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Eine „echte“ Beteiligung von Mitarbeitern an einem nicht börsennotierten Unternehmen ist derzeit in zweierlei Hinsicht problematisch: Zum einen verursacht eine verbilligte Ausgabe von nicht fungiblen Unternehmensanteilen an Mitarbeiter ein hohes steuerliches Dry-Income-Risiko, das vom Mitarbeiter zu tragen ist. Zum anderen kann die Administration von Mitarbeiteraktien komplex werden, da eine Bündelung der Stimmenrechte bis zum IPO wünschenswert ist. Wachstumsunternehmen mit Börsenplänen meiden daher eine „echte“ Beteiligung ihrer Mitarbeiter und behelfen sich mit der Ausgabe „virtueller“ Instrumente. Mit der geplanten Einführung des Zukunftsfinanzierungsgesetzes (ZuFinG) für KMU im Herbst dieses Jahres könnte zumindest das Dry-Income-Risiko seinen Schrecken verlieren.

Steuerliche Behandlung von Mitarbeiterbeteiligungen

Aktuell führt die verbilligte Ausgabe von „echten“ Anteilen bei Wachstumsunternehmen dazu, dass der gewährte geldwerte Vorteil entweder beim Verlassen des Unternehmens oder spätestens nach zwölf Jahren ab Zeitpunkt der Gewährung mit Lohnsteuer besteuert wird. Diese Steuerbelastung einschließlich Sozialabgaben kann ca. 50% betragen und für den Begünstigten problematisch werden, wenn die Anteile entweder nicht über die Börse oder an jemanden verpflichtend zu Marktwerten verkauft werden können. Die Steuerverbindlichkeit muss dann vom Mitarbeiter aus eigener Tasche bezahlt werden, ohne dass Liquidität zufließt (Dry Income).

Im bisherigen Gesetzesentwurf soll diese Problematik entschärft werden, wonach die Stundungsfrist auf 20 Jahre verlängert wird. Zudem soll auch in Fällen des Ausscheidens von Mitarbeitern die entstehende Schuld erst beim tatsächlich erfolgten Anteilsverkauf gezahlt werden, vorausgesetzt der Arbeitgeber gibt freiwillig eine unwiderrufliche Haftungserklärung gegenüber der Finanzbehörde für seine Lohnsteuer ab. Der Referentenentwurf sieht hierfür die Einführung einer Pauschalbesteuerung zu einem Steuersatz in Höhe von 25% vor. Dies würde eine Mitarbeiterbeteiligung steuerlich sehr attraktiv gestalten, sofern der Arbeitgeber bereit ist, diese Haftungserklärung abzugeben. Unabhängig davon ist geplant, den jährlichen Freibetrag von bislang 1.440 auf 5.000 EUR für Mitarbeiterbeteiligungen zu erhöhen, wenn dieser zusätzlich zum Arbeitslohn gewährt wird.

Die verlängerte Steuerstundung sowie der Pauschalsteuersatz von 25% gelten nur für „echte“ Beteiligungen an Wachstumsunternehmen, die weniger als 100 Mio. EUR Umsatz erzielen, maximal 500 Mitarbeiter beschäftigen und nicht älter als 20 Jahre sind. Die gegenwärtig bei Start-ups oft gewählten Instrumente virtueller Beteiligungen („Stock Appreciation Rights“) sind wegen ihrer Kompensation in bar von dem reduzierten Pauschalsteuersatz ausgeschlossen. Damit kann die Ausgabe von GmbH-Anteilen oder Aktien für Unternehmen interessant werden. In der Praxis wird üblicherweise ein Poolvertrag bis zum geplanten IPO geschlossen, der sicherstellt, dass die Stimmrechtausübung gebündelt und die Übertragungen an Dritte nur mit Zustimmungsvorbehalt erfolgen darf. Ebenso wird das klassische Beteiligungsinstrument Aktienoption mit der Gesetzesreform wieder attraktiver, da bei ihrer Ausübung der verbilligte Bezug von noch nicht fungiblen Aktien eines Wachstumsunternehmens ebenfalls die Dry-Income-Vermeidungsmöglichkeit sowie der verminderte Pauschalsteuersatz anwendbar sind. Die Voraussetzung für den Einsatz von Aktienoptionen ist eine Firmierung als Aktiengesellschaft, die die Ausgabe dieser Instrumente über ein bedingtes Kapital ermöglicht. Zwar sind schuldrechtliche Zusagen der Gesellschaft mit gekoppelter Lieferung „echter“ Anteile auch außerhalb der AG möglich (Restricted Stock Units), jedoch müssen diese Zusagen spätestens mit der notwendigen AG-Umwandlung vor dem IPO in eine mit dem Aktienrecht konforme Struktur übertragen werden. An dieser Stelle sei noch erwähnt, dass der Maximalwert für die Autorisierung eines bedingten Kapitals von aktuell 10% auf 20% des bestehenden Grundkapitals bei der Beschlussfassung erhöht werden soll. Diese Größenordnung ist im internationalen Vergleich seit Längerem üblich und erleichtert ebenfalls Aktienbeteiligung über Optionen.

Aufwertung der ,,kleinen AG“

Die längst fällige steuerliche Besserstellung der Direktbeteiligung von Mitarbeitern ist sehr zu begrüßen und sollte sich in einer zunehmenden Anzahl ihrer Anwendung positiv auswirken. Damit wird auch die Rechtsform der „kleinen AG“ aufgewertet, die es im internationalen Vergleich in Deutschland noch sehr schwer hat. Der geplante Gesetzesentwurf versucht zwar, einige weitere Kritikpunkte an der Rechtsform zu mildern, jedoch sind diese leider nur einen Tropfen auf dem heißen Stein. Eine Abschaffung der 1-EUR-Nominalaktie und der restriktiven 5%-Abschlagsgrenze bei bezugsrechtslosen Barkapitalerhöhungen steht immer noch aus.

Autor/Autorin

Prof. Dr. Wolfgang Blättchen

Prof. Dr. Wolfgang Blättchen ist geschäftsführender Gesellschafter der BLÄTTCHEN FINANCIAL ADVISORY GmbH und seit drei Jahrzehnten als unabhängiger Berater für Kapitalmarktstrategien aktiv. In dieser Zeit konnte er über 100 Pre-IPOs, IPOs und Follow-on-Mandate begleiten. Er ist aktives Mitglied in Aufsichts- und Beiräten sowie Ansprechpartner der Börsen.

Uwe Nespethal

Uwe Nespethal ist ebenfalls geschäftsführender Gesellschafter der BLÄTTCHEN FINANCIAL ADVISORY GmbH und seit über 20 Jahren als unabhängiger Berater in Kapitalmarktstrategien sowie in der Auflegung von kapitalmarktorientierten Incentivierungsprogrammen für Führungskräfte und Mitarbeiter tätig.