Fast beiläufig erwähnte der Hedge-Fonds-Manager, der sich seine Sporen bei UBS und Soros Fund Management verdiente, diese waghalsige Prognose in einem Gespräch über den Euro. Aus gegebenem Anlaß haben wir Andrew, der momentan in Brasilien weilt, gebeten, uns seine Sicht der Dinge noch einmal darzustellen:

„Woher kommt die hohe Volatilität der NASDAQ in den letzten Wochen? Ich möchte zunächst die wichtigsten Stationen der NASDAQ Rallye beschreiben.

Yahoo!, Inc. wurde im November letzten Jahres in den Standard & Poor’s 500 Index aufgenommen – der Elite Index aus dem Hause S&P. Zu dem Zeitpunkt stand der Index bei etwa 2.800 und die Aktie von Yahoo! lag splitbereinigt bei 135 US-$. Indexfonds, die den S&P abbilden, mußten definitionsgemäß diese Aktie kaufen. Fonds, die sich an den S&P anlehnen, wie etwa Vanguard, kauften ebenfalls Yahoo!, da sie nicht Gefahr laufen wollten, schlechter abzuschneiden als die Benchmark. Die Aufnahme in den Index wird stets fünf Tage vorher angekündigt. Letztgenannte Fonds mußten also innerhalb dieser Spanne handeln.

Das Ergebnis? Yahoo! stieg kräftig an. Warum? Viele Leute, die ich treffe, sagen: „Weil es mehr Käufer als Verkäufer gab.“ Das ist natürlich vollkommener Unsinn. Wie war das möglich? Wenn jemand etwas kauft, muß ein anderer es ihm verkaufen. Es ist absolut entscheidend, daß jeder Aktionär diesen Mechanismus richtig versteht. Bei erhöhter Nachfrage treibt der Markt den Preis einer Aktie nach oben. Yahoo!-Aktien kamen so in einen Aufwärtssog, in eine Art Spirale. Volatilität führte zu noch mehr Volatilität. Eine Situation, die nebenbei bemerkt der „Random Walk Hypothese“ widerspricht.

Yahoo! war also „plötzlich“ ein 100 Mrd. US-$ Unternehmen – eines der wertvollsten Amerikas! Gleichzeitig waren vernünftige Bewertungsmethoden wie KGV oder Eigenkapitalrendite aus der Mode, und die relative Bewertung war „en vogue“. Relative Bewertung heißt in diesem Fall: „Wie viele Unternehmen X ist Unternehmen Y wert?“. Die Leute fingen an zu fragen, wie viele Yahoos eine Cisco wert sein soll (die Yahoo!-Bewertung nahm man als „gegeben“). Cisco explodierte daraufhin. Eine Art Virus ergriff die Technologiewerte und katapultierte sie in die Höhe. Schließlich wurde die Gentechnologie wiederentdeckt, und auch diese Aktien gingen durch die Decke.

Der NASDAQ war eine Geldmaschine, und wie bei allen Geldmaschinen galt auch hier: Kaum begannen die Leute das zu ahnen, war das Ding auch schon kaputt. Die erwarteten Gewinne dieser Unternehmen waren mythenhaft. Wenn Microsoft wirklich 600 Mrd. US-$ wert wäre, müßte das Unternehmen in seiner Lebenszeit diese Summe minus Buchwert verdienen. In heutigen Dollars natürlich! Sollte das Unternehmen 100 Jahre bestehen, dann müßte es pro Jahr 6 Mrd. US-$ (diskontiert) verdienen. Der Markt sah, daß dies nicht geschehen würde. Das Justizministerium wirkte dabei natürlich als Katalysator. Doch genug Gerede!

Bären wurden bullisch, und die übrigen Bären hatten bereits die Schnauze voll! Panikverkäufe auf der anderen Seite. Die Spitze war erreicht.

Das Momentum der letzten Tage wird zu noch mehr Momentum führen, denn Volatilität führt zu Volatilität.

Sie sollten sich deshalb weiterhin auf eine scharfe Korrektur der NASDAQ einstellen, die das ganze Jahr andauern wird.

Mein Kursziel: 1.900 Punkte."

Die GoingPublic-Kolumne erscheint börsentäglich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.