Zobel: Den Trend kann ich nur bestätigen. An unserem jährlich stattfindenden Pitchday können wir jedes Jahr eine Steigerung der Teilnehmerzahl seitens der Investoren verbuchen. 2017 hatten acht Gründerteams die Möglichkeit, ihre Projekte vor 15 Venture-Capital- und Pharmaunternehmen zu ­präsentieren. Neu hinzugekommen waren dieses Jahr unter anderem Boehringer ­Ingelheim, Eli Lilly und Merck. Weitere ausländische Investoren haben schon ihr ­Interesse für nächstes Jahr angemeldet.

Plattform Life Sciences: Wie schätzen Sie die aktuelle Entwicklung in Asien ein? Eine Region, in der vor allem in China viel Geld im Markt ­vorhanden ist? Kann diese Region dem deutschen Standort Konkurrenz machen?
Finanzierung: „Ist Crowdfinancing für die Entwicklung von Pharmaprojekten sinnvoll?“

Birner: Wir haben 2015 einen 50 Mio. USD schweren Fonds aufgelegt, gemeinsam mit dem chinesischen Konzern Lummy Pharma­ceuticals. Die Hauptaufgabe war, chinesisches Geld im Westen zu investieren. Die ­Erfahrungen aus dieser Arbeit sind gemischt. Die Entwicklung in China liegt weit hinter der in Deutschland, bezüglich wissenschaftlicher Expertise, Technologie und vor allem bei den Patenten. Auch das Bewusstsein für Innovationen ist wenig ausgeprägt. Man nimmt lieber alte, bekannte Produkte für wenig Geld, als Kapital in teure Forschung zu investieren. Und trotz der Überalterung der chinesischen Gesellschaft ist die Finanzierung des dortigen Gesundheitssystems nicht geklärt. Priorität genießt die Sicherstellung der medizinischen Grundversorgung der Menschen in China. Folgerichtig ist der chinesische Markt auch sehr generika-lastig.

Trotzdem wird versucht, notwendige Strukturen aufzubauen. Viele CROs lassen sich in China nieder und führen klinische Studien für den dortigen Markt aus. Der politische Wille ist extrem hoch. Die chinesische Zulassungsbehörde ist gewillt, viele Produkte zu günstigen Preisen zuzulassen.

Ein großes Problem sind allerdings die Kapitalkontrollen. Es dauert mitunter Monate, neues Geld aus dem Westen nach China zu bringen.

DomdeyViele Chinesen, die mit Innovationen vertraut sind, sind aus dem Westen wieder nach China zurückgegangen. Trotzdem haben sie es nicht geschafft, den Innovationsgedanken in ihrem Heimatland zu implementieren. Auch das ist ein Grund, warum in China der Markt für Generika vorherrscht. Hier kann man das schnelle Geld verdienen.

Seitens BioM beschäftigen wir uns sehr stark mit dem japanischen Markt. Dort soll die Verschreibungsrate von Generika auf 80% erhöht werden. Was die japanische ­Biotechszene angeht, hängt diese sehr stark an den schon bestehenden Pharmaunternehmen. Sie sind eher Dienstleister und im Gegenzug existieren nur wenige freie und ­innovative Biotechfirmen. Auch einen mit Europa vergleichbaren Venture-Capital-Markt gibt es dort nicht. Innovationen werden an den Hochschulen durchaus vorangetrieben, sie fließen aber in der Regel direkt in die Pharmaindustrie. Da können deutsche Biotechfirmen noch Hilfestellung ­leisten.

SpillnerMan muss die Qualitätsunterschiede beachten. Bestimmte Regionen, wie zum Beispiel Indien, sind in qualitativer Hinsicht häufig noch nicht so weit, um nach interna­tionalen Standards belastbare klinische ­Daten zu liefern. Anders sieht es im Dienstleistungsbereich aus. Hier drängen asiatische Firmen vermehrt auf den europä­ischen und US-Markt.

Beachten sollte man auch die Konkurrenz zwischen den asiatischen Firmen und vor allem die Skepsis der asiatischen Konkurrenten gegenüber chinesischen Firmen. Zudem fährt die chinesische Zulassungs­behörde CFDA zuweilen einen wechselhaften Kurs in ihrer Politik. Gerade bei innovativen Ansätzen ist es oft schwer, im Vorfeld eine eindeutige Aussage von Expertenseite zu bekommen, wie denn z.B. ein CFDA-konformes klinisches Studiendesign nun wirklich auszusehen hat.

Domdey: Interessanterweise gibt es seitens der japanischen Kameraindustrie derzeit ein großes Interesse in Richtung Life Sciences, vor allem im Bereich Diagnostik. Hier spielt auch die zunehmende Digitalisierung eine große Rolle.

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