Die Prognoseberichte der DAX-Gesellschaften werden transparenter. Einen Blick über den Einjahrestellerrand hinaus wagt allerdings nur eine Minderheit der Gesellschaften. Von Marc Tüngler
Prognoseberichte gehören gerade für Privatanleger nach wie vor zu den beliebtesten Informationsquellen, wenn es darum geht, die zu erwartende Geschäftsentwicklung eines Unternehmens zu bewerten. Daran haben auch ständig online verfügbare Daten, Zahlen und Berichte bisher nichts ändern können. Im Prognosebericht, der ja Teil des Geschäftsberichts ist, formuliert das Management selbst, welche Ziele es für erreichbar hält – und muss sich daran dann auch messen lassen. Umso wichtiger sind natürlich die Transparenz, Verständlichkeit sowie Informationstiefe dieser Berichte – und da gibt es durchaus Positives zu berichten.
Tendenz geht in die richtige Richtung

Die Lufthansa konnte sogar direkt in die Kategorie „Hohe Transparenz“ aufsteigen. Sie ist damit eine von 15 DAX-Gesellschaften in der höchsten Transparenzklasse – im Vorjahr waren das noch 13 Unternehmen. Henkel, Munich Re und SAP schafften ebenfalls den Sprung in die höchste Kategorie, während thyssenkrupp in die „Mittlere Transparenz“ abrutschte und Linde aus der Wertung fiel, da der Konzern keinen Prognosebericht vorgelegt hatte. Die meisten Transparenzanforderungen erfüllte – wie schon im Vorjahr – die Deutsche Telekom.

Nichtfinanzielle Leistungsindikatoren
Die Ergebnisse der diesjährigen Studie zeigen zudem, dass sogenannte nichtfinanzielle Leistungsindikatoren offenbar immer wichtiger werden und entsprechend häufiger in den Prognoseberichten auftauchen. Hier scheint langsam, aber sicher die Erkenntnis zu reifen, dass es auch über die reinen Finanzkennzahlen hinaus Informationen gibt, die zum einen für den Unternehmenswert relevant sind und zum anderen die Unternehmensphilosophie vermitteln können. Die im Vorjahr vor dem Hintergrund des CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes im Rahmen der Studie erstmalig erhobene Anzahl der Prognosen zu nichtfinanziellen Leistungsindikatoren ist in diesem Jahr von 12 auf 14 gestiegen – 10 davon in quantifizierter Form (Vorjahr: 9). Knapp die Hälfte der DAX-Konzerne hält zumindest einzelne nichtfinanzielle Indikatoren also mittlerweile für so relevant, dass sie für diese Prognosen abgibt.

Langfristprognosen bleiben in der Minderheit

Fazit
Die Frage ist also, warum nicht mehr Unternehmen, die über ein stabiles, planbares Geschäftsmodell verfügen, dies für sich nutzen. Die Kapitalmarktteilnehmer würden es mit Sicherheit positiv aufnehmen. Doch offenbar ist die Angst zu groß, im Falle eines Verfehlens vom Markt abgestraft zu werden. Ein Ausweg könnte sein, nicht mit dem Tool „Prognose“ zu arbeiten, sondern von Perspektive oder Aspiration zu sprechen. Am Ende kommt es weniger auf die Zahlen oder auf die konkrete Entwicklung für die nächsten Jahre an. Entscheidend ist vielmehr, dass erläutert wird, warum das Unternehmen sich in die eine oder andere Richtung entwickeln sollte. Natürlich gibt es auch AGs, die sich in so stark verändernden Märkten bewegen, dass eine Vorausschau über die nächsten 12 Monate hinaus nicht wirklich seriös möglich ist. Das ist jedoch ebenfalls eine wichtige Information für die Anleger, die in ihrer Wertigkeit nicht hinter einer längerfristigen Perspektive zurücksteht.
Der Gastbeitrag erschien ursprünglich in der Jahresausgabe Geschäftsberichte & Trends 2019.

