angestrebte Bewertung lässt der Brainlab-Aktie weiter Luft nach oben.
Beim zweiten Mal wird alles besser. Nachdem der erste Börsengang von Brainlab in den Turbulenzen des Börsensommers 2001 abgeblasen wurde, will das Unternehmen aus München jetzt am 3. Juli seine Börsenpremiere feiern. Zwischen dem 24. Juni und voraussichtlich 1. Juli können Anleger die Brainlab-Aktien zeichnen, die in einer Preisspanne von 80,00 bis 100,00 EUR angeboten werden. Mit dieser Preissetzung strebt das Unternehmen eine Marktkapitalisierung zwischen 1,67 und 2,09 Mrd. EUR an. Geht das IPO erfolgreich über die Bühne, handelt es sich um den bis dato größten Börsengang in Deutschland in diesem Jahr.
Das Angebot besteht zum einen aus voraussichtlich zwei Mio. neuen Aktien, die aus einer Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital angeboten werden. Dazu kommen weitere bis zu 3,2 Mio. Sekundäraktien aus dem Bestand von Altaktionären. Dabei handelt es sich um die Münchener VC-Gesellschaft EMH, die SV2019 GmbH als Investmentvehikel des Firmengründers und Mehrheitsaktionärs Stefan Vilsmeier, und die BMB Verwaltungsgesellschaft mbH. Der Streubesitz soll nach dem Börsengang bei voraussichtlich 26,6% liegen. Das ist ein vergleichsweise niedriger Wert. Branchenexperten wie Kai Brüning, Senior Portfolio Manager bei Apo Asset Management, sehen es aber zugleich als positives Signal an den Markt, dass sich ein Private-Equity-Investor als „Clearing Event“ von allen seinen Anteilen trennt.
Nischenplayer für Chirurgen
Das 1989 von Stefan Vilsmeier als Garagenfirma im Münchener Umland gegründete Unternehmen hat heute seinen Hauptsitz im alten Münchner Flughafen Riem. Brainlab entwickelt softwarebasierte Produkte mit dem Fokus auf Tumor-Strahlentherapien und chirurgische Eingriffe im Kopf und an der Wirbelsäule. Brainlab sieht sich damit als Vorreiter zum digitalen OP-Saal, der den Chirurgen die Arbeit in puncto Kosten, Zeit und Effektivität erleichtert. So entwickelte Brainlab frühzeitig den digitalen Zwilling für die Chirurgie und die Strahlentherapie. Die firmeneigene Software bündelt dabei alle Patientendaten zu einem digitalen 3D-Anatomie-Modell, das sich mit Künstlicher Intelligenz stetig optimieren lässt
Zu den neuen technologischen Highlights zählt der Mixed Reality Viewer. Chirurgen können damit in 3D-Perspektive auf einen Tumor blicken und die beste Stelle für den Eingriff identifizieren. „Wir digitalisieren seit 35 Jahren erfolgreich die Chirurgie und haben mit unserem softwarezentrierten Ansatz neue Möglichkeiten in komplexen Feldern wie der Neurochirurgie eröffnet. Unser Ökosystem aus Software, Medizinprodukten und Daten ist tief in klinische Workflows und IT-Infrastrukturen integriert. Damit erreichen wir eine außergewöhnlich hohe Kundenbindung“, erläutert Vilsmeier das Geschäftsmodell.
Vorbehaltlich der finalen Preissetzung soll der Bruttoerlös aus der Kapitalerhöhung zwischen 160 und 200 Mio. EUR liegen. Ursprünglich hatte Brainlab eine höhere Bewertung angestrebt. Die Emissionserlöse will Brainlab dazu verwenden, um die Softwarelösungen in neuen Feldern wie orthopädische Chirurgie und Sportmedizin zu etablieren. Unter den Analysten und Fondsmanagern wird das geplante Pricing der Brainlab-Aktien unterschiedlich eingeschätzt. Für einzelne Branchenexperten sind die Aktien in der angebotenen Preisspanne von 80 bis 100 EUR, jedenfalls alles andere als günstig zu haben“, während andere der Brainlab-Aktie damit noch Lugt nach oben in der Wertentwicklung einräumen.
Aktie zeichnen
Der mit dem IPO angestrebte Börsenwert von in der Spitze mehr als zwei Mrd. EUR entspricht einem Umsatzmultiple von über vier. Im Geschäftsjahr 2023/24 (30. September) erzielte Brainlab 450 Mio. EUR Umsatz und eine operative Marge von 22,4%. Ins laufende Geschäftsjahr 2024/25 ist Brainlab gut gestartet. Der Umsatz kletterte um 14% auf rund 239 Mio. EUR.
Um eine höhere Aktienbewertung zu rechtfertigen, muss Brainlab in den nächsten Quartalen aber nicht nur auf der Umsatzseite wachsen, sondern bei den Margen weiter nach oben in Richtung 25% ziehen und in den nächsten Jahren dann die 30% anpeilen. In diesen Regionen sind auch Wettbewerber unterwegs, die mit ihrer Spezialsoftware die medizinische Diagnostik und Chirurgie adressieren. Interessierten Anlegern rät Going Public, die Aktie zu zeichnen.
Autor/Autorin
Stefan Riedel
Stefan Riedel ist freier Autor bei GoingPublic Media und selbständiger Redakteur mit Schwerpunkt Finanzen und Wirtschaft.