Die Thematik um die Gewährung von Aktienoptionen steht dieser Tage gleich doppelt im Blickpunkt des Interesses. Zum einen weil der Staatssekretär des Bundeswirtschaftsministeriums, Sigmar Mosdorf, mit einer Reihe von diesbezüglichen Forderungen an die Öffentlichkeit vorgeprescht war und damit Bundeskanzler Gerhard Schröder, der sich bekanntlich gerne als Fürsprecher der Industrie gesehen wissen möchte, das Wasser abgegraben hat. Zum zweiten steht der Aktienoptionsplan von Daimler Chrysler im Rampenlicht, dessen Aktionärsvertreter eine Klage gegen den Konzern angestrengt haben: Viele halten das zugrundeliegende Erfolgsziel bei der Gewährung der Optionen für entschieden zu niedrig.
Um beim Buhlen um internationale Spitzenkräfte nicht gänzlich ins Hintertreffen zu geraten, verfügt schon eine Mehrzahl der Dax-Titel wie auch der Unternehmen des Neuen Marktes – hier sind es sogar 85 % – über entsprechende Optionspläne, die Führungskräften neben ihrem Basisgehalt erfolgsabhängige Einkünfte in Form von Aktienoptionen oder Wandelschuldverschreibungen versprechen. Diese sind an ein vorher definiertes Erfolgsziel geknüpft, in der Regel gilt es, einen Index oder eine Peer-Group zu schlagen. Zwischen dem Gewähren von Optionen und deren Ausüben müssen allerdings zwei Jahre vergehen.
Bei Daimler Chrysler wurde von Aktionärsseite moniert, daß die Ausübungsschwelle von 20 % Kurssteigerung bei weitem zu anspruchslos gehalten wurde und an keinerlei relativem Maßstab gebunden sei. Während der zehnjährigen Laufzeit der Option sei dieses Kursplus wohl ohne Mühe erreichbar. Das 1998 aufgelegte Optionsprogramm des Autokonzerns stammte aber aus besseren Zeiten – bei Kursen knapp unter 100 Euro. Beim derzeitigen Kurs von 56 Euro muß sich der Aktienkurs zunächst mal verdoppeln, damit die Optionen überhaupt einen Wert aufweisen: Erst bei über 106 Euro lohnt sich eine Ausübung.
Mit Problemen genau gegensätzlicher Art hat der deutsche Vorzeigekonzern SAP zu kämpfen. Auch die Walldörfer legten 1998 ein neues Optionsprogramm „Star“ auf. Als der Softwareriese im Sommer 1998 in der Krise steckte und der Aktienkurs am Boden lag, mußte ein neues Optionsprogramm her, um mißgestimmte Führungskräfte bei Laune und im Konzern zu halten. Achtzehn Monate später hatte sich der Aktienkurs beinahe vervierfacht, womit das Star-Programm das Unternehmen nicht weniger als 1,4 Mrd. DM kosten wird.
Diese Art von Sorgen hätten viele deutsche Unternehmen gern. Im Gegensatz zu den meisten anderen Industrienationen, allen voran natürlich den Vereinigten Staaten, schlägt in Deutschland bei Ausübung der Optionen der persönliche Steuersatz zu Buche, was in den meisten Fällen derzeit 51 % sein sollten. In den USA werden dagegen nur 20 % fällig und dies auch erst beim Verkauf der bezogenen Aktien. Verständlich daher, daß viele Spitzenkräfte vor diesem Hintergrund gleich den Weg ins lukrative Ausland antreten beziehungsweise hinsichtlich der steuerlichen Notstandssituation in Deutschland auch nicht sonderlich schwer abzuwerben sind.
Aus gutem Grunde sollten daher die Vorschläge von Mosdorf geprüft werden, der mindestens 40 New-Economy-Vertreter auf seiner Seite hat, die in einem offenen Brief an Kanzler Schröder eine Neuregelung einforderten. Erstens sind die Steuersätze anerkanntermaßen in Deutschland noch zu hoch und zweitens könnten die Optionen fairerweise vorab, also bei Auflegung des Optionsprogrammes, und nicht erst wie derzeit geregelt bei Ausübung der Optionen besteuert werden. Die zu entrichtenden Steuern wären in ersterem Fall im Durchschnitt erheblich geringer. Der Gegenspieler heißt aber Finanzminister Hans Eichel. Und der hatte bislang nur ein Kopfschütteln für diese Art von „lediglich privaten Vorschlägen“ übrig.
Die GoingPublic-Kolumne erscheint börsentäglich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.