Dr. Cordula Heldt, Leiterin Corporate Governance und Gesellschaftsrecht, und Dr. Claudia Royé, Leiterin Kapitalmarktrecht, DAI Deutsches Aktieninstitut

Wie bereits im letzten Jahr berichtet, befinden sich die „großen“ Kapitalmarktrichtlinien für Emittenten in der Überarbeitung und bringen dabei einiges Neues mit sich. Nun überarbeitet die BaFin zudem den Emittentenleitfaden und konsultiert ihn bis zum 22. Mai. Der Aktionsplan Corporate Governance und Gesellschaftsrecht der EU-Kommission vom Dezember 2012 bringt bereits die ersten Richtlinienvorschläge hervor. Das Jahr 2013 wird von Diskussionen über diese verschiedenen Maßnahmen geprägt sein, die Emittenten wie Investoren und andere Kapitalmarktakteure betreffen.

Revision der Marktmissbrauchsrichtlinie
Die Reform der EU-Marktmissbrauchsrichtlinie hat 2012 noch keinen Abschluss gefunden. Die EU-Kommission hatte am 20.11.2011 den Entwurf einer Marktmissbrauchsverordnung vorgelegt, in die die Regelungen der bisherigen Richtlinie überführt werden sollen, flankiert von einer Richtlinie über strafrechtliche Sanktionen für Insider-Geschäfte und Marktmanipulation. Die neue Marktmissbrauchverordnung sieht eine Maximalharmonisierung, die Ausweitung der Marktmissbrauchsvorschriften u.a. zu Insider- und Marktmanipulationsregeln, zu den Publizitätspflichten zu Ad-hoc-Mitteilungen und den Eigengeschäften von Führungspersonen und den Insiderlisten vor. Diskutiert wird u.a. eine Erweiterung des Insiderinformationsbegriffs, die nur für das Handelsverbot gelten soll, sowie eine Ausweitung des Geltungsbereichs auf bestimmte über den regulierten Markt hinaus sowie OTC-Geschäfte. Zudem soll der Sanktionsrahmen für Rechtsverstöße erheblich verschärft und vereinheitlicht werden. Ergänzt hat die EU-Kommission am 25.7.2012 die Änderungsvorschläge um Bestimmungen mit Regelungen zur Untersagung und Kriminalisierung von Benchmarkmanipulationen, nachdem mutmaßliche LIBOR-Manipulationen bekannt geworden waren. Seit Oktober und Dezember 2012 liegen die Änderungsvorschläge des Europäischen Parlaments und des Rates der EU zu den Kommissionsvorschlägen vor. Geplant ist, das Vorhaben in einer Lesung im Parlament zu verabschieden, was einen Kompromiss zwischen den beteiligten Organen voraussetzt, der bis Mitte 2013 gefunden werden müsste. Nach dem aktuellen Stand soll die Verordnung in weiten Teilen 24 Monate nach ihrem In-Kraft-Treten anwendbar sein. Das Deutsche Aktieninstitut sieht das Revisionsvorhaben teilweise äußerst kritisch und fürchtet Compliance-Probleme in Unternehmen.

Im Zusammenhang mit Fragen des Marktmissbrauchs war auch der deutsche Gesetzgeber tätig. Am 28.2. hat der Bundestag das Hochfrequenzhandelsgesetz verabschiedet. Dieses umfasst  bspw. die Aufsicht über Hochfrequenzhändler sowie Volatilitätsunterbrechungen (circuit breaker) einzurichten. Im Rahmen der Überarbeitung der EU-Finanzmarktrichtlinie MiFID, die in einer Richtlinie (MiFID II) und einer Verordnung (MiFIR) erfolgen soll, sollen ebenfalls Regeln für Hochfrequenzhändler festgelegt werden.

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Revision der Transparenzrichtlinie
Die Verabschiedung der Revision der Transparenzrichtlinie hat sich erheblich verzögert. Grund dafür ist, dass sich die Regelungen zum sogenannten Country-by-Country-Reporting als umstritten herausgestellt haben. Es handelt sich um länderbezogene Offenlegungspflichten für Unternehmen, die nicht unbedingt dem Kernbereich einer kapitalmarktrechtlichen Transparenzrichtlinie zuzuordnen sind. Immer noch sieht der Vorschlag die Abschaffung gesetzlicher Quartalsberichte vor, um die kurzfristige Orientierung von Investoren nicht zu fördern. Der unbemerkte Zugriff auf größere Aktienpakete, das sogenannte „Anschleichen“, soll zudem verhindert werden, indem Barausgleichsderivate meldepflichtig werden. Der Legislativvorschlag hält an der Maximalharmonisierung fest, was zu weniger Transparenz als § 25a WpHG führen könnte. Der Datenstandard XBRL für Finanzberichte, bei dem viele Stakeholder das Verhältnis von Aufwand und Nutzen skeptisch sehen, soll ab 2018 verpflichtend werden. Die Verhandlungen zwischen EU Parlament, Rat und Kommission über das Gesetzesvorhaben dauern noch an. Das Parlament wird voraussichtlich erst im Juli entscheiden.

Überarbeitung der Übernahmerichtlinie
Die EU Kommission hat im Juni 2012 einen Bericht zum Stand der Umsetzung der EU-Übernahmerichtlinie veröffentlicht. Darin bezieht sie sich auf die Ergebnisse einer externen Studie, die zeigt, dass die Anwendung der Übernahmerichtlinie zufriedenstellend ist. Dennoch sieht die EU Kommission Handlungsbedarf. Dazu gehören das Acting in Concert, die nationalen Ausnahmen von den Pflichtangebotsvorschriften, das „Creeping In“ und die Regelungen zum Schutz der Arbeitnehmerrechte. Problematisiert wird auch die unzureichende Umsetzung der Durchgriffsvorschrift. Hier äußert die Kommission allerdings nicht, eine verbindliche Regel vorschlagen zu wollen. Erste Vorschläge zum Acting in Concert liegen nun im Rahmen des Aktionsplans der EU Kommission zu Corporate Governance und Gesellschaftsrecht (s.u.) vor. Sie will hierzu in 2013 eng mit den zuständigen nationalen Behörden und der europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA zusammenarbeiten. Es sollen Leitlinien zur Erhöhung der Rechtssicherheit für die Beziehung zwischen der Zusammenarbeit von Anlegern in Corporate Governance-Fragen und dem Begriff der „gemeinsam handelnde Personen“ entstehen.

Überarbeitung des BaFin-Emittentenleitfadens
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) überarbeitet derzeit den Emittentenleitfaden. Er gibt die Rechtsauslegungs- und Anwendungspraxis der BaFin in Zusammenhang mit bestimmten Regelungen des WpHG wieder. Anlass sind insbesondere Änderungen des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) und der Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverzeichnisverordnung (WpAIV) aufgrund des Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz vom 5.4.2011. Aktualisiert werden sollen demzufolge insbesondere die Kapitel zu Informationen über bedeutende Stimmrechtsanteile und zu Informationen für die Wahrnehmung von Rechten aus Wertpapieren. Die Konsultationsfrist der BaFin läuft bis zum 22.5.2013.